21-1797.01

Drohnenflugverbot in Naturschutzgebieten

Antwort

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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31.08.2023
Ö 6.7
Sachverhalt

 

Auskunftsersuchen der BAbg. Garbers, Wegner, Pelch, Froh, Capeletti, Woller

und Fraktion der CDU

 

Ende Mai berichtete die Bergedorfer Zeitung, dass etwa 65 Rehkitze durch Drohnen aufgespürt und somit vor dem sicheren Tod durch die Scheren der Mähmaschinen bewahrt wurden. Die Drohnen sind eine sehr praktische, Zeit- und Personal sparende Hilfe beim Aufsuchen der Rehkitze. bevor die Mähmaschinen in Einsatz kommen. Ohne Drohnen wäre ein wesentlich höherer Personalaufwand nötig, um unmittelbar vor der Mahd die Felder abzulaufen, nach den Rehkitzen zu suchen und sie mit Keschern einzufangen. Nach dem Mähen werden sie wieder zurückgesetzt. Hauptsächlich erfolgt diese Tätigkeit durch freiwillige Helfer. Entsprechende Personalressourcen sind bei den Landwirten nicht vorhanden.

 

Leider untersagen in Hamburg verschiedene Naturschutzgebietsverordnungen den Einsatz von Drohnen in den jeweiligen Naturschutzgebieten. In Hamburg handelt es sich dabei um etwa die Hälfte der bewirtschafteten Areale. Das Verbot soll sich laut Umweltbehörde hauptsächlich „in der Annahme einer Störung sensibler, streng geschützter Tierarten, wie beispielsweise Greifvögel, vor allem zu den Brut- und Aufzuchtzeiten“ begründen, wie im Hamburger Abendblatt vom 18. April 2023 zu lesen war.

 

 

Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) beantwortet das o.g. Auskunftsersuchen wie folgt:

 

1.  r welche Bergedorfer Naturschutzgebiete liegt eine solche Flugverbotsregelung vor?

 

Die Flugverbotsregelung gilt für alle Naturschutzgebiete (NSG). Die Unzulässigkeit ist in der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) des Bundes unter § 21h Abs. 3 Nr. 6 geregelt. Zusätzlich ist das Verbot in der jeweiligen NSG-Verordnung aufgeführt.   

 

 

2.  Warum wurden diese Regelungen im Einzelfall erlassen?

 

Zu den Gründen der Ausgestaltung von § 21h der LuftVO kann die BUKEA keine Auskunft geben. Hier ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Luftfahrtbehörde zuständig. Die Verbote in den NSG-Verordnungen wurden erlassen, um Störungen und Beunruhigungen sensibler, streng geschützter Tierarten wie Wiesenbrüter und Greifvögel zu vermeiden.

3.  Inwieweit liegen der Annahme einer Störung sensibler, streng geschützter Tierarten durch Drohnenflug, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zugrunde?

 

Die Störungsökologie durch Drohnenflüge ist Bestandteil wissenschaftlicher Forschung. Eine Auswahl wissenschaftlicher Arbeiten findet sich beispielsweise im Beschlusspapier 23/01 der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten. Gesichert lässt sich sagen, dass der Grad der Störung variiert und die Stärke der Beeinträchtigung von verschiedenen Faktoren abhängt, z. B. von der Tierart und Art und Weise des Drohnenflugs. Hierbei spielen die Flughöhe und die Erfahrung des Piloten / der Pilotin eine wichtige Rolle.

 

4.  Gibt es eine Legal-Definition, welche streng geschützten Tierarten als besonders sensibel einzuordnen sind? Wenn ja, welche?

 

Eine Legal-Definition gibt es hierfür nicht. Der Grad der Sensibilität variiert nach Tierart und Art und Weise der Störung. Einige Arten wie Kiebitze und Greifvögel scheinen jedoch störungsempfindlicher zu sein. In Hamburg gab es bereits eine Brutaufgabe des streng geschützten Seeadlers nach einem Drohnenflug in Horstnähe.

 

5.  Ist in den benannten Gebieten nachgewiesen, dass dort sensible, streng geschützte Tierarten angesiedelt sind, die explizit durch Drohnenflug gestört sein könnten? Wenn ja, wo und welche?

 

Ja, in den Bergedorfer NSG gibt es sowohl Greifvögel als auch Wiesenbrüter wie z. B. Kiebitze. Zudem ist es jederzeit möglich, dass sich weitere Vögel ansiedeln. Das Brutgeschehen ändert sich jährlich, beispielsweise bei den Wiesenbrütern. Die Naturschutzbehörde kann auf eine vorhabensbezogene, flächenspezifische Anfrage hin die voraussichtliche Störwirkung anhand der Datenlage zu Brutvögeln einschätzen.

 

6.  re es möglich, die fraglichen Regelungen zeitlich begrenzt, z. B. für die erste Mahd Mitte/Ende Mai, wenn die Kitze noch sehr klein sind und nicht flüchten können, aufzuheben? Wenn nein, warum nicht?

 

Nein, eine Aufhebung der Regelung ist nicht möglich. Aber nach § 21h Abs. 3 Nr. 6 LuftVO ist der Flug mit unbemannten Fluggeräten möglich, wenn die dort genannten vier Kriterien (d. h. Flug findet nicht zu Zwecken des Sports/der Freizeitgestaltung statt; die Flughöhe beträgt über 100 Meter; die Fernpilotin bzw. der Fernpilot kennt und berücksichtigt den Schutzzweck; der Überflug des Schutzgebietes ist für den Zweck unumgänglich) erfüllt sind oder die zuständige Naturschutzbehörde dem Vorhaben ausdrücklich zugestimmt hat. In der Regel trifft Ersteres hier nicht zu, da für den vorliegenden Zweck ein Betrieb der Drohne in einer Höhe von weniger als 100 Metern erforderlich ist. Allerdings ist gemäß der NSG-Verordnungen für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein Drohnenbetrieb zulässig, wenn vorher Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde hergestellt wurde. In der Praxis bedeutet dies, dass eine antragsstellende Person (Pilot:in / Landwirt:in / Jagdpächter:in) die für das einzelne NSG zuständige Behörde (Bezirksamt oder BUKEA; gemäß Anordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege) im Einzelfall kontaktieren muss und eine Begründung für die beabsichtigte Befliegung inklusive Eckdaten vorlegt. Nach Prüfung des Antrags entscheidet die Behörde.

 

7.  Wie wird das Drohnen Verbot in den Kirchwerder Wiesen zum Schutz der Rehkitze gehandhabt?

 

r das NSG Kirchwerder Wiesen ist das Bezirksamt Bergedorf zuständig. Die Frage ist daher vom Bezirksamt Bergedorf zu beantworten.

 

8.  Wurden in der Behörde andere Maßnahmen erörtert, die Rehkitze in den Naturschutzgebieten in dem fraglichen Zeitraum vor Mähmaschinen zu schützen? Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

 

Als jagdbare Art obliegt der Schutz von Rehkitzen dem/der jeweiligen Jagdpächter:in bzw. der guten fachlichen Praxis des Landwirts/der Landwirtin. Flächen im Vertragsnaturschutz und mit Bewirtschaftungsverträgen für naturschutzrechtliche Ausgleichszwecke werden zum Schutz von Wiesenvögeln in der Regel erst spät gemäht. Diese späte Mahd schützt mittelbar auch die Rehkitze.

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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