22-0513

Bundeswehr an Schulen und Hochschulen im Kontext der Wehrpflichtdebatte

Auskunftsersuchen nach § 27 BezVG

Letzte Beratung: 25.09.2025 Bezirksversammlung Bergedorf Ö 6.17

Sachverhalt

Auskunftsersuchen

der BAbg. Potthast, Basener, Detmer und Fraktion der GRÜNEN

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums soll das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz (WDModG) am 1. Januar 2026 in Kraft treten und die Wehrpflicht faktisch wiedereinführen. Diese Entwicklung hat unmittelbare Auswirkungen auf junge Menschen, auch in Hamburg und speziell in Bergedorf.

In Bayern hat ein neues Gesetz die Rolle der Bundeswehr an Schulen und Hochschulen ausgebaut. Kritiker:innen aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft warnen dort vor einem Eingriff in die pädagogische Freiheit, die Wissenschaftsfreiheit und das verfassungsrechtlich verankerte Friedensgebot.

Auch in Hamburg sind Jugendoffiziere der Bundeswehr an Schulen aktiv. Offiziell werden ihre Besuche als sicherheitspolitische Bildung eingeordnet. Tatsächlich bewegen sie sich jedoch in einem Umfeld, in dem Schüler:innen und Student:innen besonders empfänglich für Autorität und Angebote zur Berufsorientierung sind. Mit der erneuten Einführung der Wehrpflicht wächst die Gefahr, dass Bildungseinrichtungen zu Orten werden, an denen militärische Laufbahnen offensiv beworben und einseitige Sichtweisen vermittelt werden.

Gerade für Jugendliche in, die vor der Frage nach Ausbildung, Studium oder beruflicher Orientierung stehen, bedeutet dies einen besonderen Druck. Demokratische Bildung muss ihnen ermöglichen, kritisch zu hinterfragen und unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen. Schulen und Hochschulen dürfen vor dem aktuellen Kontext nicht zu Rekrutierungsstätten verengt werden. Nach Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gehört es zum verpflichtenden Auftrag von Lehrkräften, einen kritischen Umgang mit den Themen Wehrpflicht, Bundeswehr und Verteidigung zu fördern. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Interessen und Sorgen junger Menschen berücksichtigt werden, gerade auch angesichts steigender Nachfragen nach Beratungs- und Unterstützungsangeboten zur Wehrdienstverweigerung.

Petitum/Beschluss

Beschluss:

Vor dem Hintergrund der aktuellen Gesamtlage stellen sich daher konkrete Fragen an die Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung:

  1. In welchem Umfang sind Jugendoffiziere oder andere Vertreter:innen der Bundeswehr seit dem 01.01.2024 an Bergedorfer Schulen und Hochschulen tätig?
  2. Was für Themen werden konkret behandelt, insbesondere in Bezug auf Wehrpflicht, militärische Karrierewege oder Auslandseinsätze?
  3. Unter welchen rechtlichen und pädagogischen Vorgaben findet die Arbeit der Bundeswehr in Bildungseinrichtungen statt, damit diese nicht als Werbung oder Rekrutierung, sondern als Beitrag zu neutraler und ausgewogener politischer Bildung verstanden wird?
  4. Wie genau stellt die Behörde sicher, dass Schüler:innen im Sinne des Beutelsbacher Konsenses zur eigenständigen Urteilsbildung befähigt werden?
  5. Durch welche Maßnahmen können Lehrkräfte und Schulleitungen gewährleisten, dass Schüler:innen verschiedene Blickwinkel auf sicherheits- und friedenspolitische Fragen kennenlernen?
  6. Inwiefern tragen friedenswissenschaftliche Ansätze sowie zivilgesellschaftliche Initiativen und Nichtregierungsorganisationen dazu bei, eine pluralistische und kritische Auseinandersetzung mit Wehrpflicht, Bundeswehr an Schulen und sicherheitspolitischer Bildung zu fördern?
  7. Gibt es in Hamburg offizielle Empfehlungen oder Konzepte, die den Umgang mit dem Thema „Wehrpflicht“ im Unterricht oder an Hochschulen regeln, insbesondere im Hinblick auf eine ausgewogene Darstellung unterschiedlicher Positionen?
  8. Wie wird verhindert, dass Minderjährige gezielt für militärische Laufbahnen angesprochen oder angeworben werden?
  9. Plant die Behörde, angesichts des Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes (WDModG) und aktueller sicherheitspolitischer Entwicklungen, die Präsenz der Bundeswehr in Schulen und Hochschulen auszubauen?
  10. Werden gesetzliche Änderungen erwogen, die eine verstärkte Kooperation von Bildungseinrichtungen mit der Bundeswehr festschreiben würden, ähnlich wie in Bayern?
  11. Mit welchen Konzepten sorgt die Behörde dafür, dass Schüler:innen und Studierende nicht nur militärische, sondern auch zivile Perspektiven auf Frieden, Sicherheit und Konfliktlösung kennenlernen und kritisch diskutieren können?
  12. Welchen Stellenwert haben Friedenserziehung, Gewaltprävention und zivile Konfliktbearbeitung im Hamburger Curriculum, und wie werden diese Inhalte in Relation zu Angeboten der Bundeswehr gesetzt?
  13. Wie wurden Schüler:innenvertretungen, insbesondere die Schüler:innenkammer Hamburg, bisher in die aktuelle Debatte um Wehrpflicht und sicherheitspolitische Fragen eingebunden?
  14. Wie erfolgte die Beteiligung von Studierendenvertretungen, Elternkammer, Lehrerkammer sowie weiteren schulischen oder hochschulischen Gremien an Beratungen, Entscheidungsprozessen oder Informationsveranstaltungen zur Wehrpflichtdebatte, zur Präsenz der Bundeswehr in Bildungseinrichtungen und zur sicherheitspolitischen Bildung in Hamburg?
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