21-1459

Bergedorfer Tor und Rolle der Bergedorf Bille eG

Auskunftsersuchen nach § 27 BezVG

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25.08.2022
Sachverhalt

Auskunftsersuchen von der AfD Fraktion Bergedorf

BAbg. Reinhard Krohn / Eugen Seiler / Herbert Meyer / Peter Winkelbach

 

Bergedorfer Tor und Rolle der Bergedorf Bille eG Genossenschaften gelten laut Nohlens Lexikon der Politik als „Selbsthilfegemeinschaften zur Erwirtschaftung bestimmter Güter und/oder Dienstleistungen, die in Reaktion auf wahrgenommene Unzulänglichkeiten (zu geringes, qualitativ schlechtes oder zu teures Angebot) gebildet werden." Dabei stehen der Bezug und die Bereitstellung von Gütern für ihre Mitglieder als Leitgedanke im Vordergrund. Ihre ursprünglichen Wurzeln haben sie im politischen Liberalismus, dessen Anhänger damit auf die als sozialistisch empfundene staatliche Sozialpolitik Mitte des 19. Jahrhunderts reagierte. Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie als Teil der sozialistischen Arbeiterbewegung wichtiges Instrument der Selbstorganisation des „Proletariats". Die in diesen Kreisen übliche Anrede „Genosse" zeugt bis heute hiervon.

 

Die Gemeinnützigkeit von Genossenschaften steht vor diesem Hintergrund in der Regel außer Frage und viele Bergedorfer unterstützen die Leitidee der Genossenschaften durch eine Mitgliedschaft oder dem Wunsch danach. Auch wir als AfD-Fraktion im Bergedorfer Bezirksparlament begrüßen ausdrücklich den genossenschaftlichen Gedanken und sehen die Leitidee, wie sie oben erläutert wurde, als gut und richtig an.

 

Skepsis ist allerdings dann angebracht, wenn die Gemeinnützigkeit und die Selbstorganisation in den Hintergrund treten und Güter vermehrt produziert und angeboten werden,

die mit Selbstorganisation eines Kreises von Mitgliedern nicht mehr viel zu tun hat.

Insbesondere dann, wenn Genossenschaften als favorisiertes Ziel der Politik besonders gefördert werden sollen. Die bevorzugte Vergabe von Bauland zum Bau von Wohnungen sind ein Beispiel und anfällig für ein Ausnutzen von wachsender Marktmacht, die der Genossenschaft als Selbstversorgergemeinschaft aus unserer Sicht nicht zustehen sollte und schlimmstenfalls eine Marktmacht generiert, die sich als marktverzerrend auswirken kann. Zudem entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern schnell der Eindruck eines Kungelns von Politik und Wirtschaft, eines sogenannten "Geschmäckle".

 

Aktuell wirbt die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Bergedorf Bille eG an Bergedorfs neuer erster Adresse, dem Bergedorfer Tor, mit der Vermietung von Büroflächen. Dass die Bergedorf Bille eG als Gewerbevermieter auftritt, irritiert nicht nur uns, sondern auch viele Bergedorfer. In den Medien wurde zum Bauvorhaben Bergedorfer Tor bisher berichtet, dass die Bergedorf Bille eG im Berliner Tor für den Bau der Wohnungen zuständig ist und ihre neue Hauptverwaltung dort errichtet.

 

Für die Vermietung von Gewerbeflächen (Büro, Medizin, Integration, Gastronomie und Einzelhandel) ist laut Homepage die Projektgesellschaft Bergedorfer Tor mbH & Co. KG Büro, Medizin, Integration, Gastronomie und Einzelhandel. Die Bergedorf Bille eG sei zuständig für die Vermietung der Wohnungen. Die Bergedorf Bille eG, die in ihrem Namen den Zusatz Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft trägt, ist ein kontinuierlich wachsendes Großunternehmen, das seine Geschäftstätigkeit auf dem Immobilienmarkt über die Selbstversorgung der Mitglieder hinaus immer mehr auszuweiten scheint.

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

 

1. Die Preise der Wohnungen liegen laut Homepage der BBeG „im Mittel" bei 14,90 pro m2. Der Durchschnittspreis wird nach unserer Vermutung höher liegen. Auch die monatliche Miete für einen Tiefgaragen-Stellplatz ist mit 149,00 Euro nicht als günstig anzusehen.

Ist das Bezirksamt der Ansicht, dass diese Preise noch der gemeinnützigen Selbstversorgung von Gütern dienen, weil die auf dem freien Markt angebotenen Wohnungen unzulänglich oder zu teuer sind?

 

2. Inwiefern hat das Bezirksamt den (Mit-)Kauf des Baugrunds in Bergedorfer Top-Lage durch die Bergedorf Bille eG in besonderer Weise unterstützt?

 

3. Die Bergedorf Bille eG vermietet die Wohnungen im Bergedorfer Tor nach eigenen Angaben „im Mittel" mit 14,90 Euro pro Quadratmeter. Die Formulierung „im Mittel" lässt darauf schließen, dass der Durchschnittspreis höher liegt. Ein Tiefgaragenstellplatz schlägt mit 149,00 Euro monatlich zu Buche. Sieht das Bezirksamt diese Preisgestaltung noch im Rahmen der genossenschaftlichen Selbstversorgung mit günstigen Gütern an?

 

4. Die Bergedorf Bille eG führt in ihrem Namen den Zusatz Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft. Sie gilt nach wirtschaftlicher Begriffsdefinition als Großunternehmen und gehört zu den größten Wohnungsbaugenossenschaften Norddeutschlands. Sieht das Bezirksamt durch die wachsende Marktmacht der Bergedorf Bille eG Nachteile für Anbieter auf dem freien Markt?

 

5. Welche rechtlichen Bestimmungen regeln die Tätigkeit einer Wohnungsbaugenossenschaft im Hinblick auf Vermietung von Gewerbe-/Büroflächen an Mitglieder/Nicht-Mitglieder?

 

6. Inwiefern wurde die Basis der Genossenschaftsmitglieder bei Kauf, Planung und Bau des Berliner Tors mit einbezogen?

 

7. Inwiefern gibt es Schnittmengen von Bergedorf Bille eG und Projektgesellschaft Bergedorfer Tor mbH?

 

8. Sind die erwähnten Gewerbeflächen für Integration als Teil des Engagements der Stiftung Bergedorf Bille, die sich dankenswerter Weise der sozialen Integration in Bergedorf widmet?

 

9. Mehr Genossenschaftswohnungen bedeuten mehr Mitglieder. Bei wie vielen neuen Mitgliedern hat seit 2015 die öffentliche Hand die Genossenschaftsanteile bezahlt?

 

 

Petitum/Beschluss

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Anhänge

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