20-0996.1

Alle mitnehmen! Praxis des § 35a SGB VIII in der ambulanten Unterstützung von Kindern und Jugendlichen

Antwort

Sachverhalt

Große Anfrage der BAbg. Krönker und Rüssau und Grüne Fraktion

Die sozial-emotionalen Faktoren in kindlicher Entwicklung sind in den letzten 15 Jahren insgesamt in ihrer Bedeutung erkannt worden. Sie sind wesentliche Bausteine einer insgesamt guten kindlichen Entwicklung auf den verschiedenen Ebenen. Frühe Hilfen, Ganztagsbetreuung, Kinder- und Jugendhilfe und viele andere gesellschaftliche Bereiche tragen dem Rechnung. Jedoch gibt es immer noch Kinder, deren gesellschaftliche Teilhabe eingeschränkt ist und die Politik und Verwaltung besonders im Blick haben müssen. Wir haben mit einem guten Jugendhilfegesetz dazu auch viele rechtliche Grundlagen. Eine davon ist der § 35a zur Eingliederungshilfe im SGB VIII. Eine andere ist die Globalrichtlinie GR J 8/03 der FHH „Hilfe zur Erziehung, Hilfe für junge Volljährige und Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“:

II.3. Eingliederungshilfe:

Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und

ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft von daher beeinträchtigt oder solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Die bei Kindern und Jugendlichen noch offene Entwicklung spricht jedoch dafür, mit der Zuordnung „seelisch behindert“ zurückhaltend umzugehen. Deshalb empfiehlt es sich, Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII nur dann zu bewilligen, wenn die seelische Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit eingetreten ist oder droht.

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung
 

Das Bezirksamt beantwortet die Große Anfrage vom 4. November 2016 wie folgt:

 

1. Wie viele Bergedorfer minderjährige Kinder (Zahl der Antragsteller) wurden im Rahmen eines Antrags auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII begutachtet?
(Bitte für die Jahre 2012 bis 2016 jahrweise aufführen.)

 

Jahrgang

Gutachten

2012

60

2013

69

2014

51

2015

48

2016

46

Gesamt

274

 

 

2. Wie viele Maßnahmen wurden bewilligt?
(Bitte nach Jahren zuordnen.)

2012: 34

2013: 77

2014: 44

2015: 58

2016: 43

Auswertungszeitraum: 01.08.2012 bis 31.10.2016. Im Juli 2012 hat eine Umstellung des IT-Fachverfahrens stattgefunden, daher ist eine valide Auswertung für 2012 erst ab 01.08.2012 möglich.

3. In wie vielen Fällen gingen Antragsteller in ein Widerspruchsverfahren gegen die Ablehnung einer Maßnahme?
(Bitte nach Jahren aufschlüsseln.)

2012: 1

2013: 4

2014: 3

2015: 1

2016: -

4. In wie vielen Fällen wurde einem Widerspruch stattgegeben?

2012: 1

2013: 1

2014: 1

2015: -

2016: -

 

5. In wie vielen Fällen klagten Antragsteller auf Bewilligung einer Maßnahme?
(Bitte nach Jahren aufschlüsseln.)

In keinem.

 

6. In wie vielen Fällen wurde einer Klage stattgegeben?

Entfällt.

 

7. Wer hat die Begutachtung in dem Antragsverfahren durchgeführt? (Laut Globalrichtlinie darf der ASD zur Bewilligung in der Regel nur gutachterliche Stellungnahmen berücksichtigen, die von der zuständigen Dienststelle des jeweiligen Bezirksamtes bzw. der Behörde für Soziales und Familie erstellt worden sind und die besondere Anforderungen erfüllen.)

In der Regel hat die zuständige Dienststelle die Gutachten erstellt. In wenigen Ausnahmefällen hat der ASD Gutachten von Fachkliniken und Fachärzten für ausreichend erachtet.

8. Aufgliederung der genehmigten Fälle nach Maßnahmen:
Wie viele bezogen sich jeweils auf

8.1. stationäre Maßnahmen,

15

8.2. teilstationäre Maßnahmen,

keine

8.3. ambulante Maßnahmen?

241

 

9. Aufgliederung der genehmigten Fälle nach Alter und Geschlecht:
Wie viele bezogen sich jeweils auf die Gruppen

siehe Tabelle unter 9.7

9.1. 1 bis 3 Jahre m/w,

9.2. Kindergartenalter m/w,

9.3. Kinder von 6 bis 10 m/w,

9.4. Kinder von 11 bis 16 m/w,

9.5. Kinder von 17 bis 18 m/w,

9.6. junge Volljährige bis 21 Jahre m/w,

9.7. Volljährige bis 27 m/w?

Altersgruppen in Jahren

männlich

weiblich

1 bis 3

0

0

3 bis 6

5

1

6 bis 10

49

31

11 bis 16

94

59

17 bis 18

9

3

19 bis 21

4

5

22 bis 27

0

0

Auswertungszeitraum: 01.08.2012 bis 31.10.2016. Erläuterungen wie zu Frage 2.

Hinweis: Ein Kind kann über mehrere Jahre mehrere Maßnahmen bewilligt bekommen haben, daher kann es zu Mehrfachnennungen kommen. Die o.a. Tabelle lässt also keine Rückschlüsse auf die Anzahl der Kinder zu.

 

10. Welche 5 häufigsten Diagnosen (nach ICD-10) hatten die Fälle und wie sind diese verteilt nach Alter und Geschlecht?

 

1. Umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten F81.0-F81.3.

Erstbegutachtung ab dem 9. -16. Lebensjahr.

 

2. Hyperkinetische Störung F90

Erstbegutachtung ab dem 7. Lebensjahr.

 

3. Tiefgreifende Entwicklungsstörung, hier Asperger-Syndrom F84.5

Erstbegutachtung ab dem 7. Lebensjahr.

 

4. Bindungsstörung F94.1 und F94.2

Erstbegutachtung ab Kleinkindalter.

 

5. Emotionale Störungen des Kindesalters F93.2

Erstbegutachtung ab Kleinkindalter.

 

Jahrgang

dchen

Jungen

Gesamt

2012

14

46

60

2013

16

53

69

2014

  8

43

51

2015

16

32

48

2016

11

35

46

Gesamt

65

209

274

 

Bei den genannten Diagnosen überwiegen die Jungen.

 

11. Welche Eingliederungsmaßnahmen ambulanter Art wurden genehmigt?

11.1. im Rahmen der Jugend- und Familienhilfe (spezielle Erziehungshilfen als Erziehungsbeistand, sonderpädagogische Zusatzmaßnahmen, spezielle Freizeitmaßnahmen u. ä.),

ambulante Betreuungen Volljähriger

 

11.2. im therapeutischen Rahmen (Autismustherapie, Lerntherapie, Traumabehandlungen außerhalb des Kassenverfahrens u.ä.),

Autismus-, Lern- und Legasthenietherapien, Logopädien

 

11.3. im Rahmen der Behindertenhilfe (Inklusionsmaßnahmen, Einzelbetreuungen, Schulbegleitung, Assistenz im Alltag u.ä.)?

Schulbegleitungen

 

 

Petitum/Beschluss

 

---