Die vor und während der Öffentlichen Plandiskussion eingereichten Fragen und Stellungnahmen liegen als Anlage bei.
Herr Andersen begrüßt die Anwesenden und stellt den Ablauf des Abends vor. Die Sitzung finde pandemiebedingt digital statt.
Herr Bernau ergänzt, nach einer Vorstellung des Gutachtens würden die Bürger*innen die Möglichkeit erhalten, Fragen, Vorschläge und Kritikpunkte zu äußern. Die Politik habe vorab viele Schreiben erhalten, die zunächst in den Fraktionen beraten und nicht im Verlauf der heutigen Sitzung behandelt würden. Eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen werde erst in einer der kommenden Ausschusssitzungen 2022 getroffen.
Frau Fiby (Technisches Büro für Landschaftsplanung) führt aus, zoologische Einrichtungen bräuchten für ihre Aufgabenerfüllung eine Vision, einen Plan und einen Auftrag. Das alles fehle für das Wildgehege Klövensteen. Mit dem Gutachten solle Klarheit über dessen Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Mit dem Gutachten, das ausdrücklich kein Entwicklungsplan sei, habe sie die aktuelle Situation evaluiert und Potenziale für zeitgemäße Tierhaltung, Besucher*inneninformationen sowie Natur- und Umweltpädagogik bei kostenfreiem Zutritt analysiert. Außerdem beinhalte es eine Prüfung der Möglichkeiten für den Betrieb des Wildgeheges Klövensteen unter Berücksichtigung der Kosten für Personal, Erhaltung und Investitionen sowie deren Finanzierbarkeit. Des Weiteren habe sie im Gutachten Vorschläge für die Flächennutzung der verschiedenen Szenarien gemacht. Auftrag des Gutachtens sei die Prüfung gewesen, wie das Wildgehege Klövensteen zukunftsfähig gemacht werden könne. Ausgangspunkt des Gutachtens sei der Beschluss der Bezirksversammlung (BV) (Drucksache 21-0317, Anlage), der verschiedene Forderungen vorgebe. Nicht alle Forderungen könnten erfüllt werden. Das Wildgehege Klövensteen in der jetzigen Form zu erhalten, sei nicht möglich, weil sich die rechtlichen Rahmenbedingungen seit dessen Eröffnung geändert hätten und nicht mehr alle Anforderungen erfüllt würden. Abgesehen vom kostenlosen Zutritt und der gleichbleibenden Gehegegrößen erfülle keines der im Gutachten dargelegten Szenarien alle Anforderungen der BV.
Es sei heute Standard, den Außenzaun einer zoologischen Einrichtung separat von den einzelnen Gehegezäunen zu errichten und Zutritt nur bei Anwesenheit von Fachpersonal zu ermöglichen, um die Risiken für Vandalismus sowie Ein- und Ausbruch zu reduzieren. Dafür gebe es eine gesetzliche Verpflichtung und dieser entspreche auch die Forderung der BV nach einer zukunftweisenden Tierhaltung. Aufgaben und Qualifikationen des Personals sowie die Öffnungszeiten des Wildgeheges seien aufeinander abzustimmen. Die Verlegung des Sandmoorwegs an die Westseite des Parkplatzes sei sinnvoll, um die Trennung zwischen der Kleinen Waldschänke und des Spielplatzes durch den Sandmoorweg aufzuheben und einen schöneren Eingangsbereich zum Wildgehege Klövensteen zu schaffen. Je nach Szenario bestehe die Option, den Sandmoorweg zusätzlich um das Rotwildgehege zu verlegen.
Fahrradbügel könnten die Anfahrt per Fahrrad attraktiver machen, da Diebstahl erschwert werde. Wegweiser in Richtung des Wildgeheges Klövensteen etwa am Bahnhof Rissen könnten die Wegfindung erleichtern. Eine Busverbindung solle ebenfalls erwogen werden. Derzeit größte Mangel seien fehlende öffentliche Toiletten.
Insgesamt ergebe sich ein Sanierungsbedarf von rund 1 Mio. Euro. Durch den Betrieb des Wildgeheges ergäben sich derzeit jährliche Kosten von rund 715.000 Euro. Dass der Großteil dieser Kosten auf den Posten Personal entfalle, sei für zoologische Einrichtungen normal. Die im Gutachten zum Vergleich herangezogene Fasanerie Wiesbaden verfüge über einen dreimal höheren Personalbestand. Insbesondere in den Arbeitsbereichen Administration sowie in Bau und Erhaltung fehlten dem Wildgehege Klövensteen Personal. Insgesamt seien die Ausgaben der Fasanerie Wiesbaden etwa doppelt so hoch und würden zum Großteil von der Stadt Wiesbaden getragen.
Das Szenario „Naturpädagogik“ beinhalte die Haltung heimischer Wild-, Nutz- und Haustierarten. Neue Tierarten könnten beispielsweise Maus, Fuchs oder Fischotter sein. Der unmittelbare Kontakt fördere das Interesse und Empathie für Tiere. Die Gehege würden nach didaktischen und ökologischen Gesichtspunkten gestaltet. Die Biotope würden von der Waldschule genutzt und für frei lebende Tierarten gepflegt – etwa durch Anlegen von Nistplätzen für Vogel.
Ein Teil der jetzt von der Waldschule genutzten Flächen rund um die Rissener Fischteiche sei wegen fehlender Lenkungsmaßnahmen übernutzt. Bei Aufnahme der Rissener Fischteiche in das Wildgehege Klövensteen könnten sich die Biotope durch die Zutrittskontrolle besser entwickeln. Die beiden Reitwege könnten zusammengelegt um den großen Fischteich herumgeführt werden. Um die Forderung der BV zu erfüllen, die Grundfläche des Wildgeheges nicht zu vergrößern, könne dafür das Rothirschgehege verkleinert werden. Auf der entfallenden Fläche des Rothirschgeheges könnten neue Biotope hergestellt und die Waldbühne des Wildgehgeheges Klövensteen verlegt werden, sodass Veranstaltungen im äußeren Bereich und nicht mehr im Zentrum stattfänden. In Anlehnung an die Fasanerie Wiesbaden seien bei dem Szenario „Naturpädagogik“ mit rund 1 Mio. Euro an Anfangsinvestitionen für Sanierungen und einem Jahresbudget von circa 1,43 Mio. Euro jährlich zu rechnen.
Im Szenario „Artenschutz“ werde der Sandmoorweg aufgrund des notwendigen Außenzauns um das Wildgehege Klövensteen an die Westseite des Rothirschgeheges verlegt. Die Auswahl der Tiere orientiere sich am Artenschutz. Mehrere Tierarten im Wildgehege Klövensteen könnten durch solche mit höherem Stellenwert für den Artenschutz ersetzt werden, beispielsweise der Uhu durch den Habichtskauz. In einem Entwicklungskonzept müsse ein Leitbild für den Tierbestand festgelegt und dieser dementsprechend angepasst werden. Wenn die Waldschule in diesem Szenario wie bisher weitergeführt werde, belaufe sich das Jahresbudget des Szenarios „Artenschutz“ auf rund 1,35 Mio. Euro. Durch die Verlegung des Sandmoorwegs erhöhten sich jedoch die Anfangsinvestitionen auf circa 1,1 Mio. Euro. Kombinationen der Szenarien „Artenschutz“ und „Naturpädagogik“ seien ohne Mehrkosten möglich.
Das Szenario „Wildgatter“ beschreibe die geringstmöglichen Änderungen und notwendigsten Sanierungen am Wildgehege Klövensteen. Es sei nicht mit den vorherigen Szenarien kombinierbar. In diesem Szenario sei der Zweck der Einrichtung die Wildfleischproduktion. Schaueinrichtungen wie Aussichtstürme seien abzubauen und die Gehege mit Außenzäunen zu sichern. Frei begehbare Wege zwischen den Gehegen seien hier aber möglich. Nur fünf Arten Schalenwild gemäß Bundesjagdgesetz dürften gehalten werden, weshalb die Gehege für Frettchen, Nerze und Vögel abzubauen seien. Die erforderlichen Anfangsinvestitionen würden auf etwa 670.000 Euro reduziert, weil Gehege abgebaut würden und keine Schließeinrichtung im Eingangsbereich des Geheges benötigt würde. Die jährlichen Gesamtkosten lägen weiterhin bei rund 715.000 Euro.
Wortmeldungen der Bürger*innen zum Gutachten
Herr Andersen weist darauf hin, dass die BV über keinen eigenen Haushalt und nur über geringe finanzielle Mittel verfüge.
Frau Fiby erläutert, das Wildgehege Klövensteen falle unter die Definition und Vorgaben eines Zoos gemäß § 42 BNatSchG und der EU-Zoorichtlinie. Tiergehege gemäß § 43 BNatSchG beinhalteten keine Zurschaustellung von Tieren, die es im Wildgehege Klövensteen aber gebe. Eine der Vorgaben an Zoos sei das Vorbeugen des Eindringens von Schadorganismen sowie das Ausdringen der Tiere. Darüber hinaus habe die BV gefordert, die Tierhaltung zukunftssicher, vorbildlich und zukunftsweisend zu machen. Stand der Technik sei dafür ein von den einzelnen Gehegezäunen unabhängiger Außenzaun sowie Schließzeiten. Zoologische Einrichtungen, die diese Vorgaben nicht umsetzten, seien nicht zukunftssicher. Die Forderungen der BV seien aber nicht alle miteinander kompatibel – z.B. eine vorbildliche Tierhaltung auf der einen und das Wildgehege Klövensteen einfach zu erhalten auf der anderen Seite. Pflanzen, Pilze und Biotope würden im Gutachten behandelt. Das Gutachten zeige lediglich verschiedene Optionen auf, die aber nicht zwingend verfolgt werden müssten. Grundsatzfrage sei, ob das Wildgehege Klövensteen mit Außenzaun und Schließzeiten gewollt sei. Ohne diese sei es nicht mehr denkbar.
Für den Außenzaun könne entweder die Fläche des Hirschgeheges verringert oder der Sandmoorweg um das bestehende Hirschgehege herum verlegt werden. Die bisherige Durchwegung würde mit einem Außenzaun unterbrochen. Es müsse abgewogen werden, wie wichtig die Durchwegung sei und in welcher Form und Größe das Wildgehege Klövensteen bestehen solle.
Für Schließzeiten werde ein Eingangstor benötigt, das üblicherweise nachts verschlossen werde. Gemäß geltender Vorgaben müsse bei Öffnung entsprechendes Fachpersonal anwesend sein. Das erkläre auch den Personalbedarf. Wenngleich Ruhezeiten gut für das Tierwohl seien, bezögen sich die Schließzeiten insbesondere auf den Schutz vor unbefugtem Betreten und Vandalismus. Kostenloser Zugang und freie Zugänglichkeit des Geländes bedeuteten nicht dasselbe. Ersteres könne ohne Probleme bestehen bleiben, letzteres sei in einem modernen Wildgehege mit Schließzeiten nicht zu gewährleisten. Alle Zugänge zu öffnen, kollidiere mit den Schließzeiten sowie dem Außenzaun und damit der Sicherheit der Tiere. Es müsse eine Grundsatzentscheidung getroffen werden, ob das Wildgehege Klövensteen oder alle frei zugänglichen Wanderwege erhalten bleiben sollten. Beides zusammen sei heute nicht mehr möglich.
Bei der Aufnahme der Rissener Fischteiche in das Wildgehege Klövensteen handele es sich lediglich um einen Vorschlag, da sich eine Besucher*innenlenkung positiv auf die übernutzten Rissener Fischteiche auswirke, die für Amphibien und Vögel derzeit kein gutes Biotop böten. Die Szenarien bezögen die Rissener Fischteiche also nicht explizit ein.
Eine Expansion der Fläche des Wildgeheges Klövensteen werde im Gutachten nicht vorgeschlagen, da es dafür keine Notwendigkeit gebe. Die Kosten der Tierhaltung seien mittlerweile teurer, weil die Anforderungen daran gestiegen seien. Wenn das Bezirksamt das Wildgehege Klövensteen nicht finanzieren könne, gebe es dafür kaum Entwicklungsmöglichkeiten.
Sie selbst favorisiere eine Kombination aus den Szenarien „Naturpädagogik“ und dem „Artenschutz“. Dabei bleibe offen, wie groß der Tierbestand sei. Dieser Punkt ergebe sich aus der Vision für die Zukunft des Wildgeheges Klövensteen. Zusätzliche Tierarten seien nur als eine mögliche Option dargelegt. Eine gewisse Flexibilität bei der Aufnahme von Tierarten sei nötig, um auf Krankheiten oder Änderungen der Artenschutzprioritäten reagieren zu können. „Wildtierrehabilitation“ sei von allen Szenarien das teuerste und aufgrund der Forderungen eines angemessenen Budgets verworfen worden. Die Aussagen zur Überforderung des Tierschutzvereins Hamburg e.V. habe sie dessen Website entnommen.
Die Prüfung der Schließung des Wildgeheges Klövensteen sei nicht Teil der Aufgabenstellung gewesen. Mit den Betreiber*innen des Wildgeheges zu sprechen, sei Teil des Auftrags gewesen. Für ein Entwicklungskonzept sei es sinnvoll, alle mit dem Wildgehege befassten Akteur*innen einzubinden. Über eine Bürger*innenbeteiligung in diesem Rahmen entscheide die Politik.
Sie habe die Strukturen für Pädagogik betrachtet, die entweder vorhanden seien oder noch geschaffen werden müssten. Gebäude und Freiflächen müssten noch entsprechend gestaltet werden. Überlegungen zu Kooperationen vor Ort seien wesentlicher Teil eines Entwicklungskonzepts. Für pädagogische Angebote sei entsprechendes Fachpersonal im Wildgehege Klövensteen erforderlich.
Aktuelle Besucher*innenzählungen gebe es leider nicht. Drehkreuze zum Zählen seien sinnvoll. Die letzte Zahl von jährlich 200.000 Besucher*innen stamme aus den 1990er Jahren. Aufgrund der zunehmenden Urbanisierung habe sie einen Anstieg auf 250.000 Personen angenommen. Die Anzahl der Besucher*innen während der Coronapandemie sei wegen der Einschränkungen nicht mit den üblichen Besuchszahlen vergleichbar. Eine Zählung sowie Informationen, aus welchen Regionen die Besucher*innen kämen, seien als eine wichtige Planungsgrundlage für die Infrastruktur sinnvoll.
Stellungnahmen der Fraktionen
Frau Vornhagen führt aus, bei der heutigen Sondersitzung habe vor allem der Input der Bürger*innen über das Gutachten im Vordergrund gestanden. Viele der Ausführungen der Bürger*innen teile die Fraktion GRÜNE, für die es hinsichtlich des Gutachtens noch einige offene Fragen gebe. Ob sich beispielsweise hinsichtlich der Finanzierung auf Daten aus 2018 bezogen werden könne, sei unklar. Außerdem ergäben sich noch Fragen zu den Ausführungen über das Tierwohl und die Tierpflege. Schade sei, dass eine Verkleinerung des Wildgeheges Klövensteen nicht geprüft worden sei. Die Finanzlage der Stadt sei eng und mit einer Reduktion sei ein Angebot bei dem vorhandenen Sanierungsbedarf möglicherweise weiter aufrechtzuerhalten. Kurze Ausführungen der Gutachterin dazu wären hilfreich. Sie hoffe, dass sich hinsichtlich der schwierigen Finanzierung eine gemeinsame Lösung entwickeln lasse und bittet darum, den Namen eines Pferdehofes und des Tierschutzvereins Hamburg e.V. aus dem Gutachten zu schwärzen.
Herr Bernau legt dar, dass dem Ausschuss alle vorab, während und nach der der Anhörung eingegangenen Schreiben zur Verfügung gestellt würden. Die SPD-Fraktion werde zunächst intensiv über das Thema beraten, ein Meinungsbild erarbeiten und mit den betroffenen Verbänden und Fachbehörden Gespräche führen.
Herr Hielscher erklärt, die Qualität des Gutachtens sei beeindruckend und die heutige Präsentation habe Missverständnisse aufgeklärt. Ausreichende Haushaltsmittel für die Finanzierung der Grundinstandsetzung und der Entwicklung des Wildgeheges Klövensteen fehlten. Das Gutachten mache deutlich, dass es einen erheblichen Finanzbedarf für Investitionen und Bewirtschaftung gebe. Der Bezirk habe keinen eigenen Haushalt und sei auf Rahmenzuweisungen der Stadt angewiesen. Daher werde es vermutlich zumindest eine Minimalforderung mit einer Empfehlung gemäß § 27 BezVG an die zuständige Fachbehörde geben, um das Wildgehege Klövensteen überhaupt aufrechterhalten zu können. Die Fraktionen von GRÜNE und SPD hätten bei dem Finanzierungsproblem eine besondere Verantwortung, weil ihre Parteien den Hamburger Senat führten. Der Rahmen für die Entwicklung des Wildgeheges Klövensteen müsse noch definiert werden, woran sich die CDU-Fraktion konstruktiv beteiligen wolle.
Frau Schoon bekräftigt, die heutige Sondersitzung könne nur ein erster Schritt der notwendigen, breiten Bürger*innenbeteiligung sein. Weitere Beteiligungen etwa durch Ortstermine seien wichtig. Eine Kommerzialisierung des Wildgeheges lehne die Fraktion DIE LINKE ab. Das Wildgehege Klövensteen müsse für die Bürger*innen weiter kostenfrei zugänglich sein. Außerdem habe der Schutz des Naturraums oberste Priorität.
Frau Blume betont, Forderungen an die weitere Entwicklung des Wildgeheges Klövensteen ohne eine gesicherte Finanzierung seien nicht sinnvoll. Jede Fraktion wolle das Wildgehege Klövensteen zwar aufrechterhalten, alleine aus Mitteln des Bezirkes sei dies aber nicht finanzierbar. Gleichzeitig könne es mit dem jetzigen Zustand des Wildgeheges Klövensteen nicht so weiter gehen. Außerdem solle das Angebot der Naturpädagogik erhalten und ausgebaut werden. Eine Schließung des Wildgeheges Klövensteen könne ausgeschlossen werden. Die Anregungen der Bürger:innen nehme sie in die weiteren Fraktionsberatungen mit.