20-4796

ZEA Schnackenburgallee - Geplante Schließung menschlich gestalten Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 22.02.2018

Mitteilungsdrucksache öffentlich

Sachverhalt

Die  Bezirksversammlung  Altona hat in ihrer Sitzung am 22.02.2018 anliegende Drucksache 20-4559 beschlossen.

 

Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) hat hierzu mit Schreiben vom 11.04.2018 wie folgt Stellung genommen:

 

Die derzeitige Zugangssituation von Personen mit Flucht- oder anderem ausländerrechtlichem Hintergrund nach Hamburg verbunden mit der Ausweitung der Kapazitäten in den Folgeeinrichtungen ermöglicht die Rückführung der Belegung von Erstaufnahmeeinrichtungen, deren Außerbetriebnahme sowie für verschiedene Einrichtungen die Möglichkeit des sukzessiven oder vollständigen Rückbaues. Die Zahl der in Betrieb befindlichen Erstaufnahmeeinrichtungen konnte bereits erheblich reduziert werden.

Die derzeitige Situation wird auch genutzt, um in Einrichtungen, deren Außerbetriebnahme perspektivisch bereits vorgesehen ist, mit dem Rückgang der Belegungszahlen auch einen Rückbau von Bereichen einzuleiten, bei denen die Unterbringungsqualität aufgrund zum Beispiel bereits längerer Nutzungsdauern von Containern durch Verlegungen verbessert werden kann.

Das ist im Bereich der Schnackenburgallee der Fall. Im rückwärtigen Bereich der Schnackenburgallee stehen ältere Containeranlagen, die im Zustand deutlich schlechter sind als die zu einem späteren Zeitpunkt errichteten Container im vorderen Bereich. Aufgrund der vorgesehenen Außerbetriebnahme der Einrichtung Schnackenburgallee zum Jahresende und dem Rückgang der Belegung auch in der Schnackenburgallee macht eine aufwändige Sanierung, die zum Teil auch eine Verlegung der Bewohner erfordern würde, keinen Sinn mehr.

Da die Belegungssituation in der Schnackenburgallee eine Verlegung der untergebrachten Personen aus dem rückwärtigen Bereich in den vorderen Bereich möglich machte, wurden die untergebrachten Personen zeitgerecht entsprechend darüber informiert, dass eine solche Verlegung erfolgen sollte. Im weiteren Verlauf wurde dann deutlich, dass  ein Teil der untergebrachten Personen erhebliche Vorbehalte gegen eine  solche Verlegung hatte. Nachdem der Betreiber darauf hingewiesen hat, dass es bei einem Teil der untergebrachten Personen zu Irritationen aufgrund der vorgesehenen einrichtungsinternen Verlegung gekommen ist,  wurde nach Rücksprache mit allen Beteiligten der Verlegungszeitraum bis Ende Mai 2018 erweitert, um dem Betreiber die Möglichkeit zu geben, die aufgetretenen Irritationen durch Information und individuelle Gespräche mit den untergebrachten Personen aufzulösen. Die Irritationen waren möglicherweise teilweise durch Gerüchte aufgetreten, es würde für alle Personen erneut zu einer verdichteten Unterbringung kommen. Auch die Personen, die bisher aufgrund anerkannter individueller Bedarfe einzeln untergebracht seien, sollten künftig wieder in Mehrfachbelegung untergebracht werden. Das ist tatsächlich nicht der Fall. Dort, wo die individuelle Situation eine Einzelunterbringung begründet, wird auch bei der einrichtungsinternen Verlegung weiterhin eine Einzelunterbringung gewährleistet. Auch erlaubt die Belegungssituation in der Einrichtung weiterhin, bei Mehrfachbelegungen von Containern die Maximalbelegung nicht zu nutzen, sondern sich auf eine Belegung mit zwei oder drei Personen zu beschränken. Die vorderen Container bieten neben einem besseren Allgemeinzustand  darüber hinaus den Vorteil, dass die Sanitärbereiche nicht über den Außenbereich erreicht werden müssen. Darüber hinaus bietet der vordere Einrichtungsbereich auch den Vorteil, dass die Personen  dort wieder stärker in das allgemeine Einrichtungsgeschehen einbezogen und vom Sozialmanagement ggf. auch besser angesprochen und erreicht werden können. Die objektiven Vorteile für die untergebrachten Personen sind offensichtlich. Die Streckung des Zeitraumes für die Verlegung kann aus hiesiger Sicht dazu beitragen, die eher emotional begründeten Vorbehalte gegen die interne Verlegung wirksam aufzulösen.

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass ein großer Teil der im rückwärtigen Bereich untergebrachten Personen sich zwar – unterschiedlich lang – seit über sechs Monaten in der Erstaufnahme aufhält. Zu einem großen Teil begründet sich dies aber auch aus dem Umstand, dass deren Anträge auf Schutzgewährung abgelehnt wurden. Die Erwartung, in eine Folgeeinrichtung verlegt zu werden,  kann daher unter Berücksichtigung des vorrangigen Anspruches von anerkannt Schutzbedürftigen grundsätzlich erst erfüllt werden, wenn die anerkannt Schutzbedürftigen in Folgeeinrichtungen untergebracht sind.

 

Den Personen wird durch den Betreiber auch verdeutlicht werden müssen, dass sich in den nächsten Monaten durch den weiteren Ausbau der Kapazitäten der Folgeeinrichtungen weitere Verlegungsmöglichkeiten in Folgeeinrichtungen ergeben werden, dass sich mit der Außerbetriebnahme der Schnackenburgallee aber nicht für alle Personen automatisch eine Verlegung in eine Folgeeinrichtung verbinden wird, auch wenn diese Erwartung vorhanden sein mag. Insofern geht es auch darum, den  Personen einerseits mit hoher Transparenz die Hintergründe der allgemeinen und ihrer individuellen Situation darzustellen, andererseits aber auch keine falschen Erwartungen und damit absehbare Enttäuschungen zu befördern. Ein Verbleib in den rückwärtigen Containern  wird über Ende Mai 2018 hinaus nicht vorgesehen. Den dort  untergebrachten Personen muss bewusst sein, dass eine Verlegung in jedem Fall mit der weiteren Reduzierung der Belegung der  Einrichtung  erfolgen  muss. Die Zusage, hier  in  eine bestimmte Einrichtung verlegt zu werden, wie einige untergebrachte Personen dies  wünschen, kann dabei nicht gegeben  werden. Hier wird es auf die Erfordernisse und  Möglichkeiten im Rahmen  des Belegungsmanagements  ankommen. Eine weiterhin engmaschige Betreuung der untergebrachten  Personen bleibt daher erforderlich und wird gewährleistet.

 

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass sich die Bleibeperspektiven für die Betroffenen sehr unterschiedlich darstellen. Die Unterkunftsleitung ist noch einmal auf die Möglichkeiten hingewiesen worden, die sich aus dem Aufenthaltsgesetz für Personen, für die kein Schutzbedarf anerkannt wurde, ergeben, durch die Nutzung vorhandener und verfügbarer Angebote und eigene Maßnahmen  die eigene Bleibeperspektive zu beeinflussen. Vor dem Hintergrund, dass ein großer Teil  der in der Einrichtung untergebrachten allein reisenden Männer afghanische Staatsangehörige sind, wurde auch noch einmal auf die Veröffentlichung der Behörde  für Inneres und Sport  zu der Situation dieser Staatsangehörigen hingewiesen. Dem Betreiber wurde das Angebot gemacht, hierzu auch noch einmal eine Informationsveranstaltung in der Einrichtung  durch die Ausländerbehörde durchzuführen, um gegebenenfalls  vorhandene  Informationsdefizite weiter aufzulösen. 

 

Bewohnerstruktur

Zum Zeitpunkt der bezirklichen Anfrage wohnten in der EA Schnackenburgallee 586 Menschen. Davon lebten 265 Personen in einer Familienkonstellation, 18 waren allein reisende Frauen, 303 waren allein reisende Männer.

Von den allein reisenden Männern waren 167 Männer zwischen 18 und 25 Jahre alt. Diese Bewohnergruppe stammte aus folgenden Herkunftsländern:

 

 

Herkunftsland

Anzahl

Albanien

5

Montenegro

1

Türkei

1

Algerien

4

Eritrea

5

Nigeria

4

Libyen

3

Marokko

2

Armenien

1

Afghanistan

113

Irak

14

Iran

7

Libanon

1

Syrien

3

Sonst. asiat. Staaten

3

gesamt

167

 

Seither hat sich durch die Bemühungen aller Beteiligten, die Bewohnersituation bereits weiter entspannt. Am 6. April 2018 wohnten noch 465 Personen in der Schnackenburgallee. Die Konstellation der Bewohnerstruktur hat sich folglich auch geändert, die Herkunftsländer sind im Verhältnis gleich geblieben. Auch die Belegung der sog. Dreiecksfläche, des hinteren älteren Teils der Einrichtung, konnte bereits durch Umzüge in den vorderen Bereich oder im Rahmen von Transfers in andere Unterkünfte von zunächst 90 auf rund 70 Personen reduziert werden. 

 

Gründe für die beabsichtigte Schließung des hinteren Wohnbereiches (Dreiecksfläche)

Die geplante Schließung der sog. Dreiecksfläche der EA basiert auf der Feststellung, dass der bauliche Zustand und der Standard der Unterbringung nicht mehr den aktuellen Stand und den heutigen Anforderungen entsprechen. Sämtliche Container müssten vor einer weiteren Nutzung aufwändig und kostenintensiv grundsaniert werden. Der damit verbundene finanzielle Aufwand steht in keinem ausgewogenen Verhältnis zum Nutzen. Der neuere vordere Teil der EA entspricht in seiner Bauform den heutigen Standards einer Flüchtlingsunterbringung in Wohncontainern und bietet ausreichend Platz, um die Bewohner des älteren hinteren Bereiches umziehen lassen zu können.

Da die Einrichtung zum Zeitpunkt der Entscheidung  nur zu 2/3 belegt war und die baulich abgängigen Wohncontainer des hinteren Bereiches an den Vermieter zurückgegeben werden können, wurde in enger Abstimmung mit f & w die Planung zum Umzug der  Bewohnerinnen und Bewohner entwickelt und mit der Umsetzung begonnen.

 

Planung der Schließung der Dreiecksfläche und damit verbundene Umzüge

Insgesamt sind von den Umzügen zum heutigen Zeitpunkt noch ca. 150 Bewohner und Bewohnerinnen betroffen, rd. 70 davon wohnen in dem Bereich der zu schließenden Dreiecksfläche.

Die Bewohnerinnen und Bewohner sind  seit dem 2. Februar über die geplanten Umzüge informiert. Ursprünglich wurden für die Umzugsmaßnahmen in den vorderen Teil der Einrichtung rund 14 Tage eingeplant. Bis Mitte April sollten die Umzüge abgeschlossen sein.

Zur erfolgreichen Umsetzung dieser Maßnahme wurde bis auf weiteres ein Belegungsstopp für die Einrichtung beschlossen. Darüber hinaus ist mit der Schließung der Dreiecksfläche und der Vermeidung einer dichteren Belegung die Reduzierung der Sollkapazität von 900 auf 750 Plätze verbunden.

Nach Schließung der hinteren Fläche werden die Wohncontainer abgebaut.

 

Aktuelle Bewertung der Situation

Die o. g. Einzelzimmerunterbringung von Bewohnern mit besonderen Bedarfen begründet sich vor allem durch individuellen gesundheitliche Anforderungen, psychische Erkrankungen, Suchtthematiken und der Vermeidung von Konflikten untereinander. Die Bewohner des hinteren Wohnbereichs konnten nur bedingt von den Vorteilen eines Umzugs überzeugt werden und waren mit  der geplanten Maßnahmen zunächst nicht einverstanden. Insbesondere die langen Residenzzeiten und fehlende oder unsichere Perspektiven führen zu einer latenten Unzufriedenheit, Gereiztheit und Betreuungs- und Beratungsbedürftigkeit. Gleichwohl ist es in den letzten Wochen durch intensive Beratung und Unterstützung gelungen, 20 Bewohnerinnen und Bewohner von einen Umzug zu überzeugen.  

 

Fazit und Stellungnahme

Der Unmut einzelner Akteuren beruht auch darauf, dass sie noch nicht in eine öffentlich-rechtliche Folgeunterkunft (örU) verlegt wurden. Auf Grund der besonderen Bedarfe der Bewohnerinnen und Bewohner wie z. B. teilweise benötigte Einzelzimmer oder fachliche Begleitung stehen für diesen Personenkreis nicht immer zeitnah Plätze in Folgeunterkünften zur Verfügung. Mögliche Verlegungen werden weiter geprüft und die Beratungen fortgesetzt.

Darüber hinaus werden die Bewohner mit besonderen Beratungs- und Unterstützungsbedarf unverändert engmaschig betreut. Dabei kann die künftige Unterbringung im vorderen Bereich und damit wieder in einem belebteren Umfeld auch motivations- und integrationsfördernd sowie aktivierend wirken. Insofern kann nicht grundsätzlich von einer erschwerten Betreuung und einem erhöhtem Konfliktpotenzial mit anderen Bewohnern oder eine höheren Zahl von Suiziden und Suizidversuchen ausgegangen werden.

Grundsätzlich wird aus den bereits ausgeführten wirtschaftlichen Gründen und dem schlechten Unterbringungsstandard an den Planungen zur Schließung der hinteren Fläche festgehalten. Das Ziel der Maßnahme ist die Schaffung einer höherwertigen Wohnqualität ohne Verdichtung der Wohnsituation und der Verzicht auf hohe Instandsetzungskosten sowie die Reduzierung der Mietkosten.

Nach einer weiteren Befassung mit der bisherigen Planung und den daraus resultierenden Handlungsbedarfen, wurde die beabsichtigte Schließung der hinteren Teilfläche zunächst um  zwei Monate zurückgestellt. In dieser Zeit werden alternative und individuelle Lösungen für die betroffenen Bewohner geprüft, beratende und unterstützende Gespräche geführt und sofern möglich, umgesetzt.

Sofern es zu Verlegungen innerhalb der EA kommt, wird darauf geachtet, etablierte Wohnstrukturen aufrecht zu halten und begründete Einzelunterbringungen auch nach dem Umzug sicherzustellen. Insofern kommt es mit wenigen Ausnahmen auch zu keiner Verdichtung der bisherigen Wohnsituation. Darüber hinaus werden Familien nunmehr vollständig in den Familienblock umziehen.

 

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