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Sicherung der umfassenden Auskömmlichkeit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), der Jugendsozialarbeit (JSA), der Familienförderung (FamFö) und der sozialräumlichen Angebote der Jugend- und Familienhilfe (SAJF)! Dringend den Haushalt 2025 nachsteuern und die finanzielle Ausstattung grundsätzlich deutlich verbessern! Beschlussempfehlung des Jugendhilfeausschusses

Beschlussempfehlung öffentlich

Letzte Beratung: 13.02.2025 Hauptausschuss Ö 3

Sachverhalt

Der Jugendhilfeausschuss und die Bezirksversammlung Altona haben in den vergangenen Jahren immer wieder auf die strukturelle Unterfinanzierung der oben benannten Zuwendungen hingewiesen. Nun erreicht diese mit dem laufenden Haushalt einen neuen Tiefpunkt:

In Altona wurden im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit (KJ) knapp 700.000 Euro mehr beantragt als zur Verfügung stehen und dabei sind die OKJA-Einrichtungen, die über die Sozialräumlichen Hilfen und Angebote(SHA) finanziert werden (Gesamtvolumen rund 325.000 Euro) noch nicht berücksichtigt. Dasselbe Bild zeigt sich bei der Familienförderung, ebenso bei den sozialräumlichen Angeboten der Jugend- und Familienhilfe.

Auch, wenn in den letzten Jahren die Zuweisungen erhöht wurden, ist deren Finanzierung nicht auskömmlich, da sowohl Personalkosten (Tarifsteigerungen), Betriebskosten (Energiekosten) als auch die Kosten für Materialien und Lebensmittel (Inflation) in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, und zwar deutlich mehr als der Zuwachs der Mittel. Dies führt im Bereich der OKJA beispielsweise dazu, dass nach Abzug der „unausweichlichen Kosten“ immer weniger für Honorar- und Sachmittel übrigbleibt. Die Mittel in diesem Bereich sind, trotz der durchschnittlich um 7% erhöhten Zuwendungen (bezogen auf den Anfangswert 2024, die nachgesteuerten Tarifsteigerungen sind dabei noch nicht berücksichtigt), gekürzt worden. Bereits jetzt steht fest, dass die bezirkliche Zuweisung 2025 nicht ausreicht, um den Bestand und die pädagogische Arbeit in gleichbleibender Qualität zu sichern.

Der Leiter des Amtes für Familie der Sozialbehörde hat im Landesjugendhilfeausschuss mehrfach erklärt, dass es die ausdrückliche politische Absicht sei und den Regierungswillen gäbe, alle bestehenden Einrichtungen der OKJA in ihrem pädagogischen Angebot und ihrer fachlichen Qualität zu sichern. Tarifsteigerungen seien in den Rahmenzuweisungen berücksichtigt und die Erhöhung der Rahmenzuweisungen solle diesen Anspruch ermöglichen. Die Sozialbehörde wolle ausdrücklich den Bestand sichern. Dies ist mit den aktuellen Geldern nicht der Fall.

Eine bedarfsdeckende, auskömmliche Finanzierung sieht anders aus. Seit Jahren weisen der Jugendhilfeausschuss und die Bezirksversammlung Altona auf die strukturelle Unterfinanzierung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der Familienförderung hin und bekunden ihre Sorge ob der genannten Entwicklungen.

Nach einstimmiger Auffassung des Jugendhilfeausschusses Altona wird auf die in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Bedarfe der Jugendhilfe nicht auskömmlich reagiert. Die mangelhafte materielle und personelle Ausstattung führt dazu, dass die hohen auch gesetzlichen geforderten Ansprüche an eine gelingende inklusive Kinder-, Jugend- und Familienarbeit durch den Bezirk nicht mehr ausreichend gewährleistet werden können. Dabei ist zu betonen, dass die Unterdeckung nicht durch eine Ausweitung der Angebote entsteht, obwohl diese in einer wachsenden Stadt notwendig wären, sondern sich bereits deutlich in dem Erhalt des jetzigen Status Quo zeigt. Diese Situation ist für die Einrichtungen und Projekte der OKJA/JSA/FamFö/SAJF untragbar.

Die Kinder- und Jugendarbeit leistet in Altona und Hamburg einen bedeutenden und unverzichtbaren Beitrag in der Entwicklung und Sozialisation junger Menschen. Für viele Kinder und Jugendliche sind die Einrichtungen ein Ort, an dem verlässliche Beziehungen erlebt und identitätsbildendeErfahrungen gesammelt werden, sie bildungspolitische Prozesse kennenlernen und ihre Freizeit gestalten. Ihre Einrichtungen bieten den Kindern und Jugendlichen einen offenen, niedrigschwelligen Zugang mit vielen attraktiven, beitragsfreien Angeboten, vor allem in benachteiligten Stadtteilen.

Die betreffenden Einrichtungen übernehmen mit ihrer offenen und niedrigschwelligen Zugangsstruktur gerade in diesen herausfordernden Zeiten, eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie tragen jeden Tag zur Persönlichkeitsentwicklung, Selbstorganisation und Bildung junger Menschen bei. Die in den Einrichtungen geleistete Arbeit ist insbesondere im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen mit der Zunahme von rassistischen, sexistischen und queerfeindlichen Übergriffen ein Ort der Demokratiebildung, eine Möglichkeit, die Bereicherung von Vielfalt zu erleben und einen diskriminierungsarmen, geschützten Raum zu erfahren ganz im Sinne der Altonaer Deklaration, die hier praxisnah und unter Beteiligung der Besucher:innen umgesetzt wird.

In den letzten Jahren stiegen Arbeitsbelastungen und Arbeitsanforderungen in der pädagogischen Arbeit durch neu hinzugekommene Aufgaben und Erwartungen, durch die Erhöhung der Arbeitskomplexität und der Arbeitsverdichtung. Dadurch ist deutlich zu erkennen, dass eine Erhöhung der benannten Zuweisungen zwingend notwendig ist, um die bisherigen Einrichtungen und Angebote weiterhin zu gewährleisten sowie bedarfsgerecht auf die Entwicklungen einer wachsenden Stadt eingehen zu können. Deshalb muss eine Überprüfung der Mittelvergabe und eine nachhaltige Finanzierung vorgenommen werden, um die wertvolle Arbeit für die Kinder und Jugendlichen zu sichern.

Exemplarisch sind hier einige der (finanziellen) Herausforderungen benannt:

  • Deutliche Zunahme von Fällen teils starker psychischer Belastungen bei Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Alleinerziehenden
  • Erhöhter Bedarf an psychosozialer Beratung
  • Arbeit mit (jüngeren) Geflüchteten, auch in den Unterkünften
  • Inklusion und Barrierefreiheit, gesetzliche Aufgaben, insbesondere das Kinder- Jugendstärkungsgesetz
  • Ausbau und Umsetzung der Beteiligung
  • Verschärfung der Problematiken in Familien durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel großes Thema: Hunger, dies bedeutet Zunahme der Lebensmittelkosten für Einrichtungen
  • Zusätzliche Angebote im digitalen Bereich, Digitalisierung
  • Erhöhter Bedarf an Supervision und Fortbildung
  • Erhöhter Anteil der Netzwerkarbeit
  • Zunahme des Aufwands für die finanzielle Sicherung der Einrichtungen durch verschiedene Anträge (Sondertöpfe, Stiftungen)
  • Erhöhter Verwaltungsaufwand durch Raumkoordination
  • Starke Steigerung der Betriebs- und Honorarkosten

Der Aufgabenzuwachs, sowohl in Menge als auch Intensivität, ist mit der bisherigen Personalkapazität nicht mehr zu leisten. Das Arbeitsfeld wird so zunehmend unattraktiv und der Fachkräftemangel wirkt sich aus.

Obendrein bleiben bei der Bemessung der Mittelzuweisung insbesondere der deutliche Bevölkerungsanstieg in der Zielgruppe der Maßnahmen nach SGB VIII, eine starke Nachverdichtung in ohnehin bereits belasteten Quartieren und die Schaffung zahlreicher Neubaugebiete unberücksichtigt. Altona ist in den letzten 20 Jahren erheblich gewachsen; neue Wohnquartiere sind entstanden und Sozialräume haben sich verändert! Und Altona wird weiterhin wachsen. In den Quartieren rund um die Mitte Altona und in Bahrenfeld sind eine große Vielzahl an neuen Wohnungen geplant. Auch die Einrichtungen für geflüchtete und hier Schutz suchende Menschen in Altona bedingen neue und zusätzliche Bedarfe. Hier muss zwingend die Schaffung einer die neuen und zusätzlichen Bedarfe deckenden sozialen Infrastruktur folgen, was ohne eine erhebliche Ansatzverstärkung der Zuwendungen nichtglich sein kann. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass auch mit der Nachverdichtung bereits belasteter Stadtteile steigende Herausforderungen an die Angebote der Jugendarbeit verbunden sind. Hier müssen dringend weitere Freiräume für junge Menschen geschaffen werden.

Da bereits der Status quo der jetzigen Einrichtungen und Angebote mit den derzeitigen Mitteln nicht gewährleistet werden kann, ist eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der OKJA ebenso wenig möglich, wie eine echte Jugendhilfeplanung. Das hat mit Gestaltung nichts zu tun! Hier bedarf es einer sehr deutlichen Ansatzverstärkung und am Ende wird dies bei einer Gesamtbetrachtung auch nicht wirklich teurer werden. Eine gelingende und auskömmlich finanzierte offene und niedrigschwellige Arbeitmit Kindern, Jugendlichen, Jungerwachsenen und Familien wird nämlich mittel- und langfristig einen Anstieg bei den teuren Einzelmaßnahmen der Hilfen zur Erziehung führen.

Der Jugendhilfeausschuss Altona empfiehlt dem Hauptausschuss einstimmig, stellvertretend für die Bezirksversammlung folgenden Beschluss zu fassen.

  1. Die Sozialbehörde wird nach § 27 BezVG gebeten, die durch die bisherigen Zuweisungen nicht gedeckten Fehlbedarfe an Honorar- und Sachmittel in Höhe von 220.000 Euro für 2025 in die Rahmenzuweisungen nachzusteuern.

Ausdrücklich möchten die Bezirksversammlung und der Jugendhilfeausschuss darauf hinweisen, dass diese Summe ausschließlich dazu dient, den Bestand der Einrichtungen und Angebote auf dem Stand von 2024 zu sichern.

  1. Die Bezirksversammlung weist auf die hierzu bereits in der Vergangenheit erfolgten Beschlusslagen hin und appelliert erneut an die politisch Verantwortlichen in der Hamburgischen Bürgerschaft sowie gemäß § 27 BezVG an den Senat und die weiter zuständigen Fachbehörden, insbesondere die Finanzbehörde, die Zuweisungen im Bereich der Jugendhilfe auskömmlich zu gestalten und insoweit deutlich zu erhöhen, damit auch ein Mindestpersonalstandard von zwei Vollzeitstellen pro Einrichtung und der Ausbau der Einrichtungsinfrastruktur insbesondere in neu errichteten und unterversorgten Wohnungsgebieten erfolgen kann.
Petitum/Beschluss

:

Der Hauptausschuss wird stellvertretend für die Bezirksversammlung um Zustimmung gebeten.

Bera­tungs­reihen­folge
Datum/Gremium
TOP
13.02.2025
Ö 3
Anhänge

ohne

Lokalisation Beta
Bahrenfeld

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