22-1217

Seenotrettung – Hamburg übernimmt Fördermitgliedschaft Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 22.05.2025

Mitteilungsdrucksache öffentlich

Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Altona hat in ihrer Sitzung vom 22.05.2025 anliegende Drucksache 22-0728.3B beschlossen.

Die Senatskanzlei (SK) hat mit Schreiben vom 08.07.2025 wie folgt Stellung genommen:

Es bestehen erhebliche Zweifel, dass die Beschlussempfehlung eine Angelegenheit betrifft, die für den Bezirk von Bedeutung ist im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 BezVG. Denn die Seenotrettung gehört gemäß § 1 Nr. 7 des Seeaufgabengesetzes zu den Aufgaben der Bundesverwaltung im Sinne von Art. 89 Abs. 2 Satz 2 GG. Eine Verwaltungs- oder Rechtssetzungskompetenz der FHH besteht in diesem Bereich nicht.

Die völkerrechtlichen Regelungen im Bereich der Seenotrettung sowie ihre Umsetzung in das Bundesrecht bestätigen dies. Gemäß internationalem Seerecht (geregelt unter anderem im Seerechtsübereinkommen (SRÜ), den SOLAS-Abkommen und dem Internationalen Übereinkommen von 1979 zur Seenotrettung) sind alle Küstenstaaten verpflichtet, in ihrem Seegebiet die Rettung Schiffbrüchiger durch geeignete Mittel sicherzustellen. Der Bund hat diese Aufgabe für die deutschen Gewässer und die deutsche SAR-Region der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger übertragen. Die Seenotrettung im Mittelmeer fällt nach der völkerrechtlichen Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit des jeweiligen Küstenstaates für sein Seegebiete sowie seine SAR-Regionen. Für den Bereich der hohen See besteht wiederum die völkerrechtliche Pflicht aller Staaten, jeden Kapitän eines ihre Flagge führenden Schiffes zu verpflichten, jeder Person, die auf See in Lebensgefahr angetroffen wird, Hilfe zu leisten und so schnell wie möglich Personen in Seenot zu Hilfe zu eilen, wenn ervon ihrem Hilfsbedürfnis Kenntnis erhält, soweit diese Handlung vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl. Art. 98 des SRÜ der Vereinten Nationen). Diese Pflicht ist durch § 1 Abs. 1 und 2 des Schiffssicherheitsgesetzes im Bundesrecht umgesetzt.

Da ein mit der Pflicht zur Seenotrettung korrespondierendes Recht zum Einlaufen in den nächstgelegenen Hafen im Völkerrecht nicht besteht, sondern nur im Notfall aus dem allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als sog. Nothafenrecht abgeleitet werden kann (vgl. Lenk, ZaöRV 2019, 713 ff., m.w.N. aus der völkerrechtlichen Literatur), dürfte jede erfolgreiche Rettung im Mittelmeer durch ein unter deutscher Flagge fahrendes Schiff im Übrigen zugleich eine auswärtige Angelegenheit begründen. Diese nimmt der Auswärtige Dienst wahr (vgl. Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG), der im Einvernehmen mit dem nächsten Küstenanrainerstaat bestimmt, welchen Hafen das Schiff anlaufen soll (nächster Anrainerhafen oder Flaggenstaat des Schiffs) und in welchem Staat die geretteten Personen an Land gehen können (sog. Ausschiffen). Ferner sind in diesen Fällen Fragen des Vollzugs des deutschen Aufenthalts- und Asylrechts und des unionalen Flüchtlingsrechts betroffen.

Dies alles zeigt, dass die Seenotrettung im Mittelmeer ausschließlich Angelegenheiten des Bundes und/oder der Europäischen Union berührt. Dass und inwieweit diese für den Bezirk Altona von Bedeutung sein sollen, geht auch aus der Beschlussempfehlung nicht hervor.

Finanzverfassungsrechtlich ist zudem zu erinnern, dass das Budgetinitiativrecht des Senats und das Budgetbewilligungsrecht der Bürgerschaft nicht durch eine „Aufforderung“ bzw. Empfehlung nach § 27 BezVG unterlaufen werden können.

Schließlich bestehen durchgreifende haushaltsrechtliche Bedenken: Tronc-Mittel werden für Zuwendungen nach § 46 LHO eingesetzt. Eine Fördermitgliedschaft ist jedoch keine Zuwendung im Sinne von § 46 Abs. 1 LHO, da sie einen Mitgliedsbeitrag darstellt, der aufgrund des Mitgliedschaftsverhältnisses zu entrichten ist (vgl. Nr. 1.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 46 LHO). Eine Finanzierung der Mitgliedschaft über Tronc-Mittel ist daher (haushalts-)rechtlich ausgeschlossen. Im Übrigen sind auch die Tronc-Mittel im Haushaltsplan veranschlagt und damit Mittel des Landeshaushalts. Die Bürgerschaft beschießtüber die Verwendung der Tronc-Mittel (s. zuletzt Drs. 22/17228).

Vor diesem Hintergrund wird von einer weiteren Stellungnahme abgesehen.

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.

Lokalisation Beta

Keine Orte erkannt.

Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.