Schwerverletzte und Tote im Straßenverkehr 2023 Vision ZERO Hamburg Auskunftsersuchen von Lars Andersen, Gesche Boehlich, Lars Boettger, Stephanie Faust-Weik-Roßnagel, Heidi Fitschen, Benjamin Harders, Rolf Stünitz und Dana Vornhagen (alle Fraktion GRÜNE)
Letzte Beratung: 20.06.2024 Hauptausschuss Ö 9.15
Im Jahr 2007 hat sich Hamburg als Mitglied des Deutschen Verkehrssicherheitsrats zur Vision Zero als Grundlage der Verkehrssicherheitsarbeit verpflichtet. Keine Toten und keine Schwerverletzten sind das Ziel der Vision Zero. Diese ethische Sichtweise steht im Einklang mit den Wertevorstellungen unserer Gesellschaft. Um das Ziel zu erreichen, muss das Menschenmögliche getan werden. Für die Verkehrssicherheitsarbeit ist die Erkenntnis entscheidend, dass sich Menschen oft nicht fehlerfrei verhalten. Daher muss ihr Umfeld – Fahrzeuge und Infrastruktur – so gestaltet werden, dass schwere Crashs verhindert werden.
Die Bundesregierung hatte für den Zeitraum 2011 – 2020 das Ziel ausgegeben, dass die Zahl der Getöteten um 40 % sinken sollte. Für den Zeitraum 2021 bis 2030 wurde das Ziel als „gemeinsame Strategie für die Verkehrssicherheitsarbeit – Pakt für Verkehrssicherheit“ erneuert. Die EU-Kommission möchte die Zahl der Verkehrstoten bis 2050 auf null senken.
Während sich die Zahl der Schwerverletzten in Hamburg über zehn Jahre leicht reduziert hat, lag die Zahl der Verkehrstoten 2023 oberhalb des Durchschnitts der letzten zehn Jahre.
Jahr |
2014 |
2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
2021 |
2022 |
2023 |
ø |
Schwer-verletzte |
812 |
880 |
830 |
850 |
856 |
777 |
721 |
771 |
821 |
702 |
802 |
Tote |
38 |
20 |
29 |
28 |
29 |
28 |
15 |
21 |
24 |
28 |
26 |
Die 1997 in Schweden beschlossene „Nullvision“ berücksichtigt die begrenzte „biologische Toleranz des Menschen gegenüber äußerer Gewalt. [...] Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h angefahren werden, überleben. Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h angefahren werden, sterben.“ (Vagverket/Schwedisches Zentralamt für Straßenwesen: Die Nullvision in Schweden https://www.dvr.de/fileadmin/downloads/vision-zero/vision-zero-vaegverket.pdf)
Im Juni 2021 hat der Bundesrat folgende Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VWV-StVO) zu § 1 StVO, Grundregeln beschlossen: „Oberstes Ziel ist dabei die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.“
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat 2020 eine StVO-Novelle durchgesetzt, die die Schwächeren besser schützen soll, insbesondere Fußgänger und Radfahrer. Sie sei die fahrradfreundlichste Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung, die es je gab: „Mit einem Mindestüberholabstand, Überholverbot an Engstellen, Schrittgeschwindigkeit beim Rechtsabbiegen von Lkw, Halteverbot auf Schutzstreifen, erleichterte Einrichtung von Fahrradzonen.“ Von den 2020 neu eingeführten Verkehrszeichen hat die Straßenverkehrsbehörde erstmals im Bezirk Altona Haifischzähne (Zeichen 342) an einer unübersichtlichen Kreuzung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit einrichten lassen. Im Bezirk Altona werden nach und nach 30 km/h-Strecken im Umfeld von sozialen Einrichtungen wie in der Blankeneser Landstraße eingerichtet. Besonders im Fokus steht im Jahr 2024 die Verbesserung der Schulwegsicherheit.
Vor diesem Hintergrund ersuchen wir die Behörde für Inneres und Sport gemäß § 27 BezVG um Auskunft:
Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) beantwortet die Fragen wie folgt:
Zu 1:
Siehe Anlage 1.
Zu 2:
Siehe Anlage 2.
Zu 3:
Hauptunfallursache |
Anzahl VU |
Abbiegen |
7 |
Abstand |
2 |
Einfahren |
2 |
Fahrbahnüberquerung durch Fußgänger |
38 |
Fehlverhalten gegenüber Fußgänger |
33 |
Nebeneinanderfahren |
1 |
Rotlichtverstoß |
2 |
Sonstige Fehler des Fahrzeugführers |
22 |
Sonstiger Fußgängerfehler |
34 |
Straßenbenutzung |
3 |
Wenden/Rückwärtsfahren |
9 |
Gesamtergebnis |
153 |
Zu 4:
Der nachfolgenden Tabelle sind die Hauptunfallursachen aller Verkehrsteilnehmenden zu entnehmen, wenn diesen eine Ursache zugewiesen wurde.
Ursache |
Anzahl |
Abbiegen |
7 |
Abstand |
2 |
Einfahren |
2 |
Fahrbahnüberquerung durch Fußgänger |
45 |
Fehlverhalten gegenüber Fußgänger |
34 |
Geschwindigkeit |
1 |
Nebeneinanderfahren |
1 |
Rotlichtverstoß |
2 |
Sonstige Fehler des Fahrzeugführers |
29 |
Sonstiger Fußgängerfehler |
37 |
Straßenbenutzung |
4 |
Wenden/Rückwärtsfahren |
9 |
Gesamtergebnis |
173 |
Zu 5:
Alle in Hamburg bestehenden Unfallhäufungsstellen (UHS) werden im Rahmen der straßenverkehrsbehördlichen Bearbeitung bzgl. erforderlicher Maßnahmen geprüft und im Weiteren polizeiliche sowie straßenbaubehördliche Maßnahmen eingeleitet. Die zentrale Bearbeitung von UHS in der Unfallkommission für das Jahr 2023 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Unfallstelle |
Grund |
Zeitpunkt der Behandlung in der zentralen Unfallkommission |
Waitzstraße |
Ein- und Ausparkproblematik in der dortigen Geschäftsstraße |
19.01.2023 |
Osdorfer Landstraße 1a |
Tödlicher Verkehrsunfall (29.08.2023) |
13.09.2023 |
Zu 6:
Die Präventionsarbeit stellt neben den Säulen der repressiven Maßnahmen und baulichen Anpassungsmöglichkeiten einen wichtigen Part der Verkehrssicherheit dar. Im aktuellen Koalitionsvertrag wurde sich zu der europäischen Verkehrssicherheitsstrategie „Vision Zero“ bekannt. Ebenfalls im Koalitionsvertrag wurde die städtische Verkehrssicherheitskampagne „Hamburg gibt Acht!“ verankert, was die Wichtigkeit des Themas zusätzlich unterstreicht. Die Verkehrssicherheitskampagne „Hamburg gibt Acht!“ bringt Hamburgerinnen und Hamburgern seit 2019 das bessere Miteinander im Straßenverkehr näher.
Auch die Polizei reagiert fortlaufend auf die dynamische Unfalllage und entwickelt die Verkehrssicherheitsarbeit zielgerichtet weiter. Um insbesondere für ungeschützte Verkehrsteilnehmende den Straßenverkehr sicherer zu gestalten und alle Verkehrsteilnehmenden bzgl. der Einhaltung der Verkehrsregeln zu sensibilisieren, beteiligt sich die Polizei Hamburg an vielen Verkehrssicherheitskampagnen (u. a. ROADPOL, „sicher.mobil.leben“, „Hamburg gibt Acht!“) und fokussiert sich mit der eigenen Konzeption „Mobil. Aber sicher!“ auf die Bekämpfung der Hauptunfallursachen.
Gleichwohl sind die konkreten Auswirkungen insbesondere der Präventionsarbeit auf die einzelnen Verkehrsteilnehmenden nur schwer zu messen.
:
Der Hauptausschuss wird um Kenntnisnahme gebeten.
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