Mehr Aufenthaltsqualität, mehr Platz für zu Fuß Gehende und Radfahrende, bei einer angemessenen Erreichbarkeit der vielfältigen Nutzungen, dies sind die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Modellversuch „Ottensen macht Platz“. Eine Entwicklung, die in vielen deutschen Städten auf der Agenda steht und auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur dazu veranlasst hat, im Dezember 2019 zusammen mit der Verkehrsministerkonferenz der Länder, dem Städtetag, dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindebund ein „Bündnis für moderne Mobilität“ ins Leben zu rufen. Es gilt, den ÖPNV und den nicht motorisierten Individualverkehr im Sinne einer nachhaltigen Verkehrswende zu fördern.
Mit einer schlichten Sperrung von drei Straßen für den Autoverkehr ist es dabei nicht getan. Notwendig ist eine Umgestaltung von Straßenräumen, die auch den Interessen von Handel und Gewerbe, nach einer Erreichbarkeit des attraktiven Geschäftszentrums Ottensens für Kunden und Lieferanten und den berechtigten Individualinteressen von Anwohnerinnen und Anwohnern und Besucherinnen und Besuchern nach einer begrenzten Nutzung des Autos gerecht wird.
Eine Erkenntnis, die auch die Ergebnisse des Modellversuches in Ottensen kennzeichnet. Die große Mehrheit der Beteiligten und Befragten befürwortet eine Veränderung zu Gunsten von Fußverkehr und Radverkehr, allerdings weit überwiegend verbunden mit einer Umgestaltung des Straßenraumes. Nur eine Minderheit würde die Fortsetzung der Regelungen im Rahmen des Modellversuches befürworten, welche zudem viele ungelöste Fragen im Hinblick auf Ausnahmeregelungen und deren Kontrolle hinterlassen.
Gefragt sind daher umsichtige und nachhaltige Lösungen, die den gesamten Stadtteil sowie alle Nutzergruppen und Verkehrsteilnehmenden umfassen und welche die mittlerweile äußert kontrovers geführte Diskussion zurückführen auf einen konstruktiven Dialog des Miteinanders.
Eine umfassende Beteiligung aller Betroffenen im Vorwege und während etwaiger Verkehrsmaßnahmen ist dabei zwingend. Auch dies ist eine wichtige Lehre aus dem Projekt „Ottensen macht Platz“.
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung Altona beschließen:
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Vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Modellversuchs „Ottensen macht Platz“ spricht sich die Bezirksversammlung Altona für eine Umgestaltung der Straßen im bisherigen Projektgebiet zugunsten von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden und der Aufenthaltsqualität aus. Dabei sind Effekte auf die umliegenden Straßen (z. B. Verlagerung des Stellplatzdrucks) zu berücksichtigen. Auf die Bedürfnisse der direkt betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner und Gewerbetreibenden ist dabei Rücksicht zu nehmen.
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Das Bezirksamt wird gem. § 19 (2) BezVG aufgefordert, bei den zuständigen Fachbehörden zusätzliche Haushaltsmittel für eine Umgestaltung der Straßen im bisherigen Modellgebiet einzuwerben. Hierfür wird die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation gemäß § 27 BezVG gebeten, entsprechende Mittel im Rahmen des im Dezember 2019 zwischen Bund, Ländern und Kommunen vereinbarten „Bündnis für moderne Mobilität“ einzuwerben. Auf Basis der umfangreichen Erkenntnisse aus dem Projekt „Cities4People“ bzw. aus der Evaluation des Modellversuchs soll Ottensen einen Pilotcharakter für die Umgestaltung von Straßenräumen innerhalb Hamburgs erhalten.
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Das Bezirksamt wird gem. § 19 (2) BezVG aufgefordert, die konkrete Form der Umgestaltung der Straßen von Verwaltung und Politik im Dialog mit Anwohnerinnen und Anwohnern und Gewerbetreibenden entwickeln zu lassen. Dies soll bis zum Jahresende 2020 geschehen. Grundlage hierfür soll eine durch das Bezirksamt beauftragte, gründliche Analyse der Verkehrsverhältnisse und Mobilitätsbedürfnisse im gesamten Stadtteil sein. Eine Entwidmung der Verlängerung der Ottensener Straße und ggf. auch der anliegenden Straßen hin zu einer Fußgängerzone ist dabei eine von verschiedenen möglichen Optionen. Angesichts der Interessen von Handel und Gewerbe und der Belange des Radverkehrs sind verschiedene Varianten im Hinblick auf ihre Akzeptanz vor Ort und rechtliche Machbarkeit zu prüfen. Die Umsetzung der Verkehrswende im Quartier erfordert Regelungen für Radfahrende (einschließlich der Abstellflächen), die bestehende Nutzungskonflikte mit zu Fuß Gehenden minimieren.
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Die Bezirksversammlung Altona nimmt angesichts des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hamburg zur Kenntnis, dass eine Wideraufnahme der bisherigen Sperrungen auf Basis des geltenden Straßenverkehrsrechts nicht in Betracht kommt. Ein erneuter Versuch auf Grundlage eines veränderten § 45 StVO ist aus Sicht der Bezirksversammlung keine Option, da bereits ein Versuch durchgeführt wurde.
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Mit Blick auf den Zeitraum bis zu einer Umgestaltung der Straßen sind Maßnahmen zu treffen, welche bereits jetzt den Autoverkehr und dessen Folgen mindern, gleichwohl die Autoerreichbarkeit insbesondere für Gewerbetreibende und mobilitätseingeschränkte Menschen ermöglichen. Die zuständige Straßenverkehrsbehörde wird daher gemäß § 27 BezVG aufgefordert, das bisherige Projektgebiet als „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. d der StVO mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h auszuweisen. Die Flächen für den ruhenden Verkehr sind zu reduzieren und nur in Form von Ladezonen und gebührenpflichtig bewirtschafteten Kurzzeitparkplätzen vorzuhalten. Die Bezirksversammlung verbindet dies mit der Aufforderung, in den umliegenden Straßen schnellstmöglich das bereits geplante Bewohnerparken einzuführen.
- Das Bezirksamt wird gemäß § 19 (2) BezVG aufgefordert, in Abstimmung mit dem Verkehrsausschuss für entfallende Parkplätze ausdrücklich Sondernutzungen für kulturelle und sonstige Zwecke wie z. B. die Einrichtung von switchh Punkten, Fahrradhäuschen etc. im Sinne von „Ottensen macht Platz“ zu ermöglichen – unter Berücksichtigung der Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner.