Geruchsbelästigung in Stellingen/Bahrenfeld Auskunftsersuchen von Lars Andersen, Benjamin Harders, Nadine Neumann, Holger Sülberg (Fraktion GRÜNE), Dr. Kaja Steffens (CDU-Fraktion), Andreas Bernau, Sabine Köster (SPD-Fraktion), Karsten Strasser (Fraktion DIE LINKE) und Wolf Achim Wiegand (FDP-Fraktion)
Seit 2016 erreichen die Bezirksversammlung Altona Beschwerden über Schwefel- oder Asphaltgerüche in Stellingen. Immer wieder klagen Anwohner*innen über Gesundheitsbeeinträchtigungen wie beispielsweise Atemprobleme, Hustenreiz, Augenreizungen. Betroffene vermuten die Emissionsquelle bei einem Asphaltwerk der Firma ASPA/Kemna in Bahrenfeld. Dem Bezirksamt Altona liegt eine umfassende Beschwerdelage vor.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) gem. § 27 BezVG:
Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) beantwortet die Fragen wie folgt:
Zu 1:
Die BUE hat am 20.02.2017 fernmündlich von der Polizei (WSP 51) Kenntnis von einer Strafanzeige gegen die ASPA GmbH erhalten. Die Strafanzeige selbst liegt der BUE nicht vor. Im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens wurden 2018 von der Polizei verschiedene Informationen zum Asphaltmischwerk (Genehmigungsbescheide, Messberichte, Gutachten, Sicherheitsdatenblätter) abgefordert.
Die Beschwerden über Geruchsbeeinträchtigungen im Umfeld der ASPA GmbH werden bei der BUE jeweils mit Datum, Ort und der vorherrschenden Windrichtung tabellarisch erfasst (s. Anl. 1). Beschwerden, bei denen die ASPA GmbH aufgrund der Windrichtung nicht als Verursacher in Betracht kommt, werden gekennzeichnet; ebenso Orte, die keinen ständigen Aufenthaltsort von Personen darstellen.
Die tabellarische Auflistung der zum betreffenden Zeitpunkt bei der ASPA GmbH stattfindenden Produktionsprozesse erfolgt nicht, da bereits nach mehreren Beschwerden sichtbar wurde, dass die Beschwerden nicht einem einzelnen Prozess zugeordnet werden können. Zum Zeitpunkt der Beschwerden werden meistens 5-7 Prozesse in der Anlage gleichzeitig durchgeführt, so dass keine bestimmte Quelle als Verursacher der Gerüche identifiziert werden kann.
Auch wurde auf die tabellarische Erfassung der Beschreibung der Geruchsart verzichtet, da diese Aussagen sehr subjektiv sind und häufig keine eindeutige Zuordnung zu Betrieben/Prozessen ermöglichen.
Alle Beschwerden werden einzeln mit einem Auszug aus dem Hamburger Luftmessnetz zur vorherrschenden Windrichtung und den Angaben des Betriebs, welche Betriebszustände zum Zeitpunkt der Beschwerde vorlagen, erfasst.
Zu 2:
Bei westlichen und südwestlichen Winden kommt es häufig zu Geruchsbelästigungen im Wohngebiet Stellinger Linse, häufig in den frühen Morgenstunden und vormittags.
Zu 3:
Eine Systematik lässt sich aufgrund der Auswertung der Produktionsprozesse nicht erkennen. Beim Auftreten der Geruchsbeschwerden werden durchschnittlich 5-7 verschiedene Produktionsschritte gleichzeitig durchgeführt, so dass eine eindeutige Zuordnung nicht möglich ist.
Zu 4:
Beim Asphaltmischwerk werden umfangreiche Daten erfasst; neben den Rezepturen auch die Temperatur bei der Verladung, die Produktionszeiten bezogen auf die verschiedenen Herstellungsprozesse und Anlagenstörungen. Die für das Produkt relevanten Daten werden in einem Chargenprotokoll festgehalten.
Zu 5:
Als geruchsrelevante Produktionsprozesse kommen in Betracht:
Herstellung von Asphalttragschicht und von Gussasphalt (5 Standardmischgutarten mit ca. 70 verschiedenen Rezepturen), Verladung des Asphalts, Betrieb der Paralleltrommel zum Erwärmen des Recyclingmaterials, Bitumenent- und -verladung, Herstellung Polymerbitumen-Bitumen (PmB – mit ca. 50 Rezepturen), Verladungen PmB, Herstellung PmB-Hochkonzentrat.
Zu 6:
Die ASPA GmbH betreibt auf dem Betriebsgrundstück folgende Anlagen gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bzw. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV):
* Hinweis: nach aktuellem Stand des Anhangs der 4. BImSchV: Ziffer 8.11.2.2 und 8.12.2
Die Festlegung der Emissionsgrenzwerte erfolgte im Genehmigungsbescheid vom 04.04.2006 entsprechend den Emissionswerten der Technischen Anleitung Luft (TA Luft).
Folgende Abgas-Grenzwerte wurden am Kamin des Asphaltmischwerks festgelegt:
Stickstoffoxide 350 mg/m³
Kohlenmonoxid 1,0 g/m³ Brennstoff Braunkohlenstaub
0,50 g/m³ Brennstoff Heizöl
Gesamt-C 50 mg/m³
Benzol 5 mg/m³
Gesamtstaub 20 mg/m³
Schwefeloxide 350 mg/m³
Folgende Abgas-Grenzwerte wurden im Abgas der Thermalölanlage festgelegt:
Stickstoffoxide 0,25 g/m³
Kohlenmonoxid 80 mg/m³
Rußzahl < 1
Die Festlegung der Geruchsimmissionswerte erfolgte entsprechend der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL).
Die Geruchshäufigkeiten (prozentualer Anteil der Jahresstunden) der Asphaltmischanlage einschließlich der Bitumenrückgewinnungsanlage dürfen die nachfolgend festgelegten Immissionswerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) nicht überschreiten:
Industrie- und Gewerbestandorte 7,5 %
Wohn- und Mischgebiete
5 %
Die gesetzlichen Grenzwerte haben sich seit der Festsetzung im Bescheid nicht verändert.
Zu 7:
Nein. Es wurden keine Änderungen nach § 15 BImSchG angezeigt bzw. keine Genehmigungen für wesentliche Änderungen erteilt. Es wurden weder die Produktionsmengen ausgeweitet noch die Produktionsweise geändert.
Zu 8:
Schon aufgrund der teilweise vorherrschenden Windrichtungen bei den Beschwerden kommt die ASPA GmbH in einigen Fällen als Verursacher nicht in Betracht. Eine eindeutige Zuordnung zu einem anderen Betrieb konnte bislang nicht erfolgen. In einigen Fällen ist es im ganzen westlichen Hamburg großflächig zu Geruchsbeeinträchtigungen (wie Brandgeruch) gekommen, deren Verursacher nicht gefunden werden konnte.
Zu 9:
Regelhaft werden alle 3 Jahre wiederkehrende Emissionsmessungen durchgeführt, die letzten in 2017:
Der Grenzwert von Gesamtstaub (20 mg/m³) wurde bei der ersten
Messung im Juni 2017 überschritten. Daraufhin erfolgten im September
2017 Wiederholungsmessungen, bei denen die Einhaltung des
Grenzwertes nachgewiesen wurde.
Aufgrund der Beschwerden wurden zusätzlich folgende Messungen veranlasst:
Im Industriegebiet kommt es in unmittelbarer Nähe des Asphaltmischwerks kleinräumig zu Überschreitungen des Immissionsgrenzwertes.
Für kontinuierliche Emissionsmessungen sind keine Grenzwerte
festgelegt.
Asphaltmischwerks kleinräumig zu Überschreitungen des
Immissionsgrenzwertes.
Die Einhaltung der Grenzwerte wurde nachgewiesen.
Zu 10:
Emissionsmessungen können nicht ohne Vorankündigung erfolgen, da sie einen erheblichen technischen und organisatorischen Messaufwand mit sich bringen.
Die Anforderungen an die Messungen ergeben sich aus der TA Luft (Messzeiten, Anzahl der Probenahmen etc.) und den entsprechenden DIN-Vorschriften. So müssen bei den Messungen die Produktionsbedingungen mit den höchsten Emissionen erfasst werden, der Einsatz verschiedener Brennstoffe etc.
Für die Sicherstellung der o.g. Anforderungen sind die offiziell anerkannten Messinstitute als Sachverständige Stellen nach § 29 b BImSchG verantwortlich. Der Messplan ist mit der Behörde abzustimmen und der Messtermin bekannt zu geben, so dass Behördenvertreterinnen und -vertreter daran teilnehmen können.
Die Messungen beim Asphaltmischwerk wurden vom Institut für Hygiene und Umwelt / Umweltuntersuchungen, das auch die Messinstitute zulässt und kontrolliert, begleitet.
Zu 11:
Nein. Die nächstgelegene Station des Luftmessnetzes befindet sich an der Kieler Straße. Hier werden Staub (PM 10), SO2, NO2 und NO als Schadstoffe gemessen.
Auch weisen die Stationen des Hamburger Luftmessnetzes keine Überschreitungen der geltenden Immissionsgrenzwerte für SO2 auf. NO2-Immissionsgrenzwertüberschreitungen finden sich in Hamburg nur an wenigen Straßenabschnitten mit hoher Verkehrsbelastung und schluchtartiger Randbebauung.
Eine Zuordnung von Immissionswerten/Peaks der Stationen zu bestimmten Quellen/Anlagen ist nicht möglich.
Zu 12:
Im Wohngebiet sind momentan keine Immissionsmessungen geplant. Zunächst werden noch weitere Emissionsminderungsmaßnahmen an der Anlage umgesetzt, deren Wirksamkeit der BUE mit Emissionsmessungen nachzuweisen ist.
Zu 13:
Die Festlegung der Geruchsimmissionsgrenzwerte im Bescheid des Asphaltmischwerks und auch die Beurteilung der Ergebnisse der Immissionsprognose erfolgten entsprechend der GIRL.
Zu 14:
Im Rahmen des Messprogramms wurde auch die Schornsteinhöhe überprüft und dabei festgestellt, dass der Schornstein geringfügig um 3 m erhöht werden muss. Diese bauliche Maßnahme wurde im Rahmen der Winter-Wartung der Anlage im Februar 2019 bereits durchgeführt.
Die Umsetzung folgender größerer Maßnahmen ist noch geplant:
Für diese Maßnahmen ist ein Genehmigungsantrag gemäß § 16 BImSchG erforderlich. Der Antrag wird zurzeit von der ASPA GmbH erstellt. Die Maßnahmen sollen voraussichtlich während der Winterreparatur der Anlage (Anfang 2020) umgesetzt werden.
Des Weiteren werden u.a. im Bereich der Gaspendelung und des Einsatzes von geruchsneutralisierenden Stoffen im Kamin sowie der Hochsiloanlage noch kleinere Maßnahmen zur Optimierung umgesetzt.