Fortführung der Projekte "Angebote für Obdachlose und Suchtkranke in Altona-Nord/ Düppelstraße" von Palette e.V. und "FiTh Aufsuchende Arbeit an der Neuen Flora" von ragazza e.V. über den 31.08.2021 hinaus Beschlussempfehlung des Haushalts- und Vergabeausschusses
Die Projekte „Angebote für Obdachlose und Suchtkranke in Altona-Nord/ Düppelstraße“ des Vereins Palette e.V. und „FiTh Aufsuchende Arbeit an der Neuen Flora“ des Vereins ragazza e.V. suchen die Menschen, die sich seit Jahren im Bereich um den Bahnhof Holstenstraße, die Neue Flora, den Kiosk Düppelstraße und aktuell an einem vierten Standort „der Kastanie“ aufhalten und von multiplen Problemlagen u.a. Drogenkonsum und übermäßigem Alkoholkonsum betroffen sind, seit dem 01.09.2017 zwei bis dreimal Mal in der Woche auf. Die Anzahl der Kernklientel beläuft sich auf ca. 60 Personen. Zum Teil gibt es eine hohe Fluktuation. Die Straßensozialarbeit ist mit den verschiedenen Gruppen in Kontakt.
Die Straßensozialarbeiter*innen wurden in den vergangenen Jahren als Ansprechpartner*innen akzeptiert. Vor allem das bereits entstandene Vertrauensverhältnis und die Zuverlässigkeit des Angebotes scheint für die Menschen vor Ort eine sehr hohe Priorität zu haben. Die Hilfe wird mehr und mehr für die unterschiedlichsten individuellen Problemlagen genutzt und mindert bei den Klient*innen den alltäglichen Druck durch Klärung der Kernthemen wie Finanzen, Justiz, Abhängigkeit und Wohnraum. Die Straßensozialarbeit hilft den einzelnen Betroffenen und beugt damit Verwahrlosung und Delinquenz vor. Als ein wichtiger Effekt der entlastenden Gespräche werden von den Straßensozialarbeiter*innen weniger Pöbeleien und Gewalt wahrgenommen. Der Bus (als mobile Beratungsstelle), der zwei Mal in der Woche seinen festen Stellplatz vor Ort hat, dient als Anziehungs- und Aufenthaltspunkt als „sozialer Treffpunkt“ für die vor Ort Anwesenden.
Daran ändert auch die seit Anfang Februar geöffnete Beratungsstelle in der Stresemannstraße 150 nichts. Seit ihrer Eröffnung ist diese Anlaufstelle „ein Erfolgsmodell“. Viele Menschen nutzen diesen Ort schon um sich beraten zu lassen, um an andere Stellen vermittelt zu werden und um sich einen kurzen Augenblick ausruhen zu können oder die sanitären Anlagen zu nutzen. Für Einige aber ist dieser Schritt noch nicht zu bewältigen und sie schaffen es noch nicht, die „Schwelle“ in das Gebäude zu überwinden. Sie brauchen die „niedrigere Schwelle“ auf der Straße, um überhaupt in Kontakt treten zu können. Dann müssen sie nicht woanders hin, sondern jemand kommt zu ihnen, an den Ort an dem sie sich gut auskennen und auch ein Stück zu Hause fühlen, dort haben sie das Gefühl den Sozialarbeiter*innen „auf Augenhöhe“ begegnen zu können.
Seit dem 03.02.2020 betreibt f&w Fördern & Wohnen AöR Hamburg in Kooperation mit Palette e.V. die Beratungs- und Begegnungsstätte in der Stresemannstraße 150. Die Einrichtung ist an vier Tagen in der Woche (Montag/ Dienstag; Donnerstag/ Freitag) von 12-16 Uhr geöffnet.
Die Straßensozialarbeiter*innen von Palette e.V. und ragazza sind weiterhin zwei bis drei Tage in der Woche vor Ort (das Ragazzamobil in der Regel Montagvormittag und Mittwoch), und ergänzen das Angebot. Sie machen die Einrichtung bekannt, versuchen die Szene dorthin zu orientieren und anzubinden und sind weiterhin für ihre Fragen und Probleme außerhalb der Öffnungszeiten ansprechbar. Aus fachlicher Sicht wird dieses Angebot weiterhin als sehr stabilisierend auf die Situation vor Ort eingeschätzt.
Darüber hinaus übernimmt die Straßensozialarbeit von Palette e.V. auch weitere wichtige Aufgaben, wie die Kooperation mit der Beratungsstelle, mit der Bürgernahen Beamtin, mit der Drogenambulanz und mit zahlreichen weiteren Einrichtungen im Umfeld und die Mediation zwischen Konflikten von anderen mit der Szene.
Insbesondere unter den Pandemiebedingungen mit Verschärfung des Aufenthalts von Gruppen und der Einhaltungsforderung des Mindestabstandes unter den Einzelnen ist die Arbeit auf der Straße noch wichtiger geworden. Während die neue Beratungsstelle entsprechend den Zutritt verwehren musste, hat die aufsuchende Arbeit auch während des ersten Lockdowns in jeder Woche weiterhin stattgefunden.
Die Straßensozialarbeiter*innen beruhigen die Menschen vor Ort, sie vermitteln die Präventionsbotschaften weiter und können so das Verhalten der Einzelnen zum Schutz aller beeinflussen. Dass die Menschen, die sich seit Jahren vor Ort aufhalten, diesen Platz in der Öffentlichkeit auch weiterhin nutzen, war zu erwarten. Dass auch in „Coronazeiten“ sich Straßensozialarbeiter*innen um sie kümmern, war und ist für die Menschen eine ungeheure Beruhigung. Das wurde vor allem durch die vielen Anfragen, die an die Mitarbeiter*innen vor Ort gestellt werden, deutlich.
Darüber hinaus hat sich die Lage für Obdachlose und die Szene seit der Corona Pandemie im Hinblick auf die Versorgung mit Lebensmitteln verschärft. Viele Hilfsstrukturen für Obdachlose sind weggebrochen. Es ist schwer bis unmöglich das nötige Geld für eine eigene Versorgung zusammen zu „schnorren“. Besonders gefragt sind in diesen Zeiten Lebensmittelspenden, die z.T. im Rahmen der Straßensozialarbeit seitdem abgegeben werden. In Kooperation mit dem Träger KoALA (Kooperation Arbeiten, Lernen und Ausbildung e.V.), der sich bereit erklärt hat, ein kostengünstiges Essensangebot (ca. 3 Euro pro Essen inkl. Verpackung) aus der Stadtteilkantine La Cantina zu liefern, konnte zudem seit Juni 2020 ein zusätzliches, dringend benötigtes Angebot für ein warmes Mittagessen temporär geschaffen werden. Zweimal wöchentlich werden je Ausgabetag 50 Mahlzeiten in der Stresemannstraße 150 ausgegeben. Die Menschen schätzen das Angebot sehr und sind offen für Beratung und Vermittlung in Fragen wie z.B. Sozialberatung, Sucht, Entgiftung und Wohnungslosigkeit.
Die Angebote der Straßensozialarbeit vor Ort werden unter diesen Bedingungen noch stärker benötigt und nachgefragt als je zuvor und sollten deshalb, nicht nur (aber auch) aus Pandemiegründen, weiter geführt werden.
Die Straßensozialarbeit gilt nach wie vor auch als wichtiger Baustein zur Ergänzung der Beratungs- und Begegnungsstätte und seiner erfolgreichen Einrichtung. Die Kooperation vom Ragazzamobil und dem Team von Palette e.V. bildet dabei einen wichtigen und festen Bestandteil. Die erfolgreiche und in der derzeitigen Situation dringend benötigte Essensausgabe kann mit den vorhandenen Mitteln der Sicherheitskonferenz (Siko) nur noch bis Mitte Januar 2021 weitergeführt werden. Um hier wenigstens bis Ende Mai 2021 ein verlässliches Angebot an zwei Tagen in der Woche zu machen, werden Sachmittel in Höhe von 5.000 Euro benötigt.
Die mit den Projekten eingeführte mobile Anlaufstelle in Form von Straßensozialarbeit ist vor Ort unabdingbar und sollte nach fachlicher Einschätzung dringend weitergeführt werden.
Für die Fortführung ergeben sich folgende Bausteine:
Finanzierungsübersicht
Gesamtkosten: 55.000 Euro
Finanzierung:
Siko-Mittel: 15.000 Euro
Mittel aus den Anreiz- und Fördersystemen: 40.000 Euro
FiTh Aufsuchende Arbeit an der Neuen Flora von ragazza e.V |
Kosten |
Personalkosten (2*2,5 Std/ Woche, 2 Mitarbeitende und Koordination) |
15.600 Euro |
Sachkosten (anteilig Fahrzeugkosten, Getränke, Obst, Präventionsmaterial, Ausstattung, etc.) |
4.800 Euro |
Gesamt |
20.400 Euro |
Angebote für Obdachlose und Suchtkranke in Altona-Nord / Düppelstraße von Palette e.V. |
Kosten |
Personalkosten (Platzbetreuung Szene und Umfeld, Beratungen in der Stresemannstr 150) |
27.000 Euro |
Sachkosten (Warmes Mittagessen an 2 Tagen/Woche, Verwaltung, Mobiltelefon, Öffentlichkeitsarbeit, Präventionsmaterial, etc.) |
7.600 Euro |
Gesamt |
34.600 Euro |
Aus den Siko-Mitteln über die die Abteilung Integrierte Stadtteilentwicklung seit 2019 verfügt, können (vorbehaltlich des Beschlusses über den Haushalt 2021/ 2022) 15.000 Euro für die Fortführung der Projekte eingesetzt werden.
Der Haushalts- und Vergabeausschuss empfiehlt dem Hauptausschuss einstimmig, folgenden Beschluss zu fassen:
Für die Fortführung des Angebots eines warmen Mittagessens werden dem Verein Palette e.V. vorbehaltlich der endgültigen Resteübertragung aus 2020 konsumtiv Mittel in Höhe von 7.600 Euro aus den Restmitteln des Beschlusses 21-5627E „IG Große Bergstraße e.V.“ zur Verfügung gestellt.
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