Erweiterung der Tempo 30-Zone an der S-Hochkamp und in der Langelohstraße Antrag der Fraktionen von GRÜNE und DIE LINKE
Im Jahr 2021 ereigneten sich im Bezirk Altona 86 Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten (Vorjahr: 81) und zwei Verkehrsunfälle mit Getöteten (Vorjahr: drei). Auf Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h oder mehr ereigneten sich 50 Prozent dieser schweren Verkehrsunfälle, 32 Prozent auf Straßen mit 30 km/h (18 Prozent ohne Angabe). Zwei Verkehrsunfälle mit Getöteten ereigneten sich bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h beziehungsweise 60 km/h. Seit 2011 gab es im Bezirk Altona durchschnittlich 3,5 tödliche Verkehrsunfälle pro Jahr (vgl. Drucksache 21-3145).
Abgesehen von einigen Verkehrsunfällen ohne Fremdeinwirkung oder in Zusammenhang mit Drogenmissbrauch, lassen sich viele der schweren Crashs mit geringeren Geschwindigkeiten verhindern oder abmildern. Während der Anhalteweg bei 30 km/h etwa 13 Meter beträgt, fängt der Bremsvorgang bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h aufgrund der Reaktionszeit von einer Sekunde erst bei 13 Metern an, bis ein Auto nach insgesamt 27 Metern zum Stehen kommt. Ein geringer Geschwindigkeitsunterschied beim Fahren führt daher zu einem enormen Unterschied bei der Aufprallgeschwindigkeit. Der Vision Zero-Strategie folgend, sollten wir im Bezirk Altona das Menschenmögliche tun, um schwere Verletzungen zu verhindern und Leben zu retten. In 2021 hat sich die Unfallkommission mit keiner Unfallhäufungsstelle im Bezirk Altona befasst.
Im Jahr 2007 hat sich Hamburg als Mitglied des Deutschen Verkehrssicherheitsrats zur Vision Zero als Grundlage der Verkehrssicherheitsarbeit verpflichtet. Keine Toten und keine Schwerverletzten sind das Ziel der Vision Zero. Diese ethische Sichtweise steht im Einklang mit den Wertevorstellungen unserer Gesellschaft. Für die Verkehrssicherheitsarbeit ist die Erkenntnis entscheidend, dass sich Menschen oft nicht fehlerfrei verhalten. Daher muss ihr Umfeld – Fahrzeuge und Infrastruktur – so gestaltet werden, dass schwere Crashs verhindert werden. Die 1997 in Schweden beschlossene „Nullvision“ berücksichtigt die begrenzte „biologische Toleranz des Menschen gegenüber äußerer Gewalt. [...] Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h angefahren werden, überleben. Die meisten Menschen, die von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h angefahren werden, sterben.“ (Vgl. Vagverket/Schwedisches Zentralamt für Straßenwesen: Die Nullvision in Schweden)
Im Juni 2021 hat der Bundesrat folgende Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VWV-StVO) zu § 1 StVO, Grundregeln beschlossen: „Oberstes Ziel ist dabei die Verkehrssicherheit. Hierbei ist die „Vision Zero“ (keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schweren Personenschäden) Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen.“
Im Rahmen einer Verkehrsausschuss-Sprecher:innensitzung im Jahr 2021 zum Thema Tempo 30-Zonen wurde festgestellt, dass das alte 30-Zonen-Konzept der Baubehörde von 1989, das seinerzeit noch die bauliche Herstellung des 30-Zonen-Charakters als Voraussetzung zur Anordnung von Tempo 30-Zonen definierte, zwischenzeitlich abgelöst wurde. Nach Auffassung der Straßenverkehrsbehörde seien aufwendige Aufpflasterungen, baulich hergestellte Straßenverengungen und kostenaufwendige Umbaumaßnahmen daher im Regelfall nicht erforderlich, um Tempo 30-Zonen anordnen zu können. Es werde erwartet, dass Verkehrsteilnehmer:innen die Beschilderung grundsätzlich auch unabhängig von Einbauten in der Straße wahrnehmen und befolgen können. Lediglich im Einzelfall könnten bauliche Maßnahmen erforderlich sein.
Im Gegensatz zur Anordnung von 30 km/h-Strecken, ist die Anordnung von 30 km/h-Zonen von den besonderen Beschränkungen § 45 Absatz 9 Satz 3 StVO ausgenommen. Demnach dürfen „insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs [...] nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der [in § 45 StVO] genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.“ Gleichwohl ist die Anordnung der 30-Zonen-Zeichen nur dort erlaubt, „wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.“ (§ 45 Absatz 9 S. 1 StVO) In Hamburg ist die Zustimmung der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende erforderlich, wenn am Zuschnitt von 30-Zonen Änderungen erfolgen. Im Rahmen der Prüfung werden die Verkehrsbedeutung und Auswirkungen auf den Verkehr, insbesondere auf den ÖPNV überprüft.
Einzelvorfahrten kommen in einer 30-Zone in Betracht, wenn Buslinienverkehr betroffen ist: „Wo die Verkehrssicherheit es wegen der Gestaltung der Kreuzung oder Einmündung oder die Belange des Buslinienverkehrs es erfordern, kann abweichend von der Grundregel "rechts vor links" die Vorfahrt durch Zeichen 301 angeordnet werden; vgl. zu Zeichen 301 Vorfahrt Rn. 4 und 5.“; vgl. zu § 45 StVO Rn. 41 VWV-StVO.
Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und zum Schutz der Wohnbevölkerung, ist die Ausweitung der Tempo 30-Zonen sinnvoll. In Nienstedten und Osdorf gibt es Straßen, die seit der Einführung der Tempo-30-Zonen 1984 nicht Teil der umliegenden Tempo 30-Zonen wurden. Die Wohnnutzung überwiegt dort. Hierbei handelt es sich um diese Straßen:
Die Bezirksversammlung Altona empfiehlt der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) gemäß § 27 BezVG unter Beteiligung der Behörde für Inneres und Sport (BIS) die Ausweitung der vorhandenen Tempo 30-Zonen auf die nachfolgenden Straßenzüge zu prüfen und ihr Einverständnis zur Ausweitung der 30-Zonen zu erteilen.
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Die Bezirksversammlung wird um Zustimmung gebeten.