20-2155

Schutzräume für weibliche Flüchtlinge schaffen Beschluss der Bezirksversammlung vom 15.10.2015 (Drs. 20-1805)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Sachverhalt

Folgender Beschluss wurde gefasst:

 

1. Die zuständigen Fachbehörden werden gebeten zu prüfen, ob

- insbesondere in den großen Zentralen Erstaufnahmen angemessene Schutzräume für weibliche Flüchtlinge zeitnah eingerichtet werden können, um die Anzahl von Übergriffen auf Frauen und Kinder in diesen Einrichtungen spürbar zu reduzieren. Dieses gilt insbesondere für gut abgetrennte und geschützte Sanitärbereiche sowie separate Aufenthaltsräume, in denen Frauen Rückzugsmöglichkeiten bekommen.

- bei der Planung neuer Flüchtlingsunterkünfte auch Unterkünfte geschaffen werden können, in denen ausschließlich allein geflüchtete Frauen und deren Kinder untergebracht werden.

 

2. Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, im Ausschuss für Soziales, Inklusion und Sport mit einem Referenten über die momentane Situation (z.B. Anzahl von Übergriffen, bereits eingeleitete Maßnahmen) sowie über die Ergebnisse der Prüfung zu informieren.

 

Die Behörde für Inneres und Sport nimmt wie folgt Stellung:

 

Zu 1.

 

Die zuständigen Behörden setzen alle verfügbaren Kräfte ein, um Obdachlosigkeit der Flüchtlinge zu vermeiden. Geeignete Flächen und Gebäude werden meist unmittelbar nach der Zurverfügungstellung belegt und sind oft kurz darauf bereits bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet. Es ist das vordringliche Ziel aller Beteiligten, ausreichend Unterkunftsplätze für alle eintreffenden Flüchtlinge zu schaffen.

Sanitärbereiche werden grundsätzlich geschlechtergetrennt ausgewiesen (siehe auch Drs. 21/1570). Die konkrete Ausgestaltung unterliegt den Bedingungen vor Ort. Auch hier gilt, dass alle Beteiligten vorrangig bemüht sind, ein ausreichendes Angebot für alle untergebrachten Personen zur Verfügung zu stellen.

Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind vom Grundgedanken her  für die Unterbringung während der ersten Monate des Asylverfahrens gedacht. Die Schaffung eigener Aufenthaltsräume ist nicht zuletzt aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht an jedem Standort möglich, außerdem muss in jedem Fall eine Abwägung getroffen werden, ob dieser Raum nicht auch der Unterbringung von weiteren von Obdachlosigkeit bedrohten Personen dienen kann.

Mehrere Standorte bieten spezielle Programme für weibliche Flüchtlinge an (siehe auch Drs. 21/1704). Während dieser Zeit sind die Frauen meist unter sich, da männlichen Flüchtlingen der Zutritt zu diesen Räumlichkeiten in der Regel nicht gewährt wird.

Es wurden bereits mehrere kleinere Erstaufnahmeeinrichtungen in Betrieb genommen, die vorrangig für die Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Personen ausgelegt sind (z.B. Wiesendamm, Albert-Einstein-Ring, Behrmannplatz). Auch in Zukunft ist beabsichtigt, weiblichen Flüchtlingen zukünftig gezielt Plätze in kleineren Erstaufnahmeeinrichtungen zuzuweisen (siehe auch Drs. 21/1704 und 21/1878). Die Planungen laufen diesbezüglich.

Bereits jetzt achten die Betreiber der Unterkünfte bei der Belegung im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf, allein reisende Frauen nicht mit allein reisenden Männern unterzubringen (siehe auch Drs. 21/1570).

 

Zu 2.

 

Referentenanfragen müssen in Abhängigkeit von Terminlagen abgewogen werden. Angesichts der Vielzahl von Referentenanfragen und Terminverpflichtungen – u. a. gegenüber Ausschüssen der Bürgerschaft, Infoveranstaltungen zu neuen ZEA-Standorten im gesamten Stadtgebiet, ist es der BIS nicht möglich eine Referentenentsendung zuzusagen.

Die BIS bittet hierfür um Verständnis und nimmt zu dem Beschluss nachfolgend schriftlich Stellung:

 

Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS erfolgt die räumliche Erfassung in ihrer kleinsten Einheit nach Ortsteilen. Nach Art der Tatörtlichkeit oder Straßen wird nicht weiter differenziert; somit lassen sich auch Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung zu Flüchtlingsunterkünften damit nicht abbilden.

Für die Beantwortung der Fragestellung wäre eine Auswertung aller Hand- und Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums bei den für die entsprechenden Delikte zuständigen Kriminalpolizeidienststellen erforderlich. In den Deliktsbereichen Sexualdelikte und Gewalttaten (Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Raub, Körperverletzung mit Todesfolge, Gefährliche und schwere Körperverletzung, Erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme) bedeutet das die Durchsicht von mehr als 20.000 Vorgängen. Dies ist in der für die Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Nach den Erinnerungen der Mitarbeiter des örtlich zuständigen Landeskriminalamt (LKA) 15 sind im Jahr 2015 für den Bereich der Flüchtlingsunterkünfte des Bezirks Wandsbek bisher drei Fälle von Beziehungsgewalt zwischen gemeinsam reisenden Eheleuten bekannt geworden. Darüber hinaus liegen dem LKA 15, dem Fachkommissariat Tötungsdelikte und Todesermittlungen (LKA 41) sowie dem Fachkommissariat Sexualdelikte (LKA 42) für das Jahr 2015 keine validen Erkenntnisse über Sexualdelikte und Gewaltdelikte zum Nachteil weiblicher Flüchtlinge in den Unterkünften des Bezirks Wandsbek vor.

Die Polizei veranlasst bei Bekanntwerden von Beziehungsgewaltdelikten eine räumliche Trennung der (Ehe-) Partner durch die Leitungen der Flüchtlingsunterkünfte, indem ein Partner einer anderen Unterkunft zugewiesen wird beziehungsweise die Frau Schutz in einem Frauenhaus findet. Anzumerken ist, dass bei Beziehungsgewaltdelikten der Auslöser der Tat in der Beziehung zwischen Opfer und Täter liegt, daher stehen Fälle von Beziehungsgewalt nicht in einem kausalen Zusammenhang mit der Unterbringung in Flüchtlingsunterkünften.

Polizeiliche Ansprechpartner vor Ort unterstützen mit hohem persönlichem Engagement die Betreiber und Sicherheitsdienste, um ein verträgliches Zusammenleben in den Unterkünften zu ermöglichen und geregelte Abläufe herzustellen. Die jeweils örtlich zuständigen Beamten des besonderen Fußstreifendienstes sind regelmäßig in den Unterkünften vor Ort und stehen in engem Kontakt mit der Unterkunftsleitung; dies dient der Kontaktpflege und dem frühzeitigen Erkennen von Problemen. Um anlassbezogen sowohl Maßnahmen zur Gefahrenabwehr als auch zur Strafverfolgung treffen zu können, vermittelt die Polizei, dass Straftaten stets angezeigt werden sollten. Darüber hinaus erfolgen allgemeine präventive Maßnahmen durch die Polizei.

Im Falle einer Strafanzeige werden weibliche Opfer durch die Polizei über Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Zeugin und darüber hinaus über weitere Rechte im Strafverfahren informiert sowie auf Möglichkeiten der psycho-sozialen Beratung hingewiesen. Die bestehenden Interventionsketten zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ werden konsequent angewandt. Damit ist sichergestellt, dass die betroffenen Frauen – abgestimmt auf den jeweiligen Sachverhalt – individuell beraten werden. Hierfür wird ihnen auch Informationsmaterial über Hilfe- und Beratungsangebote zur Verfügung gestellt und gegebenenfalls in eine ihnen verständliche Sprache übersetzt.

Bei der Polizei Hamburg ist die Kommunikation mit Opfern und ihnen nahestehenden Personen auf einem insgesamt hohen professionellen Niveau. Bei Bedarf können für diese Aufgabe speziell geschulte Beamte oder Psychologen hinzugezogen werden. Im Einzelfall erfolgt seitens der Polizei eine direkte Weiterleitung der Betroffenen in das Opferhilfe- und Beratungssystem.

Im Übrigen siehe Drs. 21/1501, 21/1570, 21/1704, 21/2116, 21/2142 sowie 21/2363 zur statistischen Erfassung durch die Polizei und bereits eingeleitete Maßnahmen.

 

Petitum/Beschluss

 

Die Bezirksversammlung wird um Kenntnisnahme gebeten.

 

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