Haus der Jugend Tegelsbarg
Auf der Sitzung des JHA am 22.3.2017 wurde angekündigt, dass die Verwaltung eine Liste mit Argumenten vorlegt, die aus ihrer Sicht für und gegen eine Entkommunalisierung des Haus der Jugend Tegelsbarg sprechen. Diese Aufstellung wird hiermit zur Verfügung gestellt.
Argumente für einen Verbleib als kommunale Einrichtung
Steuerungsmöglichkeit:
Das Haus der Jugend Tegelsbarg hat aufgrund einer Vielzahl von Eigenschaften bereits jetzt schon eine exponierte Bedeutung im Quartier und in den angrenzenden Stadtteilen. Als größte Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit im Alstertal, werden hier Angebote für unterschiedliche Ziel- und Altersgruppen vorgehalten. Bei den Angeboten für Kinder gibt es eine Vielzahl von Schnittmengen zu anderen sozialen Einrichtungen in der Umgebung. Durch die Einbeziehung von Angeboten, in denen auch die Eltern erreicht werden, gibt es bereits gute Schnittstellen zu Angeboten der Familienförderung im Stadtteil. Im Bereich Jugend-/Jungerwachsenenhilfe kommt dem Haus der Jugend Tegelsbarg nahezu ein Alleinstellungsmerk im Quartier zu. Diese exponierte Rolle wird sich in Zukunft noch verstärken. Zum einen, weil zur Erweiterung der Angebote für Jugendliche und Jungerwachsene noch ein Anbau an die derzeitigen Räumlichkeiten geplant ist und damit die Einrichtung noch größer wird und die Angebotsfülle noch zunimmt. Des Weiteren werden auch noch Angebote im Themenfeld `Integration von Neuanwohnern aus der Wohnunterkunft am Rehagen´ hinzukommen. Zentrale Anforderung an die zukünftige Leitung dieser Einrichtung wird es sein, die eigenen Angebote mit den unterschiedlichen Akteuren im Quartier und in den angrenzenden Stadtteilen zu koordinieren, um Parallelangebote zu vermeiden. Die Einrichtungsleitung muss sich dabei auf die verändernden Bedarfslagen in der Region einstellen und die jeweiligen Akteure im Sozialraum bei diesen Überlegungen mit einbeziehen. Notwendig wird auch eine enge Zusammenarbeit mit dem zukünftigen Quartiersmanager und dem Architekten bzw. dem Projektentwickler sein, der das zukünftige Raumkonzept umsetzen wird. Daher wird die zukünftige Leitung ein hohes Maß an Vernetzungs- und Koordinationsarbeit zu leisten haben und in enger Zusammenarbeit mit der Verwaltung vorzugehen haben. Die Steuerungsmöglichkeit der Verwaltung mit den o.g. Zielen kann besser über eine direkte hierarchische Einbindung einer kommunalen Einrichtung erfolgen.
Kontinuität und lückenloser Betrieb:
Aus dem jetzigen Interimsteam könnten zwei Mitarbeiter dauerhaft im Haus der Jugend Tegelsbarg verbleiben. Dies würde auch dem Wunsch der Mitarbeiter entsprechen. Damit könnten diese Mitarbeiter sofort nach Entscheidung, dass die Einrichtung in kommunaler Trägerschaft bleibt, an einer dauerhaften Konzeption für die zukünftige Ausrichtung arbeiten. Es wären dann nur noch zwei weitere Kollegen für das Haus der Jugend Tegelsbarg einzustellen. Damit wäre eine gewisse Kontinuität des pädagogischen Personals gegeben und ein erneuter Wechsel des kompletten Mitarbeiterstammes nicht notwendig. Eine Kontinuität der Beziehungsarbeit wäre auch durch das Festhalten an bewährten Honorarkräften möglich. Dies lässt sich in der Fortsetzung der kommunalen Trägerschaft gewährleisten. Bei der Vergabe an einen Freien Träger könnte das Festhalten an bewährten Angeboten und Honorarkräften zwar als Empfehlung ausgesprochen werden, Einzelheiten liegen jedoch in der Gestaltungshoheit des neuen Trägers.
Die Nachbesetzung der durch Umsetzung in das Haus der Jugend Tegelsbarg freigewordenen Stellen könnte dann in anderen Häusern der Jugend erfolgen. Damit wäre die Möglichkeit verbunden, die homogene Altersstruktur in den Häusern der Jugend zu durchmischen, indem jüngeres Personal eingestellt wird.
Für die Nachbesetzung von Erzieherstellen in kommunalen Einrichtungen ist der externe Arbeitsmarkt geöffnet. Eine Verzögerung durch mehrfache interne Ausschreibeverfahren ist somit nicht gegeben.
In Gesprächen mit den kommunalen Einrichtungen und auch freien Trägern stellt sich die Interessentenlage von geeignetem Personal für das Haus der Jugend Tegelsbarg positiv dar. Hier hat es einige Interessenbekundungen gegeben.
Beibehaltung der bestehenden kommunalen OKJA-Struktur
Die Situation im Haus der Jugend Tegelsbarg hat u.a. Folgendes verdeutlich: die kommunalen Häuser der Jugend sind in ihrer Gesamtheit gegenüber Krisensituation recht stabil. Das hat sich in erster Linie dadurch gezeigt, dass das Haus der Jugend Tegelsbarg für nur 2 Tage schließen musste. Der Ausfall von 3 Vollzeitkräften konnte kurzfristig kompensiert – wenn auch nicht komplett aufgefangen werden. Daher ist zu überlegen, ob an einer Mindestzahl von kommunalen Einrichtungen festgehalten werden sollte, um diese Eigenschaft der kommunalen Einrichtungen auch für die Zukunft zu gewährleisten. Denn umso kleiner die Zahl der kommunalen Einrichtungen und damit der Mitarbeiterpool, umso schwieriger die Vertretung von Ausfällen aus anderen Häusern. Bewährt hat sich hier auch die Solidarität unter den Mitarbeitern und die hohe Bereitschaft, andere Einrichtungen und Stadtteile zu unterstützen.
Argumente für eine Entkommunalisierung
Freie Träger bieten bessere Möglichkeiten der Personalentwicklung
Im Gegensatz zu Einrichtungen in freier Trägerschaft weisen die kommunalen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, Straßensozialarbeit und Familienförderung im Bezirk Wandsbek nur eine geringe Fluktuation im Personalbestand auf. Diese Tatsache dürfte neben einer grundsätzlichen Arbeitszufriedenheit auch darauf beruhen, dass ein Angestelltenverhältnis im Öffentlichen Dienst Vorteile hat gegenüber einem solchen bei einem Träger der freien Jugendhilfe.
Berufliche Alternativen stehen jedoch nur in sehr geringem Umfang zur Verfügung, der Allgemeine Soziale Dienst sucht Sozialpädagog*innen, die BSB sucht immer mal wieder Erzieher*innen, jedoch sind die Berufsfelder im Konkreten sehr anders als die Tätigkeit in Häusern der Jugend etc. Ein Wechsel in diese Arbeitsfelder findet in Wandsbek faktisch nicht statt.
Interesse an gleichwertig dotierten Stellen innerhalb der Verwaltung, auch wenn sie im Bereich der Jugendarbeit angesiedelt sind, wird nicht geäußert.
Daraus wird deutlich, dass es keine bzw. nur sehr geringe Möglichkeiten der Personalentwicklung, insbesondere für Erzieherinnen und Erzieher, im Öffentlichen Dienst gibt.
Ein Freier Träger hat bei der Personalentwicklung erheblich größere Möglichkeiten, da insbesondere die mittleren bis größeren Unternehmen ein breites Portfolio an Einsatzmöglichkeiten bieten. Dieses kann bestenfalls vom Bereich der Frühen Hilfen über Kita-Angebote, offene Kinder- und Jugendarbeit und Familienförderung oder Hilfen zur Erziehung, Erziehungs- oder Schuldnerberatung bis zur Seniorenarbeit reichen. Diese komplexen Systeme sind den Freien Trägern vorbehalten, hierin sind sie eindeutig dem Öffentlichen Dienst überlegen und in der Regel weisen sie für interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine große Durchlässigkeit auf.
In Zeiten eines relativ „wechselfeindlichen“ Tarifvertrages kommt größeren Freien Trägern in dieser Hinsicht eine besondere Bedeutung zu, da Mitarbeiter*innen das Arbeitsfeld wechseln können, ohne den Arbeitgeber zu wechseln.
Kernaufgaben des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe
Der öffentliche Träger der Jugendhilfe hat steuernde Aufgaben und sollte sich auf steuernde Aufgaben beschränken. Der Vorrang der freien Jugendhilfe vor der öffentlichen Jugendhilfe ist im SGB VIII ausdrücklich verankert.
Steuerungsmöglichkeiten erfolgen durch die Aufteilung in Zuwendungsgeber und Zuwendungsnehmer bewusster, weil die Steuerung über Zweckbeschreibungen oder ähnliche Instrumente durchgeführt wird. Gerade die vertragliche oder vertragsähnliche Ausgestaltung von Zielsetzungen und Handlungsaufträgen konkretisiert den gemeinsamen Auftrag von öffentlichem und freiem Träger der Jugendhilfe.
Freie Träger können besser und schneller agieren
Der Personalaufwand für Vorgesetzte ist im Öffentlichen Dienst erheblich und geht – auch durch die flächenmäßige Größe des Bezirks Wandsbek - auf Kosten der Steuerung der Angebotslandschaft. So sind für Besuche in den Einrichtungen erhebliche Wegezeiten in Kauf zu nehmen.
Freie Träger sind oft an einer räumlichen Nähe ihrer Einrichtungen zueinander interessiert, um „Cluster“ zu bilden, die sich gut steuern lassen. Diese Struktur prägt die Landschaft im Bezirk Wandsbek. Freie Träger richten sich nach räumlichen Schwerpunkten aus, ohne diese zu dominieren oder das Postulat der Trägervielfalt zu verletzen.
Ferner kann im Fall von Langzeiterkrankungen ein Freier Träger bereits nach sechs Wochen beantragen, dass Personalkosten aus der Zuwendung in Honorare umgewandelt werden. Gängige Praxis ist in solchen Fällen die Zustimmung zur Umwidmung.
Für eine Entkommunalisierung speziell des HdJ Tegelsbarg spricht:
Entkommunalisiert werden sollten nur solche Einrichtungen, die entweder nicht gut laufen, bei denen größere Personalwechsel erfolgen oder die einer anderweitigen gravierenden Veränderung unterliegen, die eine Entkommunalisierung im konkreten Fall vertretbar erscheinen lässt.
Im Fall des Haus der Jugend Tegelsbarg besteht dazu die Möglichkeit. Auch wenn niemand die gegenwärtige Personalsituation vorhersehen konnte, bietet sich nunmehr die Möglichkeit zur Entkommunalisierung, weil es einen fast vollständigen Personalwechsel gegeben hat. Kinder, Jugendliche und Eltern wissen, dass sich das Haus der Jugend Tegelsbarg gegenwärtig in einer Übergangssituation befindet. Darauf stellen sie sich ein.
„Verdächtigungen“, die gegenwärtige Personalsituation sei herbeigeführt worden, um die Einrichtung zu entkommunalisieren, wurde von der Verwaltung bereits bei einem Info-Abend für Eltern und Jugendliche im HdJ Tegelsbarg entgegengetreten. Dieser Zusammenhang sollte auch einhellig von Politik und Freien Trägern öffentlich verneint werden.
Der JHA wird um Beratung und Beschlussempfehlung gebeten.
Interessenbekundungsverfahren (nicht-öffentlich)
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