21-0966

Für ein pestizidfreies Wandsbek Debattenantrag der Fraktionen SPD und die Grünen, angemeldet zur Debatte von der SPD-Fraktion

Antrag

Sachverhalt

 

Pestizide sind chemische Substanzen, die ungewollte Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Pilze) töten oder schädigen, um eine gewünschte Pflanze (Kulturpflanze) nicht zu beeinträchtigen. Dabei haben sie in der Regel eine giftige Wirkung auch auf andere, sogenannte Nicht-Zielorganismen.

So dezimieren Insektizide wie Neonikotinoide nicht nur Blattläuse, sondern töten und schädigen auch Honig- und Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und viele weitere Insektenarten.

Wo Glyphosat ausgebracht wird, wächst nichts mehr kein Gras, Kraut oder Moos. Das Pestizidtet die Pflanzen vollständig ab mit Ausnahme von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen, die glyphosatresistent programmiert wurden. Glyphosat vernichtet als Breitbandherbizid die Nahrungsgrundlage für viele Insekten und ist damit auch maßgeblich verantwortlich für den Rückgang der Artenvielfalt das Vogelsterben eingeschlossen. Mit der vollständigen Vernichtung aller Kräuter und Gräser auf landwirtschaftlichen Flächen wird also nicht nur die Vielfalt der Flora stark reduziert, sondern allen anderen an Ackerlebensräume gebundenen Arten wie z.B. Insekten oder Feldvögeln flächenhaft die Nahrungsgrundlage entzogen. In der Folge können laut Umweltbundesamt ganze Nahrungsnetze von der Pflanze über Insekten bis zu den Feldvögeln zusammenbrechen (https://www.umweltbundesamt.de/themen/glyphosat-schritt-zurueck-beim-schutz-der).

Auch für den Menschen sind Pestizide nicht unbedenklich. Viele der eingesetzten Mittel stehen im Verdacht, Krebs zu erregen (z.B. Glyphosat), die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung zu haben.

Die Bundesregierung will die Anwendung des Unkrautgifts Glyphosat in Deutschland zum Stichtag 31. Dezember 2023 verbieten. Dann läuft auch die Genehmigung in der EU inklusive Übergangsfrist aus, wenn die Staaten sie nicht erneut verlängern. In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, mit einer systematischen Minderungsstrategie in einem EU-konformen Rahmen den Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel deutlich einzuschränken mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden.

In Hamburg erklärte der rot-grüne Senat bereits Anfang 2016 ein Moratorium für die Genehmigung von Glyphosat, das inzwischen bis Ende 2022 verlängert wurde. Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation teilte mit, dass bis auf weiteres keine Genehmigungen für den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturlandflächen, die im direkten Kontakt mit der Allgemeinheit stehen, ausgestellt werden. Jedoch muss die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nur auf Nichtkulturlandflächen vor deren Anwendung von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Für Kulturlandflächen, also landwirtschaftlich genutzte Flächen ist keine Genehmigung notwendig und darf nach derzeitiger Rechtslage auch kein Verbot ausgesprochen werden.

Allerdings können die Bezirksverwaltung und die Hamburger Fachbehörden auch bereits vor dem Verbot auf Bundesebene in vier Jahren über Auflagen bei der Vergabe städtischer Flächen oder bei der Beauftragung von Unternehmen durchaus wirksame Vorgaben machen, die die Verwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden wie Glyphosat und Neonicotinoiden unterbinden.

Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung Wandsbek beschließen:

 

Petitum/Beschluss

 

I. Die Bezirksverwaltung wird aufgefordert,

  1. weiterhin keine chemisch-synthetischen Pestizide bei der Pflege städtischer Grünflächen einzusetzen und
  2. private Unternehmen, die Aufträge von der Stadt zur Pflege von Grün-, Sport- und Ver-kehrsflächen erhalten, zum Pestizidverzicht vertraglich zu verpflichten.
  3. Ausnahmen müssen vorab von der Bezirksversammlung bzw. dem zuständigen Fachausschuss genehmigt werden. (Derzeit gibt es eine – jährlich zu genehmigende – Ausnahmeregelung für die Bekämpfung des Riesenbärenklaus am Müllberg Hummelsbüttel)

 

II. Die zuständigen Fachbehörden werden aufgefordert,

  1. beim Abschluss neuer Pachtverträge sowie bei der Verlängerung von bestehenden Pachtverträgen für Nutzflächen der Stadt, insbesondere solche mit landwirtschaftlicher Nutzung, eine Klausel einzufügen, mit der sich der Pächter zum vollständigen Verzicht auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden auf diesen Flächen verpflichtet. Diese Klausel soll auch zum Tragen kommen, wenn eine automatische Verlängerung des Pachtvertrages vorgesehen ist. Dort, wo es möglich und sinnvoll ist, sollten außerdem in Kooperation mit den Pächtern Nischen- und Rückzugsräume für Insekten in Form von ein- und mehrjährigen Blühstreifen angelegt werden;
  2. bei der Verpachtung von Flächen städtischer Gesellschaften dafür zu sorgen, dass ebenso verfahren wird und
  3. in Verhandlungen mit den Eisenbahninfrastrukturunternehmen diese zum Verzicht auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden  im gesamten Stadtgebiet zu bringen.

 

 

Anhänge

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