21-0158

Entwicklung Freibad Wiesenredder - Prüfauftrag des Hauptausschusses vom 01.07.2019, Drs. 21-0027

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Sachverhalt

 

Die Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau hat am 2. Juli 2018 beschlossen, das zuständige Bezirksamt Wandsbek anzuweisen, das Bebauungsplanverfahren für den Bereich des Freibades Rahlstedt am Wiesenredder 85 mit dem Ziel der Ausweisung einer Wohnungsbaufläche für rund 130 bis 150 Wohneinheiten (davon 30 Prozent öffentlich gefördert) zügig und mit Priorität durchzuführen und den Bebauungsplan unter Beachtung des Abwägungsgebots festzustellen (vgl. Bü.-Drs. 21/13775).

 

Das Bezirksamt Wandsbek hat in der Folge das vorhabenbezogene Bebauungsplanverfahren Rahlstedt 135 – Wiesenredder eingeleitet und am 3. Juni 2019 eine öffentliche Plandiskussion in Rahlstedt durchgeführt. Mit den Ergebnissen der Plandiskussion wurde der Planungsausschuss am 11. Juni 2019 befasst (Drs. 20-7640) und hat vertagt. Zwischenzeitlich hat der Hauptausschuss am 1. Juli 2019 den Beschluss zur Drs. 21-0027 gefasst und die Verwaltung u.a. gebeten, eine von einer Bürgerinitiative vorgeschlagene Alternativplanung zu prüfen.

 

 

Prüfung des Alternativvorschlages für das Freibadareal Wiesenredder:

 

a) Fachliche Einschätzung durch die Verwaltung

 

Der Verwaltung liegt als Alternativplanung ein beschriftetes Luftbild vor, das grob die Umrisse eines hakenfömigen, ca. 180 m langen Baukörpers ohne Tiefgarage umreißt. Nach dortigen Angaben soll dieser 2 Vollgeschosse und ca. 80 Wohnungen, ausschließlich öffentlich gefördert, beinhalten. Mit Einschrieben in die Karte werden ohne weitere zeichnerische Darstellung die Funktionen „Parken“ und „Kiosk“ genannt und das nördlich gelegene Landschaftsschutzgebiet als „tabu“ bezeichnet. Das Freibadbecken sowie das Kinder-Planschbecken sollen danach erhalten bleiben.

 

Angesichts begrenzter Planungstiefe des Vorschlages ist dieser aus fachlicher Sicht nur eingeschränkt beurteilungsfähig. Wesentliche Inhalte einer fachlichen Ansprüchen genügenden Planung sind nicht dargestellt. Dies betrifft z.B. die Erschließung, den ruhenden Verkehr mit Flächenbedarf, die Berücksichtigung von Baumabständen, die Baukörpermodellierung/-ge­staltung, die erforderlichen Kinderspielflächen nach der Hamburgischen Bau­ordnung (HBauO) usw. Ungeachtet dessen weist die Verwaltung auf folgende Umstände hin:

 

  • Ein ca. 180 m langer, geschätzt 13 m tiefer Baukörper mit ca. 4.700 m² Bruttogeschossfläche (BGF) kann nach allgemeiner Erfahrung größenabhängig ca. 50 bis 60 Wohnungen, unter Berücksichtigung eines hypothetischen Staffelgeschosses (ca. 6.200 m² BGF) ca. bis zu 75 Wohnungen, beinhalten. Dies unterschreitet deutlich die als Planungsziel vorgegebene Zahl von 130 bis 150 Wohneinheiten und steht somit im Widerspruch zum bindenden Beschluss der Senatskommission.
  • Innerhalb der markierten Flächen für Wohnungsbau befinden sich Bestandsgebäude mit den nach dem Brand erst kürzlich sanierten und erneuerten Freibadumkleiden, sanitären Anlagen sowie einem Kiosk, die dann an anderer Stelle auf dem Freibadgelände zu ersetzen wären. Hierfür geeignete Flächen sind kaum ersichtlich.
  • Ein aus Baumschutz- und ggf. Rettungswegegründen gebotener Nordversatz des Baukörpers in Verbindung mit einer erforderlichen Erschließungsstraße auf der Nordseite des Baukörpers würde dazu führen, dass das Freibad nahezu sämtliche nutzbaren Freiflächen südlich des Schwimmbeckens verlöre und einen Rückbau des Kinder-Planschbeckens bedingen. Die nahe dem Wohnungsbau bestehende Liegewiese würde durch Wohnungsbau im Süden zusätzlich verschattet bzw. als Freiflächen für den Wohnungsbau benötigt, d. h. entfallen.
  • Der vorgeschlagene Baukörper sehr großer Länge wäre ohne Beispiel in den städtebaulichen Mustern der näheren Umgebung und würde den Bezug der vorhandenen Bebauung Am Sooren 31a ff. zum nördlich gelegenen Freiraum des Stellau-Grünzuges aufheben bzw. abschneiden. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob damit einhergehende Qualitätsverluste auf übergreifende örtliche Akzeptanz träfen. Eine weitere Unterteilung des langen Baukörpers in kleinere Einheiten würde wiederum eine weitere Reduzierung der Wohneinheitenanzahl mit sich bringen. 
  • Aus einem wie in der Alternativplanung vorgesehen unmittelbaren Nebeneinander von Freibadnutzung und Geschosswohnungsbau wäre relevantes Konfliktpotenzial z.B. mit Blick auf Lärmemissionen, aber auch auf eine permanente Einsehbarkeit der Freibadaktivitäten gegeben.
  • Es käme durch Freibadnutzung und Wohnungsbau insgesamt zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, zumindest in den Sommermonaten.
  • Ein angemessener Stellplatzschlüssel, Stellplatzflächen oder notwendige Kinderspielflächen nach der HBauO sind gar nicht, bzw. nicht annähernd auskömmlich nachgewiesen. Eine Tiefgarage wird in der Alternativplanung explizit nicht vorgesehen. Eine Integration dieser Nutzungen stünde absehbar in Flächenkonkurrenz zu anderen Nutzungsbausteinen (Schwimmbecken, Gebäudefläche oder verbliebenen, bereits reduzierten Freiräumen und Grünbestand).
  • Die angestrebte Renaturierung der Stellau ist nicht erkennbar. Sofern diese nördlich des Schwimmbadbeckens erfolgen sollte, verblieben auch dort kaum nutzbare, zusammenhängende Freiflächen für einen Freibadbetrieb und wäre dessen Fortführung auch aus diesem Grund funktional in Frage gestellt.

 

Es bestehen erhebliche Zweifel, ob unter diesen Umständen ein sinnvoller Freibadbetrieb funktional aufrechterhalten werden könnte.

 

Die Alternativplanung ist zudem nicht mit der Drs. 20-7580 zur Sicherstellung einer sozialen und ökologischen Gestaltung des Ausbaus des Kombibads und der Entwicklung am Standort Wiesenredder vereinbar (s. Anlage). Dies betrifft insbesondere die Punkte 1 (Renaturierung der Stellau); teilweise 2 (Freiraumentwicklung nördlich und südlich der Stellau); 4, 5 und 6 (Wohnungsmix) sowie 8, 9 und 10 (ruhender Verkehr) aus dem Petitum II.

 

 

b) Einschätzung durch die Bäderland Hamburg GmbH

 

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können auf Basis der nur sehr groben Ideenskizze in ihren Auswirkungen dazu korrespondierend nur allgemein bewertet und beurteilt werden.

 

Auswirkungen für das verbleibende Freibad

 

Die Weiterverfolgung des vorliegenden Vorschlags hätte beträchtliche Auswirkungen auf das verbleibende Freibadangebot am Wiesenredder, wäre realistisch auch nur für einen zeitlich sehr begrenzten Horizont und mit zusätzlichem Kostenaufwand überhaupt denkbar und würde absehbar einen erheblichen, nicht vertretbaren Kostenaufwand in Millionenhöhe auslösen.

 

Das in seinem üblichen Lebenszyklus fortgeschrittene Freibadbecken inkl. veralteter Technik müsste absehbar innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre für mehrere Millionen Euro grundsaniert werden. Mit Blick auf die geplante bzw. bereits realisierte Modernisierung und strategische Angebotsaufwertung am Hallenbadstandort an der Rahlstedter Bahnhofstraße, inklusive  der geplanten Erweiterung um ein modernes und zeitgemäßes Ganzjahresfreibad als Ersatz für das Freibad am Wiesenredder war dies Bäderland  frühzeitig bekannt und stets bewusst. Mittel für ein neues, reines Sommerfreibad stehen deshalb nicht zur Verfügung und wären zudem in keiner Weise kompatibel mit seit vielen Jahren verfolgten Bäderland-Angebotsstrategie.

 

Auswirkungen durch Teilverkauf und reduzierten Wohnungsbau:

 

Ein Teilverkauf mit Weiterbetrieb des Freibades hätte erhebliche wertmindernde Auswirkungen auf den erzielbaren Verkaufserlös. Es ist durchaus realistisch davon auszugehen, dass nicht einmal eine Größenordnung erreicht würde, die für die zusätzlichen (Sanierungs-) Investitionen für einen andauernden Weiterbetrieb des Freibades aufzurufen wären.

 

Die verfügbare Fläche für den Verkauf des Freibades reduzierte sich auf nur noch rund  ein Drittel der geplanten Verkaufsfläche. Es ist mit einer deutlichen Wertminderung der verbleibenden Verkaufsfläche zu rechnen, aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu einem Freibad und der ebenfalls erhobenen Anforderung, ausschließlich geförderten Wohnungsbau anzustreben.

 

 

Auswirkungen auf das Badangebot in Rahlstedt insgesamt

 

Bäderland verfolgt seit Jahren erfolgreich die Strategie, in ganzjährig nutzbare Angebote und, wo nachfragegerecht und zweckdienlich, an einem zugehörigen Hallenbadstandort in Ganzjahresfreibäder zu investieren. Hintergrund der Strategie ist die hamburg- wie auch bundesweit rückläufige Entwicklung der Besucherzahlen in klassischen, großen Sommerfreibädern verbunden mit durch den wetterabhängigen und zeitlich sehr begrenzten Betrieb ganzjährig intensiven Kosten.

Investitionen zur Modernisierung und Attraktivierung herkömmlicher Sommerfreibäder werden aus wirtschaftlichen Gründen deshalb von Bäderland grundsätzlich nicht vorgenommen. Es werden nur notwendige und wirtschaftlich vertretbare Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt.

 

Der sogenannten „Alternativplan“ ist aus den vorgenannten Gründen für die Bäderland Hamburg GmbH wirtschaftlich und strategisch keine geeignete Option.

 

Bäderland will daher seine bisherige Angebotsstrategie beibehalten, nach der bereits 2018 abgeschlossenen Modernisierung und Erweiterung um eine Kurshalle am Hallenbadstandort, als Ersatz für das Freibad am Wiesenredder, ein ganzjährig nutzbares Freibadangebot zu schaffen. Diese Investition in ein Ganzjahresfreibad an der Rahlstedter Bahnhofstraße ist für Bäderland aber nur möglich, wenn dafür im Gegenzug das Freibad Wiesenredder wie geplant entfällt und das Grundstück in dem bisher vorgesehenen Umfang für den in Hamburg dringend benötigten Wohnungsbau veräußert wird. Damit kommt der Erlös aus dem Grundstücksverkauf über darauf aufbauende Angebotsinvestitionen (wie am Hallenbadstandort) der Bevölkerung wieder zu Gute.

 

 

c) Fazit

 

Im Ergebnis der Prüfung erscheint die vorliegende Alternativplanung nicht geeignet, um unter Beachtung der Vorgaben der Senatskommission, sowie der fachlichen Anforderungen als Grundlage für die weitere Planung zu dienen.

 

Die Verwaltung beabsichtigt daher, dem Beschluss des Hauptausschusses zu Drs. 21-0027, Beschlusspunkt 2. folgend die dort genannten Beteiligten zu einem Gespräch einzuladen, um die weiteren Möglichkeiten im Sinne des Beschlusses zu erörtern.

 

 

Eine Vertreterin der Bäderland Hamburg GmbH wird in der Sitzung im Sinne des Beschlusses Drs. 21-0027, Petitum Nr. 3. berichten.

 

Petitum/Beschluss

 

Der Ausschuss wird um Kenntnisnahme gebeten.

 

Anhänge

 

-          Drs. 21-0027

-          Alternativplanung

-          Drs. 20-7580