20-4664

Ehrenamtliche bei der Nutzung des ÖPNV finanziell entlasten Beschluss der Bezirksversammlung vom 22.06.2017 (Drs. 20-4466)

Mitteilungsvorlage BV-Vorsitz

Sachverhalt

 

Folgender Beschluss wurde gefasst:

  1. Die Bezirksversammlung Wandsbek unterstützt die Hamburger Engagementstrategie, hält aber weitere gezielte Maßnahmen zur Unterstützung des Ehrenamtes im Rahmen der regelmäßigen Fortschreibung für erwägenswert, insbesondere die Idee eines Preisnachlasses auf Zeitkarten des ÖPNV, wie es das Sozialticket vorsieht, oder das Berliner Modell der Einzelfahrscheine.
  2. Die zuständige Fachbehörde wird gebeten, zu prüfen, in welcher Höhe ein Preisnachlass umsetzbar ist, wie die Kriterien für den Erhalt einer Sozialkarte möglichst unbürokratisch und ohne unverhältnismäßigen Prüfaufwand angepasst werden müssen und können, damit auch Ehrenamtliche durch den Erhalt einen Preisnachlass auf Zeitkarten erhalten können. Alternativ wird gebeten, die Umsetzung des Berliner Modells der Einzelfahrscheine zu prüfen.

Die Prüfung sollte auch eine Kosten-Nutzen-Analyse im Verhältnis zu andere möglichen Maßnahmen der weiteren Stärkung des Ehrenamtes beinhalten (z.B. Ehrenamtskarte).

  1. Das Prüfergebnis ist im Ausschuss für Soziales und Bildung vorzustellen.

 

 

Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) nimmt unter Mitwirkung der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation  (BWVI) wie folgt Stellung:

Die Idee, freiwillig Engagierten vergünstige Fahrtickets zu ermöglichen, wurde in der Vergangenheit immer wieder diskutiert und ist als Prüfauftrag auch in der Engagementstrategie 2020, Drs. 20/12430, verankert.

 

Dem Prüfauftrag folgend wurde das Thema am 15. September 2015 mit Vertretern verschiedener Behörden und Bezirksämter, sowie des AKTIVOLI-Landesnetzwerkes erörtert und abschließend auf der Sitzung des Engagementforums am 12.12.2016 diskutiert.

 

Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die Ausweitung der Sozialtickets für Ehrenamtliche zu unverhältnismäßig hohen Kosten und einem nicht zu leistenden Aufwand führen würde.

 

Würde man die Sozialkarte auch freiwillig Engagierten zukommen lassen wollen, wäre zunächst der Kreis der Berechtigten näher zu bestimmen. Basierend auf den Daten des aktuellen Freiwilligensurveys sind in Hamburg ca. 550.000 Menschen freiwillig engagiert. Selbst, wenn man den Kreis der Berechtigten durch bestimmte Faktoren, wie z.B. langjähriges Engagement mit einem Umfang von mehreren Wochenstunden, auf 10% begrenzen würde, entstünden Mehrkosten von 1.144.000 Euro, die im Haushalt nicht zur Verfügung stehen.

 

Anders als bei den derzeitigen Beziehern der Sozialkarten, die den Zuschuss im Kontext zu dem eigentlichen Bezug der Sozialleistungen beantragen, fehlt es beim Kreis der freiwillig Engagierten an zentralen Anlaufstellen. Damit ist fraglich, wer die Sozialkarten ausgeben und verwalten sollte. Denkbar wäre eine Vergabe über die Freiwilligenagenturen oder über die Bezirksämter. Allerdings wäre dies nur möglich, wenn entsprechende personelle Ressourcen aufgestockt würden. Dies würde weitere erhebliche Kosten verursachen. Zum anderen wäre unklar, wer die Nachweise über das Vorliegen der Voraussetzungen ausstellen sollte, insbesondere wenn Engagierte nicht in rechtsfähigen Organisationen aktiv sind. Das Ausstellen von diversen Nachweisen des Engagements dürfte den Organisationen zudem kaum zuzumuten sein, da die Organisationen, Vereine und Initiativen in der Regel nicht auf hauptamtliche Unterstützung zurückgreifen können, sondern auch die Verwaltungstätigkeit ehrenamtlich betreuen.

 

Zusammengefasst stünde der erhebliche finanzielle und personelle Mehraufwand nicht im Verhältnis zu einer Förderung, die nur einen Bruchteil der Engagierten erreicht.

 

Die Übertragung des „Berliner Modells“, der Ausgabe von Einzelfahrscheinen, ist auf Hamburg nicht möglich. Neben der bereits oben dargestellten Problematik der Bestimmung des Kreises der Berechtigten und der Finanzierung, ist eine Umsetzung des Berliner Modells auf Hamburg schon deshalb nicht übertragbar, weil es im System des HVV keine vorab zu erwerbenden Einzelfahrscheine im Paket gibt. Berlin arbeitet im Öffentlichen Nahverkehr mit einem Entwerter-System, in dem Einzelfahrkarten vorab erworben werden können und durch die Entwertung zu der angetretenen Fahrt berechtigen. In Hamburg kann eine Einzelfahrkarte nur für eine unmittelbar anstehende Fahrt erworben werden. Eine Umstellung dieses Systems wäre mit erheblichen Kosten verbunden und wird vom HVV auch nicht unterstützt.

 

Die Einführung einer Ehrenamtskarte ist in Hamburg zuletzt im März 2017 auf Antrag der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft, Drs. 21/8340, diskutiert und im Ergebnis abgelehnt worden, sowie auch schon ein Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN im Jahr 2015, Drs. 20/10852 und Drs. 20/14127. Im Ergebnis lehnte die Bürgerschaft die Einführung stets deshalb ab, weil sie die Einführung einer Ehrenamtskarte mit einem finanziellen und bürokratischem Aufwand verbunden sah, der nicht im Verhältnis zu der damit auszudrückenden und wahrzunehmenden Anerkennung beim überwiegend aus der Mittelschicht stammenden Personenkreis der freiwillig Engagierten stehe.

 

Am 15. September 2015 haben die für freiwilliges Engagement zuständigen Fachleute aus den Behörden und Vertreterinnen des AKTIVOLI-Landesnetzwerkes im Rahmen der Engagementstrategie 2020, Drs. 20/12430 auf einer Sitzung der behördenübergreifenden AG zum freiwilligen Engagement, die Einführung diskutiert. Im Ergebnis wurde auch hier die Einführung einer Ehrenamtskarte abgelehnt und das Engagementforum, das übergeordnete Gremium der Fachbehörden, Bezirksämter und von Organisationen der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der Engagementstrategie 2020, hierüber am 14.12.2015 informiert. Neben den bereits von der Bürgerschaft angeführten Gründen betonten die Expertinnen und Experten, dass in Hamburg der Wunsch nach einer solchen Karte weder von den freiwillig Engagierten selbst, noch von den Organisationen, die freiwillig Engagierte beschäftigen, artikuliert worden sei. Vielmehr wünschten sich die freiwillig Engagierten die Bereitstellung von Finanzmitteln für eigene Projekte, die öffentliche Anerkennung des Ehrenamts und eine Anerkennungskultur, sowie die Möglichkeit zur Qualifizierung freiwillig Engagierter.

 

In Hamburg besteht mit dem „Hamburger Nachweis“ (http://www.hamburg.de/hamburger-nachweis/) bereits ein individuelles Anerkennungs- und Würdigungsinstrument, welches beständig wachsend und bereichsübergreifend nachgefragt wird. Im Jahr 2016 wurden insgesamt 352 Hamburger Nachweise ausgestellt, im Jahr 2017 bislang schon 793.

 

Über die von der BASFI geförderte Freiwilligenakademie des AKTIVOLI-Landesnetzwerkes (www.freiwilligenakademie-hamburg.de) haben freiwillig Engagierte die Möglichkeit, Fortbildungsangebote schnell und unkompliziert zu finden. Viele der dort eingestellten Angebote sind für die freiwillig Engagierten kostenfrei.

 

Jährlich würdigt der Senat das freiwillige Engagement mit einem festlichen Senatsempfang im Rathaus. In der Engagementkampagne „Mit Dir geht mehr“   (http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/8284812/2017-03-03-basfi-mitdirgehtmehr/), die in 2017 verschiedene Formen des freiwilligen Engagements sichtbar macht, wird den freiwilligen Engagierten ausdrücklich Dank für ihre Tätigkeit ausgesprochen.

 

Über die Angebote des Forum Flüchtlingshilfe (http://www.hamburg.de/forum-fluechtlingshilfe/) werden freiwillig Engagierte in der Flüchtlingshilfe gezielt unterstützt und gewürdigt.

 

 

Petitum/Beschluss

 

Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.

 

 

Anhänge

 

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