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Bebauungsplanverfahren Steilshoop 10 - Fritz-Flinte-Ring Vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren Steilshoop 11 - Borchertring - Einleitung zweier Bebauungsplanverfahren - Öffentliche Plandiskussion am 23.03.2020

Beschlussvorlage

Sachverhalt

 

A. Anlass und Ziel der Planungen

Die Flächen nördlich der Großwohnsiedlung Steilshoop setzen sich zurzeit im Wesentlichen aus Schul- und Sportflächen, weiteren Gemeinbedarfsflächen, Parkplätzen und Grünflächen zusammen. Im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Bündelung der schulischen und sonstigen Gemeinbedarfsnutzungen im kürzlich eröffneten Schulneubau bzw. Campus Steilshoop ergibt sich insbesondere durch freiwerdende schulische Flächen die Möglichkeit der Neugestaltung des nördlichen Siedlungsrandes Steilshoops einschließlich ergänzendem Wohnungsbau.

Begleitend zu den o.g. öffentlichen Neubauten und Umstrukturierungen wurde im Jahr 2013 eine Rahmenplanung durch das Bezirksamt Wandsbek beauftragt, um zur Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern insbesondere auch eine teilweise Neuverteilung der Nutzungen am Nordrand Steilshoops zu prüfen. Die Rahmenplanung hat hierfür vier Varianten einer möglichen Entwicklung skizziert. Mit Beschluss der Senatskommission für Stadtentwicklung und Wohnungsbau vom 29.01.2015 wurde die Variante A2 ausgewählt. Sie sieht Wohnungsneubau auf drei Baufeldern, u.a. auch auf dem Standort der bisherigen „Schule am See“ am Borchertring 38 vor. Die nutzungsbezogene Flächenaufteilung des mittleren Baufeldes wurde mit Beschluss der Bezirksversammlung vom 28.06.2018 (Drs. 20-6115) konkretisiert.

Auf der Grundlage der ausgewählten Nutzungsverteilung hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA 2019 einen städtebaulich-freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb ausgelobt mit dem Ziel, auf den genannten drei Baufeldern preisgünstigen freifinanzierten Wohnungsneubau mit ca. 400-500 Wohneinheiten auf Basis des SAGA-Systemhauses zu realisieren. Damit kann ein wichtiger Beitrag für die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum auch jenseits förmlicher Förderungen und Förderkriterien für breite Schichten der Bevölkerung geleistet werden. In der Sitzung des Preisgerichtes am 14.08.2019 wurde der Beitrag von PPL Architektur und Stadtplanung mit Schoppe+Partner Freiraumplanung, Hamburg mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Das Konzept sieht eine im Detail differenzierte, raumbildende Blockrandstruktur vor, die im Bereich am Bramfelder See auch einen ergänzenden, großzügigen öffentlich nutzbaren Freiraum schafft.

Für die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses ist die Schaffung neuen Planrechts erforderlich. Ziel und Zweck der einzuleitenden Bebauungspläne ist es daher, eine entsprechende städtebauliche Neuordnung am Nordrand der Großsiedlung Steilshoop zu ermöglichen und u.a. eine wohnbauliche Entwicklung zu integrieren. Für die von den Entwurfsverfassern vorgesehene große ebenerdige Stellplatzanlage am Borchertring bleibt eine weitere, ggf. auch bauliche Qualifizierung vorbehalten.

B. Städtebauliches und sozialräumliches Umfeld

Die Plangebiete liegen im Übergang vom Siedlungsraum zu einem landschaftlich geprägten Bereich. Das nordwestliche Umfeld wird dabei im Anschluss an den Friedhof Ohlsdorf durch eine kleingärtnerische Nutzung sowie durch den Bramfelder See mit seinen Grünflächen geprägt. Im unmittelbar jeweils östlichen und westlichen Umfeld befinden sich Schulstandorte, Sportanlagen sowie Spielplätze. Im Süden schließt sich die Großwohnsiedlung Steilshoop mit einer prägnanten Blockrandbebauung und großzügigen, grünen Innenhöfen an. Die jeweils an einer Stelle geöffneten Blöcke staffeln sich in der Höhe ab. Die Siedlung galt mit ihrer charakteristischen Blockfigur bereits kurz nach der Entstehung in den 1970er Jahren als eines der bekanntesten Beispiele für einen Leitbildwandel im Nachkriegsstädtebau. In Abkehr von früheren Leitbildern der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“ oder der „autogerechten Stadt“ wurde seinerzeit in Anlehnung an historische Muster der Block als Regelstruktur wieder aufgegriffen. Der östliche Rand der Großsiedlung im Bereich des Bramfelder Sees weist eine vergleichsweise lockere Bebauung mit Reihenhäusern, Doppel- sowie Einfamilienhäusern auf.

Der Stadtteil Steilshoop weist eine Bevölkerungsdichte von ca. 7.870 Einwohner/innen (EW) je km² bei einer Gesamtzahl von über 19.000 Einwohner/innen auf. Im Vergleich weisen andere Stadtteile teils geringere, teils aber auch höhere Einwohnerdichten auf; z.B. Eilbek 12.541 EW/km²; Eimsbüttel 17.839 EW/km²; vgl. Bü.-Drs. 21/16036).

In den letzten Jahren ist die Anzahl der Menschen ab 80 Jahren im Stadtteil Steilshoop kontinuierlich gestiegen (von 2014 zu 2018 um 32,59 %) und liegt somit über dem gesamtstädtischen Durchschnitt (17,98 %). In Steilshoop liegt außerdem ein überdurchschnittlicher Anteil von unter 21-Jährigen vor. Weiterhin ist in Steilshoop eine Zunahme bei den Neugeborenen (unter 1-Jährige) um 28,39 % zu verzeichnen. Die Veränderungswerte liegen über den bezirklichen sowie gesamtstädtischen Werten. Steilshoop verzeichnet darüber hinaus eine nahezu ausgeglichene Wanderungsbewegung, bei der im Vorjahr fast gleich viele Menschen zu- als auch weggezogen sind (+ 34 Personen).

Die Einpersonenhaushalte nehmen einen geringeren Anteil als im Bezirk und der Gesamtstadt ein. Steilshoop besitzt einen im bezirklichen und gesamtstädtischen Vergleich überdurchschnittlichen Anteil an Haushalten mit Kindern (22,4 %) und Haushalten Alleinerziehender (7,1 %). Beide Haushaltsformen wiesen in den vergangenen Jahren Zuwächse auf.

Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt 34,19 %  und liegt somit unter dem bezirklichen (37,89 %) und gesamtstädtischen (40,3 %) Durchschnitt.

Der Anteil an Arbeitslosen liegt in der Altersgruppe von 15 bis unter 65 Jahren mit 8,8 % leicht über dem gesamtstädtischen und bezirklichen Anteil. Bezieher von SGB II und nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige sind anteilig mit 23,1 % überdurchschnittlich vertreten. Der Anteil der Grundsicherungsempfänger liegt mit einem Wert von 13,2 % ebenso über dem bezirklichen (6,2 %) und dem gesamtstädtischen (7,9 %) Durchschnitt.

Insgesamt unterschreitet der Stadtteil Steilshoop den durchschnittlichen Bezirkswert in den Parametern „Wohnfläche je Einwohner“ (Steilshoop 33,2 m², Bezirk 40,9 m²) und „durchschnittliche Wohnungsgröße“ (Steilshoop 74,0 m², Bezirk 83,6 m²), nähert sich jedoch den Werten für die Gesamtstadt (38,5 m² bzw. 76,1 m²) an. Die Anzahl aller Wohnungen in Steilshoop beträgt 8.852, bei einem Anteil an Sozialwohnungen von 32,2 %. Dieser Wert liegt weit über dem bezirklichen (7,3 %) und dem gesamtstädtischen (7,9 %) Anteil. Etwas mehr als ein Fünftel dieser Wohnungen fällt bis 2024 aus der Bindung.

Gemäß RISE-Sozialmonitoring wohnen zwei Drittel aller Menschen in Steilshoop in Gebieten, welche dem Statusindikator „sehr niedrig“ (32,7 %) und „niedrig“ (33,3 %) zugeordnet werden. Im Zeitraum von 2014 bis 2018 hat sich eine leichte Verbesserung bei dem Anteil des Statusindikators „sehr niedrig“ ergeben.

Schulen, Kindertagesstätten und weitere Gemeinbedarfseinrichtungen sind im Stadtteil vorhanden (vgl. Anlage: Karte zur sozialen Infrastruktur).

C. Städtebaulich-freiraumplanerisches Konzept

Das Wettbewerbsergebnis sieht auf insgesamt drei Baufeldern (A bis C) eine wohnbauliche Entwicklung, und auf weiteren Flächen sonstige Umstrukturierungsmaßnahmen vor.

Die Baufelder A und B des Wettbewerbs liegen im vorgesehenen Plangebiet Steilshoop 10 im Bereich des heutigen Fußballplatzes des 1. FC Hellbrook sowie eines Schulgrundstücks. Zwischen den Baufeldern A und B sowie nördlich davon sollen die Sportplatzfläche, die Nutzungen des Beschäftigungsträgers Alraune sowie die Erschließung verlagert bzw. neu organisiert werden. Die Sportanlage des 1. FC Hellbrook soll zukünftig nördlich des Baufelds B neu errichtet werden. Das bisherige „Tierhaus“ Alraune soll ebenfalls an einen neuen Standort im Plangebiet verlagert werden. Die Erschließung dieser Nutzungen sowie der zukünftigen Wohnbebauung soll ausgehend vom Steilshooper Ringstraßensystem hergestellt werden. Dabei sind Parkstände bzw. Stellplatzbedarfe zu berücksichtigen.

Das Baufeld C befindet sich im vorgesehenen Plangebiet Steilshoop 11 im Bereich des ehemaligen Schulgeländes der „Schule am See“ Borchertring 38, deren schulische Nutzung mit dem Umzug der Schule in den Schulneubau bzw. Campus Steilshoop Mitte 2019 aufgegeben worden ist. Durch die vorgesehene Rücknahme der bisherigen Bebauung auf Teilflächen zum Bramfelder See hin kann ein großzügiger Freiraum entlang des Uferbereichs geschaffen werden. Im Weiteren soll die Fläche südwestlich des Schulgrundstücks einer Nutzung zugeführt werden. Über den Wettbewerbsvorschlag einer oberirdischen Stellplatznutzung hinaus soll im weiteren Verfahren auch eine hochbauliche Qualifizierung dieser Fläche weiterverfolgt werden, für die neben den (u.a. Stellplatz-) Bedarfen der SAGA ggf. auch weitere Bedarfe aus dem Stadtteil zu prüfen wären. Auch das Baufeld C soll ausgehend vom Steilshooper Ringstraßensystem erschlossen werden.

Insgesamt verfolgt das Wettbewerbsergebnis eine differenzierte geschlossene Blockrandbebauung, die durch ihre Bauform eine klare Zonierung des Wohnumfeldes, ruhige Innenhöfe und nutzbare Freiflächen schafft. Leitgedanke ist die Entwicklung neuer identitätsstiftender Wohnquartiere, die den baulichen Kontext zeitgemäß interpretieren und ihn im bewussten Umgang weiterentwickeln. Die vorgesehenen Bebauungsstrukturen bilden eine klare Siedlungskante und erreichen durch unterschiedliche Fassaden und Gebäudehöhen eine gestalterische Vielfalt. Der Entwurfsansatz bietet hinreichende Flexibilität, um mit dem Systembaukasten der SAGA realisiert zu werden.

D. Plangebiete, geltendes Planrecht, Planbedarfe

Die vorgesehenen Plangebiete liegen im Stadtteil Steilshoop im Bezirk Wandsbek. Das südwestlich zur Einleitung vorgesehene Plangebiet am Fritz-Flinte-Ring (Steilshoop 10) grenzt im Norden an die Kleingartenanlage des Kleingartenvereins 565-Ohlsdorf e. V. sowie an die Grünflächen des Bramfelder Sees an. Im Osten wird das Plangebiet durch die neu entstandene Bildungseinrichtung / Schulneubau bzw. den „Campus Steilshoop“ begrenzt. Südlich findet das Plangebiet seinen Abschluss durch den Fritz-Flinte-Ring, den sogenannten Siedlungsrandweg der Großwohnsiedlung Steilshoop sowie den Edwin-Scharff-Ring. Die westliche Begrenzung bildet der Finkenweg. Es umfasst neben der vorgesehenen Wohnbebauung der SAGA auch in nicht unerheblichem Umfang weitere öffentliche Flächen, so dass eine Durchführung des Bebauungsplanverfahrens als vorhabenbezogenes Verfahren nicht möglich ist und ein Regelverfahren durchgeführt werden soll.

Das nordöstlich zur Einleitung vorgesehene Plangebiet am Borchertring (Steilshoop 11) wird im Norden durch den Uferbereich des Bramfelder Sees, im Osten durch einen Spielplatz, im Süden durch den Borchertring und im Südwesten von den Sportanlagen des THC Forsthof und des Bramfelder SV begrenzt. Es umfasst im Wesentlichen den zukünftigen Wohnungsbau der SAGA; daher kann das Bebauungsplanverfahren als vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden, um die Vorhabeninhalte nach Maßgabe der städtebaulichen Erfordernisse möglichst exakt zu steuern.

Die vorgesehenen Plangebiete liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Steilshoop 5 vom 8. Juli 1969. Er setzt für diese im Wesentlichen Gemeinbedarfsflächen, Grünflächen und Straßenverkehrsflächen fest. Für die Umnutzung und Neuordnung der Flächen ist die Schaffung neuen Planrechts erforderlich.

Der Flächennutzungsplan stellt in den vorgesehenen Plangebieten Wohnbauflächen und Grünflächen dar. Das Landschaftsprogramm stellt dort „Etagenwohnen“ sowie „eingeschränkt nutzbare Grünflächen“ dar; in Randbereichen werden „Kleingärten“ und am Bramfelder See „Parkanlage“ dargestellt. Der Bereich um den Bramfelder See ist außerdem als Schutzbereich für oberflächennahes Grundwasser und Stauwasser dargestellt. Mit Ausnahme der als Etagenwohnen dargestellten Flächen liegen die Baufelder, auch entsprechend der Darstellung in der Fachkarte „Grün Vernetzen“, innerhalb des 2. Grünen Ringes.

Die Fachkarte Arten- und Biotopschutz stellt “städtisch geprägte Bereiche“, „große Sportanlagen“, „Kleingärten“ und „Parkanlage“ dar.

Entsprechend den veränderten städtebaulichen Zielsetzungen ergeben sich bei der Aufstellung der Bebauungspläne Änderungsbedarfe auf der Ebene der übergeordneten Planungen (Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm mit Fachkarten).

Es wird daher vorgeschlagen, ein Bebauungsplanverfahren mit der vorgesehenen Bezeichnung Steilshoop 10; sowie ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren mit der vorgesehenen Bezeichnung Steilshoop 11 einzuleiten und am 23. März 2020 eine gemeinsame öffentliche Plandiskussion voraussichtlich auf dem „Campus Steilshoop“ am Gropiusring 43a durchzuführen.

 

In der Ausschusssitzung wird u.a. die SAGA ergänzend zur Planung vortragen.

 

Petitum/Beschluss

 

Der Planungsausschuss wird gebeten,

a)      der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens Steilshoop 10,

b)      der Einleitung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahrens Steilshoop 11 sowie

c)      der Durchführung einer öffentlichen Plandiskussion für beide Verfahren am 23.03.2020 zuzustimmen.

 

Anhänge

 

-          Plangebietsabgrenzungen der Bebauungsplanverfahren Steilshoop 10 und Steilshoop 11

-          Karte zur sozialen Infrastruktur

-          Siegerentwurf des städtebaulich-freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs

-          Rahmenplanung Variante A2 (2013)