20-5997

Aufhebung eines Teilbereichs des Baustufenplans Farmsen - Stellungnahme der Verwaltung zur Eingabe Drs. 20-5503

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Sachverhalt

Anwohnerinnen und Anwohner der Siedlung Tegelweg / Kiebitzhegen haben eine Eingabe an den Planungsausschuss gerichtet, die in der Sitzung vom 30.01.2018 vorgebracht worden ist (Drs. 20-5503).

Darin weisen die Anwohner auf den besonderen Charakter ihrer Gartenhofsiedlung hin, die in den 1970er Jahren im Wege der Befreiung von den Festsetzungen des Baustufenplanes  Farmsen (W2o bzw. S1o sowie Grünflächen/ Außengebiet) genehmigt und errichtet worden ist. Die Siedlung besteht aus überwiegend eingeschossigen Gartenhofhäusern mit zweigeschossigen Gebäudeteilen, jeweils mit einem introvertierten und externen Blicken weitestgehend entzogenen Gartenhof.

Im Juni 2017 wurde für ein Gebäude auf Grundlage der Festsetzung "W2o" des Baustufenplans eine Erweiterung des Staffelgeschosses genehmigt, durch die dieses bauordnungsrechtlich als Vollgeschoss zu werten ist. Die Bewohner der Siedlung fürchten gemäß Eingabe eine sukzessive Nachverdichtung der Siedlung durch weitere zweigeschossige Baukörper, wodurch sie die Uneinsehbarkeit der Gartenhöfe gefährdet sehen. Außerdem verweisen sie auf eine in ihren Augen dadurch mögliche Überschreitung der Regelobergrenze für die Geschossflächenzahl (GFZ) in Wohngebieten gemäß Baunutzungsverordnung (BauNVO) von 1,2 auf 1,6. Hierzu ist anzumerken, dass der Baustufenplan eine GFZ nicht festsetzt und diese Annahme daher – sofern sie überhaupt zuträfe – rein theoretisch wäre.

In der Eingabe wird nachfolgend u.a. die Aufhebung des Baustufenplanes für den Bereich der Siedlung vorgeschlagen, so dass künftige Bauvorhaben nach §34 des Baugesetzbuches (BauGB) zu bewerten wären. Es ist jedoch aus Sicht der Verwaltung davon auszugehen, dass mit einer Aufhebung des Baustufenplans und einer Beurteilung von Vorhaben allein nach §34 BauGB ("Einfügen") eine Sicherung des Siedlungscharakters in der durch die Eingeber gewünschten Weise nicht sicherzustellen ist. Darüber hinaus ist auch nach Rücksprache mit dem Rechtsamt davon auszugehen, dass der Baustufenplan durch den Bau der Siedlung nicht funktionslos geworden ist und demnach keine sachliche Grundlage für die Aufhebung des Planes gegeben ist.

Des Weiteren würden mit einer Aufhebung des Baustufenplans auch alle anderen darin getroffenen Regelungen, z.B. zur Art der Nutzung, wegfallen. Ein Ersatz von qualifiziertem Planrecht durch niederwertigeres Planrecht wäre daher städtebaulich nicht zielführend und rechtlich zumindest fragwürdig.

Zudem würden auch an das Verfahren zur Aufhebung eines Bebauungsplanes dieselben verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Anforderungen gestellt wie an die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Insbesondere ist eine sachgerechte Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen. Die zur Durchführung des Verfahrens ggf. erforderlichen Verwaltungskapazitäten sollten daher nicht zur Aufhebung von geltendem Planrecht, sondern vordringlich zur Schaffung von neuem Planrecht eingesetzt werden. Die Verwaltung rät daher von einem Verfahren zur (Teil-)Aufhebung des Baustufenplanes ab.

Alternativ schlagen die Eingeber die Aufstellung eines einfachen Bebauungsplanes vor, der nicht alle Regelungsinhalte eines qualifizierten Bebauungsplanes beinhalten, jedoch den grundsätzlichen Charakter der Siedlung durch die Festsetzung einer Bebauung aus eingeschossigen Gartenhofhäusern sichern solle.

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden Bebauungspläne aufzustellen, "sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist." Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Aufstellung von Bauleitplänen nicht vorzusehen ist, wenn sie nicht im Sinne des Abs. 3 Satz 1 erforderlich ist. In diesem Fall geht die Verwaltung davon aus, dass ein entsprechendes Planerfordernis zur Sicherung der städtebaulichen Ordnung im Sinne eines "Festschreibens“ des Bestandes hier nicht gegeben ist, da – wie bereits zuvor erläutert – der Baustufenplan nicht funktionslos geworden ist. Im Falle eines Bebauungsplanverfahrens nach dem BauGB kann es zudem zu weiteren Fragestellungen kommen, die über eine schlichte Bestandssicherung der vorhandenen Siedlung hinausweisen, weitergehenden Bearbeitungsbedarf erzeugen und damit der gewünschten Einfachheit und Zügigkeit eines solchen Verfahrens entgegenstünden.

Außerdem würde nach Aussage der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen eine planerische Reduzierung bereits bestehender, noch nicht ausgeschöpfter Baupotenziale den Wohnungsbauzielen des Senats widersprechen und ein solches Verfahren somit bereits an dem fehlenden Einvernehmen in der frühzeitigen Behördenbeteiligung (sog. Grobabstimmung) scheitern.

Die Verwaltung rät daher von der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zur Sicherung des baulichen Bestandes und des Siedlungscharakters ab. Ungeachtet des genannten Einzelfalls zeichnet sich derzeit eine umfangreiche Überformung der vorhandenen Siedlung durch entsprechende Nachfolgebauten nicht ab.

Petitum/Beschluss

Der Planungsausschuss wird um Kenntnisnahme gebeten.

Anhänge

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