45. bis 48. Wandsbeker Bürgerbegehren - Am Neumarkt Beschluss der Bezirksversammlung vom 12.10.2023 (Drs. 21-7719.1)
Folgender Beschluss wurde gefasst:
Verwaltung und zuständige Fachbehörde werden gebeten, darzulegen – soweit nicht mit der Drs. 21-7686 (Hauptausschuss am 25.09.2023, TOP 7.1) – bereits geschehen,
1) welche verschiedenen Fassungen einer Fragestellung zum Neumarkt die Initiative jeweils wann angezeigt hat und mit welchen Hinweisen und Bescheiden die Bezirksabstimmungsleitung jeweils wann und mit welcher Begründung reagiert hat?
2) welche angezeigten Fragestellungen aufrechterhalten werden und welche Fassungen sich jeweils aus welchen Gründen erledigt haben?
3) welche Fristen jeweils noch laufen?
4) gegen welche Bescheide der Bezirksabstimmungsleiterin mit welchem Ergebnis des Verfahrens oder Zwischenstand Widerspruch eingelegt und/oder eine Schlichtung eingeleitet wurde?
5) ob die Fachbehörde der Initiative einen eigenen Textvorschlag unterbreitet hat? Falls ja, wann und welche konkrete Formulierung? Durch wen wurde dieser Vorschlag wann auf rechtliche Zulässigkeit überprüft? Falls dies der Fall sein sollte, durch wen wurde das Ergebnis wann an die Initiative übermittelt?
7) aus welchen Gründen und welcher Vorschriften ein Erhalt bzw. die Wiederherstellung der alten Zustände von Fuß- und Radwegen nicht möglich ist?
Die Verwaltung wird gebeten, zu prüfen,
8) für wie viele und an welcher Stelle für die in der Straße Am Neumarkt zwischen Efftingestraße und Luetkensallee durch den Umbau entfallenden Parkplätze Ersatz in gleicher Anzahl in einer Entfernung von 500 Metern Ersatz im Rahmen der gesetzlich verbindlichen Vorschriften mit und ohne Baumfällungen geschaffen werden können;
9) dazulegen, welche ggf. aus Sicht objektiver Dritter naheliegenden Maßnahmen, welche zu einer Stellplatzausweitung führen könnten, im Rahmen der Beschlusskompetenz der Bezirksversammlung (§ 21 BezVG) oder eines Bürgerbegehrens nicht verbindlich durchgesetzt, sondern nur angeregt werden können
Zu 1)
S. Anlage
Zu 2)
Die Initiative hat zu den Bescheiden der BB Nr. 45, 46 47, und 48 jeweils Widerspruch eingelegt.
Da nicht abgeholfen werden konnte, wurden die Widerspruchsverfahren an die BWFGB zur Bescheidung abgegeben.
Derzeit liegen somit vier Widersprüche gegen vier als unzulässig zurückgewiesene Bürgerbegehren vor, welche inhaltlich das gleiche Ziel – den Erhalt von Parkplätzen und Bäumen in der Straße „Am Neumarkt“ zum Inhalt haben. Es liegen noch keine bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidungen vor.
Zu 3)
Beim BA Wandsbek ist keine Frist mehr anhängig.
Zu 4)
Die Initiative hat zu den Bescheiden der BB Nr. 45, 46 ,47 und 48 jeweils Widerspruch eingelegt.
Das Bezirksamt hat den Widersprüchen nicht abgeholfen. Daraufhin erfolgte die Abgabe an die BWFGB.
Am 05. Juli 2023 fand die mündliche Verhandlung im Widerspruchsverfahren zum Bürgerbegehren Nr. 46 „Am Neumarkt retten – Rettet die Bäume und Parkplätze!“ statt.
Am 31. August 2023 fand eine Schlichtungsverhandlung zu bis zu diesem Zeitpunkt angezeigten Bürgerbegehren statt. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden.
Zu 5)
Im Schlichtungsverfahren vom 31. August 2023, welches unter dem Vorsitz der BWFGB geführt wurde, wurde im dazugehörigen Protokoll u.a. Folgendes festgehalten:
„2. Eine mögliche Formulierung für ein zulässiges Bürgerbegehren könnte lauten:
„Sind Sie dafür, dass für die in der Straße Am Neumarkt zwischen Efftingestraße und Luetkensallee durch den Umbau entfallenden Parkplätze Ersatz in gleicher Anzahl in einer Entfernung von [eine von der Initiative nach Prüfung der örtlichen Gegebenheiten einzufügende Zahl] Metern Ersatz geschaffen wird?“
Das Bezirksamt sagt zu, bis Dienstag, den 05.09.2023, abschließend zu prüfen, ob diese Formulierung dort für zulässig erachtet wird und teilt das Ergebnis sowie erforderlichenfalls notwendige Ergänzungen oder Änderungen den anderen Mitgliedern der Schlichtungskommission bis zu dem genannten Datum mit“.
Nach erfolgter Prüfung durch das Rechtsamt teilte das Bezirksamt der BWFGB am 5. September 2023 und der Widersprechenden am 7. September 2023 mit, dass folgende Formulierung zulässig wäre:
„Sind Sie dafür, dass das Bezirksamt prüft, für die in der Straße Am Neumarkt zwischen Eftingestraße und Luetkensallee durch den Umbau entfallenden Parkplätze Ersatz in gleicher Anzahl in einer Entfernung von [eine von der Initiative nach Prüfung der örtlichen Gegebenheiten einzufügende Zahl] Metern unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben zu schaffen?“
Zu 6)
Die Planung der Baumaßnahme fußt auf dem FHH-weit gültigen, seinerzeit von der Bürgerschaft mit der Volksinitiative „Radentscheid Hamburg – Sicheres Radfahren für alle, überall in Hamburg“ ausgehandelten Kompromiss (Bürgerschafts-Drucksache 22/106 vom 21.04.2020). Im Zuge dieses Kompromisses wurde das „Bündnis für den Rad- und Fußverkehr“ (im Folgenden „Bündnis“) gegründet.
Zu diesem Bündnis gehört zwar auch das Bezirksamt Wandsbek, es wird jedoch führend durch die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) organisiert. Mit der Planung und der Durchführung der Baumaßnahme sollen die Anforderungen des Bündnisses sowie des "Radentscheides Hamburg – Sicheres Radfahren für alle, überall in Hamburg" umgesetzt werden. Die Baumaßnahme befindet sich in der jährlichen Vereinbarung des Bündnisses mit dem Bezirksamt Wandsbek für die Jahre 2021 bis 2025.
Nach Ziffer 5.2 der Vereinbarung vom 17.05.2022 werden die bezirklichen Gremien bei Infrastrukturmaßnahmen eingebunden. Die Konzepte zur Weiterentwicklung beider Verkehrssysteme und Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur werden hierbei in den bezirklichen Gremien vorgestellt und diskutiert, um Hinweise und Änderungen aufzunehmen. Eine Beschlussfassung der bezirklichen Gremien hinsichtlich der konkreten Baumaßnahmen, die diese verändern oder stoppen könnte, ist hierbei jedoch nicht vorgesehen.
Die BV kann somit allenfalls dem Bündnis für den Rad- und Fußverkehr empfehlen, die Baumaßnahme zu verändern. Anderenfalls würde sie in die Entscheidungsbefugnisse des Bündnisses bzw. der BVM eingreifen. Die Planung wurde entsprechend den aktuell gültigen technischen Vorschriften ERA, ReStra, STVO) umgesetzt. Diese sind für das Bezirksamt bindend.
Eine Diskontinuität für die hier benannten Maßnahmen ist nicht eingetreten.
Zu 7)
Auf der Straße Am Neumarkt gibt es regelmäßigen Busverkehr und einen Schwerverkehrsanteil von 8% aufgrund des angrenzenden Gewerbegebiets. Wenn alle Parkplätze und der vorhandene Baumbestand erhalten bleiben sollten, könnte eine sichere Radverkehrsführung nicht gewährleistet werden. Der einzurichtende Schutzstreifen hätte lediglich eine Breite von 2 Metern und würde bei einer Fahrbahnbreite von 5,50 Metern regelhaft im Begegnungsfall von LKW und Bussen überfahren werden.
Dies darf nach dem Richtzeichen 340, Ziffer 2 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO (gestrichelte Leitlinie) nicht geschehen. Die Anordnung einer solchen Variante nach der Straßenverkehrsordnung (§ 45 Abs. 1 Nr. 5 StVO) durch die Straßenverkehrsbehörde könnte aus Sicherheitsgründen nicht erfolgen.
Eine Wiederherstellung der alten Zustände von Fuß- und Radwegen würde zudem gegen die geltenden Regelungen die für Hamburg verbindlich geltenden „Hamburger Regelwerke für Planung und Entwurf von Stadtstraßen“ (ReStra) verstoßen. Diese sieht für einen Radfahrstreifen ein Mindestmaß von 1,85 m bzw. ein Regelmaß von 2,75 m vor (vgl. die in der ReStra aufgenommene Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA), Tabelle 5). Für Gehwege in Straßen mit Tempo 50 besteht eine Regelbreite von 2,65 m (vgl. die in der ReStra aufgenommene Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA), Ziffer 3.2.1.).
In der Folge würde die Wiederherstellung der alten Zustände der Fuß- und Radwege gegen geltendes Recht verstoßen, da diese eine Breite von 1,10 und 1,20 m (Radweg) bzw. 1,65 und 2,20 m (Gehweg) hätten.
Zu 8) und 9)
Nach umfassender Prüfung durch die Fachämter Management des öffentlichen Raumes (MR), Stadt- und Landschaftsplanung (SL), Sozialraummanagement (SR) und Bezirklicher Sportstättenbau (M/BS) kommt das Bezirksamt zu dem Ergebnis, dass keine Ersatzparkflächen/-plätze in größerer Anzahl in der Umgebung Am Neumarkt geschaffen werden können. Das Bebauungsplanverfahren Wandsbek 83 (Wohnungsbau und Sportanlage) ist mittlerweile abgeschlossen und im Februar 2022 in Kraft getreten. Die für den Wohnungsbau herzustellende Planstraße ist im festgesetzten Querschnitt hinsichtlich der möglichen Unterbringung an Parkständen bereits ausgeschöpft und im Bau. Ein weiteres Bebauungsplanänderungsverfahren Wandsbek 56 2. Änderung – derzeit im Verfahren - betrifft lediglich die privaten Grundstücksflächen, sodass auch hier keine Potentiale für die Schaffung öffentlicher Parkstände erkannt werden können.
Soweit nunmehr eine Ersatzschaffung von Parkplätzen in einem Radius von 500 m zu den entfallenden Parkplätzen geschaffen werden soll, weist das Bezirksamt darauf hin, dass die hiervon betroffenen Flächen bzw. die jeweils geltenden Bebauungspläne keine Parkflächen in diesem Umfang vorsehen. Folgerichtig müsste daher eine entsprechende Fläche für 93 Parkplätze als Parkplatz überplant werden. Hierfür müsste mindestens – bei Zugrundelegung einer Mindestgröße von 11qm pro Parkplatz – eine Fläche von 1.023 qm überplant werden. Würde die Schaffung von 93 Parkplätzen als Festsetzung verbindlich beschlossen und stünde im Bebauungsplanverfahren nicht zur Disposition, würde dies gegen den Grundsatz der planerischen Abwägung verstoßen. Dieser ist in § 1 Abs. 7 BauGB geregelt und gebietet, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen öffentliche und private Belange untereinander gerecht abzuwägen sind. Im Falle eines das Bezirksamt bindenden Be-schlusses, vor Ort Parkplätze zu schaffen, könnte eine Abwägung der privaten und öffentlichen Belange nicht mehr stattfinden.
Im Übrigen führt der Verstoß gegen das Abwägungsverbot des § 1 Abs. 7 BauGB zu einem be-achtlichen Abwägungsfehler, der die Bebauungsplanung rechtswidrig macht (vgl. § 214 Abs. 1 Nr. 1 und Nr.3 BauGB). In der Folge wäre ein solcher Plan wahrscheinlich aufzuheben.
Damit kann die Bezirksversammlung und damit die Bürgerinitiative die Schaffung von Parkplätzen allenfalls als Planungsziel vorschlagen. Ein Beschluss der Bezirksversammlung kann jedoch nicht das Ergebnis eines Planungsvorgangs vorwegnehmen.
Auch die zuletzt mögliche Variante, durch dieses Bürgerbegehren das Bezirksamt Wandsbek zu verpflichten, vor Ort eine entsprechende Fläche für den Bau eines Parkplatzes zu erwerben, würde die in § 21 BezVG geregelte Grenze des Entscheidungsrechts der Bezirksversammlung verletzten. Vorausgesetzt, eine solche Fläche könnte erworben werden, wäre ein Antrag auf die Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung des geltenden Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB zu stellen, um eine Fläche mit einem Parkplatz, Parkhaus o.ä. bebauen zu dürfen. Da eine Befreiung jedoch nur erteilt werden kann – eine Entscheidung also im Ermessen des hierfür zuständigen Fachamt Bauprüfung (WBZ) läge – würde ein bindender Beschluss, einen Parkplatz zu bauen, das Ergebnis einer Ermessensentscheidung vorwegnehmen. Dies wäre ein Ermessensausfall und damit im Ergebnis ein Verstoß gegen § 31 Abs. 2 BauGB.
Des Weiteren wird auf den jüngst ergangenen Beschluss zur Drs. 21-7512 (Baumaßnahme: Bezirkliche Radverkehrsmaßnahme Teilbaumaßnahme: Am Neumarkt von Efftingestraße bis Luetkensallee) im Ausschuss für Mobilität und Wirtschaft verwiesen. Vorausgegangen ist eine intensive Prüfung der Planung durch das Fachamt MR mit dem Ziel, weitere Parkstände zu generieren. Die aufgezeigten Potentialflächen für Parkstände wurden vom zuständigen Fachausschuss nicht unterstützt, sodass im Rahmen der Planung/des Umbaus keine weiteren Parkstände geschaffen werden können.
Die Möglichkeiten einer vergünstigten Nutzung bereits vorhandener privatwirtschaftlicher Parkangebote (Parkhaus) liegt nicht im Verantwortungsbereich des Bezirksamtes und kann daher nicht in die Prüfung einbezogen werden.
Die Bezirksversammlung nimmt Kenntnis.