20-0754

Stellungnahme Neue Liberale betr. Erweiterung des Standorts der öffentlich-rechtlichen Unterbringung Am Aschenland in Neugraben-Fischbek

Mitteilungsvorlage öffentlich

Sachverhalt

Vorbemerkung:

Die Neue Liberale Fraktion Harburg ist sich der dringenden Notwendigkeit bewusst, dass Hamburg in kurzer Zeit viele Einrichtungsplätze für Flüchtlinge schaffen muss, um den Flüchtlingsströmen gerecht zu werden.

Es ist unsere rechtliche und vor allem auch moralische Verantwortung, in Not geratene Menschen bei uns aufzunehmen.

Gleichwohl müssen wir auch und gerade im Rahmen der Flüchtlingsunterbringung auf die konsequente Einhaltung rechtstaatlicher Verfahren bestehen.

Die hier offenbar erneut vorgesehene Anwendung des Polizeirechtes bei der Flüchtlingsunterbringung lehnen wir ab.

Die generelle Feststellung des Senats, in Hamburg dürfe derzeit im Rahmen der  Flüchtlingsunterbringung stets – ohne einen Einzelfall zu betrachten- Polizeirecht angewendet werden, ist rechtlich fragwürdig. 

Um Notlagen zu vermeiden, hat der Senat zudem viel zu wenig getan.  Eine deutliche personelle Stärkung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, damit Asylverfahren trotz sorgfältiger Einzelfallprüfungen nicht unnötig lange dauern, ist bis dato ausgeblieben. Die bisherige Nachsteuerung reicht hier bei weitem nicht aus. 

Wiederholt müssen wir feststellen, dass der Senat das Anhörungsrecht der Bezirksversammlung Harburg nicht ernst nimmt. Die Erweiterung des geplanten Standortes Am Aschenland ist bereits vom Senat beschlossen. Das Anhörungsrecht läuft daher einmal mehr ins Leere. Dies ist inakzeptabel. 

Dies vorausgeschickt nimmt die Fraktion Neue Liberale Harburg gleichwohl  wie folgt Stellung

Wir lehnen die weitere Aufstockung von gut 200 Unterkunftsplätzen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung an der Straße Am Aschenland ab.

Die Neue Liberale Fraktion Harburg steht für eine integrationsfördernde und sozialverträgliche Unterbringung von Flüchtlingen. Das kann nur gelingen, wenn den Menschen dezentrale, überschaubare Wohneinheiten, verteilt über das gesamte Stadtgebiet zur Verfügung stehen.

Akzeptanz und eine unterstützende Haltung von Anwohnern muss durch gute Rahmenbedingungen gefördert werden.

Hier wird leider das Gegenteil getan. Die hier geplante Unterkunft ist mit über 450 Plätzen deutlich zu groß, um eine vernünftige Integration der Menschen zu ermöglichen.

Wir vermissen das ernsthafte Bemühen der Fachbehörde künftig mehr Behutsamkeit bei der Errichtung von Flüchtlingsunterkünften walten zu lassen.

Dies gilt sowohl hinsichtlich der Größe der Einrichtungen, der Gestaltung  des Umfelds der Unterkünfte als auch hinsichtlich der „Belegungsstruktur“. 

Bei der Frage, welche Flüchtlinge wo untergebracht werden, ist künftig unter Einbeziehung des Bezirks eine gezieltere Auswahl erforderlich. Das Risiko ethnischer, religiöser oder sozialer Auseinandersetzungen ist zu minimieren. Gute Rahmenbedingungen insbesondere für Kinder in den Einrichtungen sind sicherzustellen. Der pauschale  Personalschlüssel (1:80 für Unterkunft und Sozialmanagement) ist im Hinblick auf die konkreten Bedarfe vor Ort zu hinterfragen. 

Der Hinweis der Fachbehörde auf die gute ÖPNV-Anbindung, die gute Nahversorgungsituation und das gut vertretbare Verhältnis von 27.000 Stadteileinwohnern in Neugraben-Fischbek zu ca. 450 Flüchtlingen begegnet den Einwänden zu hoher Integrationshürden nur unzureichend.

 

Denn entscheidend ist immer der konkret betroffene Sozialraum, der auch hier deutlich kleiner ist als der gesamte Stadtteil als formelle Verwaltungseinheit.

Hier vermissen wir konkrete Ansätze, wie Einrichtungen und soziale Nachbarschaft unterstützt werden können. 

 

Keinesfalls darf die durchaus vorhandenen ehrenamtliche Unterstützung zahlreicher Bürgerinnen und Bürger dazu führen, dass Unterkünfte zu groß geplant werden. Nur kleinere soziale Einheiten bieten die Gewähr für genügend Kontakte und guter Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Nachbarschaft. Akzeptanz schaffen statt Ängste zu provozieren muss die konsequente Marschroute sein.

Wir erwarten, dass Bezirk und Senat frühzeitig alternative Orte für Öffentliche Unterkünfte identifizieren.

Dabei ist es für uns selbstverständlich, dass der Bezirk Harburg weiterhin seinen Anteil leistet, Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten.

Jedoch muss auf eine angemessene Verteilung der Flüchtlingsunterkünfte auf die Bezirke geachtet werden. 

Der Anteil an Flüchtlingsunterkünften im Bezirk Harburg ist derzeit bezogen auf Einwohnerzahl und Sozialstruktur des Bezirks im Verhältnis zu den anderen Bezirken überdurchschnittlich.

Die weiteren Planungen sehen derzeit eine Unterbringung von ca. 3500 Flüchtlingen in Harburg vor.

Gemessen am Verhältnis Einwohner zu Unterbringungsplatz würde Harburg dann einen noch größeren Beitrag für die Flüchtlingsunterbringung leisten als bisher. Eine gleichmäßigere Verteilung im Stadtgebiet ist sicherzustellen.

Wir fordern daher:

-         die Bezirksversammlungen zu Standortfragen frühzeitig und vor einer endgültigen Entscheidung in der Sache anzuhören, so wie es § 28 BezVG gebietet.

-         ein Gesamtkonzept für die öffentliche Unterbringung in Hamburg, mit dem Ziel kleinerer, Integration fördernder   Wohneinheiten gleichmäßig verteilt über das gesamte Stadtgebiet.

-         die Zentralen Erstaufnahmen durch zügigere Vermittlung in Folgeunterkünfte und durch beschleunigte Gerichtsverfahren mittels einer weiteren personellen Stärkung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entlasten.

-        einen Verteilerschlüssel für Hamburg, der Einwohnerzahl und Sozialstruktur der Bezirke  berücksichtigt.

 

Harburg, 26.05.2015

 

Kay Wolkau - Fraktionsvorsitzender

f.d.R.

 

 

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