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Stellungnahme der SPD-Fraktion zur Anhörung gemäß § 28 BezVG betr. Betreuung im Rahmen einer Erstversorgung für junge Flüchtlinge im Bezirk Harburg, Nöldekestraße 17

Mitteilungsvorlage öffentlich

Sachverhalt

 

Sachlage:

 

Der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) hat am Standort Nöldekestraße 17 im Juni 2015 eine Einrichtung für die Betreuung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge (UMF) im Rahmen der Erstversorgung eröffnet. Die Bezirksversammlung Harburg wurde im September 2014 mit einer Vorlage gem. §28 BezVG zu dem Vorhaben angehört. Die Platzkapazität wurde im Zuge des unerwartet sehr hohen Zugangs an Flüchtlingen kurz nach der Inbetriebnahme gegenüber der Planung verdoppelt.

 

Hintergrund der Platzausweitung ist der anhaltend hohe Zugang von Personen dieser Zielgruppe. In den Monaten September und Oktober waren 499 bzw. 398 Neuaufnahmen zu verzeichnen, die zu einer Bestandserhöhung in der Erstaufnahme und Erstversorgung auf aktuell 1580 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geführt hat. Aktuell verfügt der LEB über rund 1390 Plätze, um diese UMF zu versorgen. Die Lücke zur Zahl der zu betreuenden Personen wurde zum Teil durch Unterbringung in Jugendhilfeeinrichtungen freier Träger und des LEB gedeckt, überwiegend aber durch Überbelegung im Kinder- und Jugendnotdienst, u.a. in der dortigen Sporthalle und in Zelten sowie in allen weiteren 27 Aufnahmeeinrichtungen. Die Kapazität wird in 2016 auf rund 1500 Plätze erhöht und zunächst auf diesem Stand gehalten werden können, da neue Einrichtungen Platzabgänge durch auslaufende Standorte ersetzen.

 

Auch wenn die am 01.11.2015 in Kraft getretene gesetzliche Regelung zur bundesweiten Verteilung von UMF die Zahl der dauerhaft in Hamburg verbleibenden jungen Flüchtlinge reduzieren wird, wird diese dennoch auf einem hohen Niveau bleiben. Auch der mittlerweile aufgebaute Platzbestand einschließlich noch bestehender Planungen wird in absehbarer Zeit weiter benötigt, kann aber später bei möglicherweise nachlassendem Unterbringungsdruck um die Standorte bereinigt werden, in denen die Betreuungsbedingungen durch sehr hohe Platzzahlen und ungünstige Raumverhältnisse suboptimal sind. Die Einrichtung Nöldekestraße 17 verfügt – gegenüber anderen Einrichtungen – über einen besseren räumlichen Standard und soll daher mit einer erhöhten Soll-Kapazität von 70 Plätzen betrieben werden. Aktuell sind dort rd. 85 Personen untergebracht, jedoch in einer der aktuellen Not geschuldeten Überbelegung. Die Betreutenzahl soll bei nächster Gelegenheit auf die Soll-Kapazität zurückgeführt werden.

 

Die Erfahrungen der letzten Monate mit dem Betrieb haben gezeigt, dass die Einrichtung auch mit einer erhöhten Kapazität sicher und fachlich gut betrieben werden kann. Durch die Strukturierung in Teilgruppen auf den Geschossen des Gebäudes sind übersichtliche Betreuungseinheiten entstanden. Die Einbindung in das Umfeld der Einrichtung ist ebenfalls positiv verlaufen.

 

Die dort befindlichen Jugendlichen konnten in die ihnen zugewiesenen Schulen integriert werden und arbeiten an ihrer Perspektiventwicklung mit.

 

Die Betreuung in der geplanten Einrichtung erfolgt als Erstversorgung von männlichen Flüchtlingen im jugendlichen Alter nach § 42 SGB VIII (Inobhutnahme) Rund-um-die-Uhr. Als Standard ist der Einsatz von Fachkräften gem. dem für die Erstversorgung geltenden Personalschlüssel (1:3) zur Betreuung der Jugendlichen vorgesehen. Dieser ist bezogen auf die aktuelle Belegung noch nicht ausgefüllt. Zum Betreuungsteam gehören außerdem Sprach- und Kulturmittler. Zurzeit sind 23,35 Stellen für Betreuungsaufgaben besetzt. Ihre Tätigkeit wird durch externe Dolmetscher, den Einsatz eines Sicherheitsdienstes in der Nacht und bei Bedarf auch am Tag sowie Hauswirtschaftspersonal unterstützt. Die Aufenthaltsdauer eines Minderjährigen beträgt aktuell im Durchschnitt 8,3 Monate, bevor ein Wechsel in eine Hilfe zur Erziehung an einem anderen Ort erfolgt.

 

Diese Änderung gegenüber der Planung der Einrichtung wird der Bezirksversammlung Harburg hiermit im Rahmen der Anhörung nach § 28 BezVG vorgelegt. Die Anhörungsfrist beträgt gem. § 28 BezVG einen Monat; eine Stellungnahme wird bis Ende Januar 2016 erbeten.

 

 

 

 

Stellungnahme der SPD-Bezirksfraktion:

 

 

An unserer grundsätzlichen Zustimmung zu einer Einrichtung in der Nöldekestraße 17 hat sich seit unserer Stellungnahme vom 28.10.2014 nichts geändert, dies gilt im Übrigen auch für unsere damals geäußerten Bedenken über Ort und Größe der Einrichtung.

 

Äußerst befremdet sind wir hingegen über das Vorgehen des LEB in Bezug auf die Erhöhung der Belegung. So ist die Bezirksversammlung Harburg mitnichten vom LEB auf die Erhöhung der Belegungszahlen aufmerksam gemacht worden. Dies erfolgte durch Mitglieder der Bezirksversammlung, die auf der Homepage der Stadt Hamburg die Erhöhung der Personenzahl von 36 auf 64 bemerkt hatten. Erst auf Nachfrage beim LEB wurde diese Zahl bestätigt und der Bezirk offiziell über die Erhöhung in Kenntnis gesetzt - inklusive der Zusage, eine weitere Erhöhung frühzeitig anzukündigen.

 

Nun hat sich die Zahl inzwischen offiziell auf 70 Personen erhöht – erneut ohne eine Hinzuziehung der Bezirksversammlung - und, wie in den oben angeführten Schreiben zu lesen, eine Zahl, die den aktuellen Gegebenheiten nicht entspricht, da die tatsächliche Zahl aktuell bei ca. 85 Personen liegt.

 

Befremdet hat uns allerdings nicht nur der Umgang mit dem Bezirk und der Bezirksversammlung, sondern auch die Formulierung, die im erwähnten Kontext im Anschreiben gewählt wurde:

 

„Auch an diesem Standort bestand die Möglichkeit, die Platzkapazität zu erhöhen und wurde auch genutzt. Hierüber hat der LEB die Bezirksversammlung mit der Vorlage vom 9.9.2015 informiert. Die Bezirksversammlung hat dieses Verfahren moniert und gefordert, eine erneute Anhörung nach § 28 BezVG durchzuführen, da sich mit nunmehr rd. 70 Betreuungsplätzen eine wesentliche Änderung gegenüber der ursprünglichen Planung ergeben habe (Drs. 20-10183 vom 9.11.2015).“

 

Die Bezirksversammlung wurde, wie bereits erwähnt, nicht im Vorwege über die Erhöhung informiert, sondern nur im Nachgang und auch da nur über die Erhöhung von 36 auf 64 Personen.

Dieses Vorgehen hat die Harburger Bezirksversammlung nicht „moniert“ - umgangssprachlich „bemäkelt“ –,,sondern das für einen solchen Vorgang vorgesehene gesetzliche Verfahren unter Einbeziehung der Bezirksversammlung eingefordert.

 

Dementsprechend fordern wir den LEB auf, die Bezirksversammlung regelhaft, wie im Bezirksverwaltungsgesetz vorgesehen, vor einer grundsätzlichen Erhöhung/Veränderung der Belegzahlen in den Harburger Unterkünften anzuhören.

 

 

Jürgen Heimath

SPD-Fraktionsvorsitzender