20-0222

Stellungnahme der CDU zu den Anhörungen betr. Betreuung im Rahmen einer Erstversorgung für junge Flüchtlinge im Bezirk Harburg

Allgemeine Vorlage

Sachverhalt

Die Bezirksversammlung Harburg ist sich ihrer Verantwortung für die Unterbringung minderjähriger, unbegleiteter Flüchtlinge auch im Bezirk Harburg bewusst, da gerade dieser Personenkreis des besonderen Schutzes und der Fürsorge während seines Aufenthaltes bedarf. Aus diesem Grunde hat die Bezirksversammlung Harburg schon in der Vergangenheit über viele Jahre vergleichbare Einrichtungen positiv begleitet.

 

Die Bezirksversammlung ist sich ferner bewusst, dass sie in dieser Angelegenheit kein Entscheidungsrecht hat, sondern dass ihre Sicht der Dinge im Rahmen dieser Stellungnahme vom Senat und der Fachbehörde in die Abwägung und den Entscheidungsprozess einbezogen werden soll.

 

Insoweit gibt die Bezirksversammlung Harburg für die weiteren Verfahren folgendes zu bedenken:

 

a) Vorhaben Nöldekestraße

 

  1. Die geplante Einrichtung würde mit 36 Plätzen zu den größeren derartigen Einrichtungen in Hamburg gehören, was eine intensive Betreuung und Aufsicht erschweren würde.
  2. Eine rund-um-die-Uhr-Betreuung mit lediglich 12 pädagogischen Fachkräften, zwei Sprach- und Kulturmittlern und einer Nachtaufsicht erscheint problematisch, da davon auszugehen ist, dass unter Berücksichtigung von Schichtbetrieb und Urlaubs und Krankheitszeiten Fälle auftreten, bei denen lediglich zwei Betreuungspersonen für 36 Jugendliche vorhanden sind.
  3. Es ist zu bedenken, dass die Einrichtung in unmittelbarer Nähe zur Bundesautobahn liegt und in der Vergangenheit aus diesem Grunde Wohnnutzungen vollständig ausgeschlossen worden sind bzw. weitgehend zum Schutz der Bewohner eingeschränkt werden müssten.
  4. Geeignete Freiflächen für die Nutzung durch die betreuten Jugendlichen dürften nicht vorhanden sein. Die Bezirksversammlung vermag nicht zu beurteilen, welche Probleme durch die parallele Nutzung des Gebäudes für Büros über der Einrichtung und durch soziale und kulturelle Angebote darunter auftreten könnten. Dabei dürfte es auf die Einschätzung durch den Eigentümer, der wirtschaftliche Interessen verfolgt, nicht entscheidend ankommen.
  5. Bei der Gesamtabwägung ist zu berücksichtigen, dass die räumliche Nähe zu anderen Einrichtungen der öffentlich rechtlichen Unterbringung im Bereich des Harburger Bahnhofes sich als problematisch erweisen könnte.
  6. Die Bezirksversammlung Harburg weist darauf hin, dass in der Vergangenheit die Unterbringung von Flüchtlingen an dieser Stelle im historischen Kontext (frühere Nutzung des Gebäudes durch die geheime Staatspolizei) abgelehnt worden ist.
  7. Beachtet werden muss auch, dass sich nach Verbotsverfügungen im Bereich der Hamburger Innenstadt die radikale islamistische Szene zum Teil nach Harburg verlagert hat und dass im unmittelbaren Nahbereich der geplanten Einrichtung die beiden vom Verfassungsschutz beobachteten Moscheen El-Iman (Krumholzberg) und Al-Taqwah (Anzengruberstraße) befinden. Hier besteht eine besondere Verantwortung, Jugendliche, die möglicherweise wegen islamistischen Terrors aus ihrer Heimat geflohen sind, zu schützen und vor erneuten radikalen Einflüssen zu bewahren.

 

b) Cuxhavener Straße 186-188

 

  1. Die Größe der geplanten Einrichtung ist problematisch, weil sie am oberen Rand vergleichbarer Einrichtungen liegt. Es würde sich um die zweitgrößte Einrichtung in Hamburg handeln, die nach Errichtung der eng stehenden Gebäude nur wenig Freifläche bieten würde.
  2. Zwar wird der Betreuungsschlüssel (1 : 3) formal eingehalten. Bei einer rund-um-die-Uhr-Betreuung dürften jedoch unter Berücksichtigung des Schichtbetriebes und Urlaubs- und Krankheitszeiten häufig nur drei Betreuer für 48 Jugendliche anwesend sein.
  3. Die Lage zwischen den stark belasteten Verkehrsachsen Eisenbahnstrecke Hamburg-Cuxhaven und Bundesstraße 73 hat in der Vergangenheit an mehreren vergleichbaren Stellen dazu geführt, dass eine Wohnnutzung wegen der Lärmbelastung gutachterlich ausgeschlossen werden musste. Dieses galt im Bereich Försterkamp sogar für eine periodische Unterbringung von ausländischen Arbeitskräften in Containern.
  4. Es ist für die Bezirksversammlung nicht nachvollziehbar, dass die Fachbehörde den Standort für die öffentlich rechtliche Unterbringung von Erwachsenen als ungeeignet abgelehnt hat, für Jugendliche die entsprechenden Argumente jedoch nicht gelten sollen.
  5. Im Hinblick auf die nur geringen Freiflächen ist auch die unmittelbare Nachbarschaft zu der Kita Cuxhavener Straße zu überdenken.

 

c) beide Standorte:

 

Die Bezirksversammlung hat bereits früher deutlich gemacht, dass ihr bei Einrichtung von Unterbringungsstandorten daran gelegen ist, die Bevölkerung, insbesondere die Nachbarschaft, frühzeitig zu beteiligen, damit vor Entscheidungen die Akzeptanz der Bewohner des Quartiers hergestellt werden kann. In beiden Fällen ist dieses bei einer bloß formalen Anhörung gem. § 28 BezVG mit Monatsfrist leider nicht möglich.

 

 

Ralf-Dieter Fischer

Fraktionsvorsitzender CDU-Fraktion

Hamburg, am 28.10.2014