20-0928

Große Anfrage Die Linke betr. Harburg für Alle! - Aus den Augen, aus dem Sinn? Rechte der Kinder und Jugendlichen in stationären Einrichtungen stärken. Keine Misshandlungen in stationären Einrichtungen dulden.

Große Anfrage gem. § 24 BezVG

Sachverhalt

Nach den Vorfällen in den Jugendhilfeeinrichtungen Haasenburg und Schönhof sorgte der Jugendhilfeträger Friesenhof für Schlagzeilen. Es kam nach Aussagen der Betroffenen zu massiven Übergriffen und zur Verletzung der Rechte der Betroffenen. Bei dem Thema ist ein Höchstmaß an Sensibilität angesagt.

Der Jugendhilfeträger Barbara Janssen GmbH betrieb in Landkreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein sechs Einrichtungen, in denen ausschließlich Mädchen und junge Frauen betreut wurden. Aufgrund gehäufter Beschwerden machte das für die Heimaufsicht zuständige Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung Schleswig-Holstein am 18. Februar 2015 einen unangekündigten Kontrollbesuch. Dabei wurden folgende Mängel festgestellt: Betreute hätten sich vor dem (überwiegend männlichen) Betreuungspersonal nackt auszuziehen müssen, ihnen wurden persönliche Gegenstände weggenommen; Sie konnten sich nicht unbeobachtet in ihr Zimmer zurückziehen, sie konnten den Kontakt zu ihren Personensorgeberechtigten nicht aufnehmen und nicht ungestört telefonieren, Briefe wurden geöffnet oder zurückgehalten bzw. von den Mitarbeitern gelesen; es fanden Kollektivstrafen statt usw.

Daraufhin wurde dem Betreiber durch das zuständige Ministerium in Schleswig- Holstein die Betriebserlaubnis entzogen und alle aus Hamburg untergebrachte Mädchen und junge Frauen wurden anderweitig untergebracht. Wobei unbekannt ist, wo und nach welchem Konzept. Es wird berichtet, dass der Träger Barbara Janssen GmbH eine neue Betriebserlaubnis erhalten habe, wobei auch hier die Bedingungen, zu denen dies seitens der Behörde genehmigt wurde unbekannt sind. Es wäre jedoch möglich, dass der Träger wieder Jugendliche aus Hamburg betreut.

Laut einer schriftlichen Anfrage der Fraktion DIE LINKE in der hamburgischen Bürgerschaft (Drs. 21/193) haben die auswärtigen Unterbringen in der Jugendhilfe in Hamburg seit 2008 um 221 Fälle auf 1247 Fälle zugenommen. Dafür werden ca. 68 Millionen Euro ausgegeben.

Es stellen sich viele Fragen, die beantwortet werden müssen, zumal das Gesetz eine Unterbringung in den örtlichen Einrichtungen bevorzugt. Nur in Ausnahmefällen soll das Instrument der auswärtigen Unterbringung überhaupt zum Tragen kommen, wenn es pädagogisch erforderlich ist, wie z.B. in Missbrauchsfällen, um eine Distanz zwischen Tätern und Opfern zu gewährleisten.

Am dringlichsten stellt sich die Frage der Fachaufsicht: Für die Kontrolle der Träger ist der örtliche Behörden zuständig. Eine Kooperation oder länderübergreifende Zusammenarbeit sieht das Gesetzt nicht vor. Im aktuellen Fall wurde die Hamburger Behörde nach eigener Auskunft unzureichend informiert und die zuständigen MitarbeiterInnen erfuhren augenscheinlich von den Vorgängen erst aus der Presse.

Des Weiteren stellt sich die Frage, wie die Rechte der Betreuten und ihre Interessen gestärkt werden. Der Landesjugendhilfeausschuss LJHA Hamburg hat sich in der Sitzung vom 14. April 2014 im Zusammenhang mit der geschlossenen Unterbringung mit dem Thema befasst und eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen.

 

Vor diesem Hintergrund wird die Verwaltung gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

 

1. Wie viele Kinder und Jugendliche sind zurzeit aus dem Bezirk Harburg auswärtig untergebracht?

2. Was unternimmt das Jugendamt in Bezug auf die Beschwerden von Betroffenen in den Einrichtungen und wurde die Praxis der auswärtigen Unterbringung nach den aktuellen Vorfällen in Frage gestellt?

3. Welche Konsequenzen wurden seitens des Jugendamtes Harburg aus den Vorfällen gezogen, vor allem hinsichtlich zusätzlicher Kontrollmöglichkeiten bei auswärtiger Unterbringung von Jugendlichen?

4. Welche Beschwerdemöglichkeiten haben die Betroffenen in Fällen, in denen ihre Personenrechte verletzt werden? An wen können sich die Betroffenen wenden? Wie wird sichergestellt, dass den Jugendlichen der Zugang zu dieser Beschwerdestelle immer offen steht?

5. Nach welchen Kriterien wird eine auswärtige Unterbringung verfügt? Welche Möglichkeiten sieht das Jugendamt Harburg, vorrangig Unterbringungen vor Ort vorzunehmen und welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich?