19-1627

Gemeinsamer Antrag SPD/Grüne/CDU betr. Gegen Fracking im Bezirk Harburg

Gemeinsamer Antrag

Sachverhalt

Die vom niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) nach § 7 Bundesberggesetz (BBergG) erteilte Aufsuchungserlaubnis von Kohlenwasserstoffen zu gewerblichen Zwecken im sogenannten Erlaubnisfeld "Vierlande" umfasst gegenwärtig die erneute Untersuchung und Auswertung von in der Vergangenheit erhobenen Proben und Daten.

 

Aufgrund der Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz wurde bestätigt, dass Exxon Mobil bzw. die BEB die genehmigten Untersuchungen mit dem Ziel führt, im Aufsuchungsgebiet - u. a. im Bezirk Harburg - fündig zu werden und bei einer möglichen Förderung das so genannte Fracking-Verfahren anzuwenden.

 

Diese in der Öffentlichkeit stark diskutierte unkonventionelle Erdgasförderung birgt nicht kalkulierbare Risiken für Mensch, Natur und Umwelt. Das BBergG in seiner jetzigen Fassung führt dazu, dass an der Öffentlichkeit vorbei Fakten geschaffen werden können. Rechtsschutzmöglichkeiten betroffener Menschen sind, wenn überhaupt, nur eingeschränkt vorhanden. Klagerechte der Umweltverbände fehlen ganz.

 

Das Erlaubnisfeld „Vierlande“ erstreckt sich auf den süd- bis südöstlichen Teil des hamburgischen Staatsgebietes und damit auf Trinkwassergewinnungsgebiete der Hamburger Wasserwerke. Sollte es zu einer Explorationstätigkeiten und Förderung von Kohlenwasserstoffen im Wege der Fracking-Technologie kommen, ist zu befürchten, dass eine erhebliche Gefahrenquelle für das Trinkwasser geschaffen wird. Ferner umfasst dieses Gebiet Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete sowie urbane Siedlungsgebiete mit Industrieanlagen, die durch die Fracking-Technologie gefährdet sind.

Nicht nur in Nordamerika, auch in Niedersachsen gibt es schon Gebäudeschäden durch Erdbeben in Gasförderfeldern. Erhebliche Gesundheitsgefahren gehen durch mit Gefahrstoffen wie Bioziden, Benzol und Quecksilber kontaminiertes Erdreich und Grundwasser aus. Das Fracking-Verfahren ist als eine Risikotechnologie anzusehen, die Folgen für die Umwelt, die Bevölkerung, aber auch die Infrastruktur sind nicht absehbar.

 

Um das Bergrecht in Form des BBergG den zeitgemäßen Ansprüchen des Fachplanungsrechts anzupassen, bedarf es einer umfassenden Reform, insbesondere bei den Regelungen zur unkonventionellen Förderung von Kohlenwasserstoffen sowie zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) bei Bergbauvorhaben.

 

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung möge beschließen:

 

1. Die Bezirksversammlung Harburg lehnt eine Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels der Fracking-Technologie sowie die zugehörigen Voruntersuchungen zur Erschließung von unkonventionellen Vorkommen von Erdgas und Erdöl im Gebiet des Bezirks Harburg ab  und fordert eine umfassende Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu den Genehmigungsrechten und -verfahren.

 

Diese Ablehnung erfolgt insbesondere deshalb, weil

 

1.1. es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen für Mensch, Natur und Umwelt durch die Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels der Fracking-Technologie gibt.

 

1.2. nicht ausreichend sichergestellt ist, dass in der Planungs- und Genehmigungsphase eine umfassende Abwägung der beteiligten Interessen, d.h. der Bedeutung des Bergbaus für die Gesellschaft und den möglichen Folgen für Mensch, Natur und Umwelt, erfolgt;

 

1.3. nach geltendem Recht, im Zuge eines Antragsverfahrens zur Förderung von Kohlenwasserstoffen die verfahrensführende Behörde und der jeweilige Antragssteller gemäß dem Transparenzgebot nicht zwingend verpflichtet ist, die Öffentlichkeit (Träger öffentlicher Belange, Interessenverbände, betroffene Menschen) umfassend zu informieren;

 

1.4. die Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels der Fracking-Technologie im Rahmen der Planfeststellungsverfahren generell nicht der UVP-Pflicht unterworfen ist sowie unter Beachtung der europarechtlichen Anforderungen wahrgenommen wird

 

1.5. es nach geltendem Recht kein generelles Verbot des Einsatzes von Fracking-Technologie in Wasserschutzgebieten (Schutzzone I-III) gibt;

1.6. nach geltendem Recht, im Zuge der Abwägung beim Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Abbau von Bodenschätzen unter Siedlungsgebieten, die Interessen der im Einwirkungsbereich eines Bergbauvorhabens lebenden Anwohner nicht entsprechend berücksichtigt werden und

 

1.7. die Einführung einer auf sämtliche Abbauvorhaben bezogenen Bergschadensvermutung mit Beweislastumkehr und damit des Nachweises des Bergbaubetreibers, dass ein Schaden nicht durch seine bergbauliche Tätigkeit verursacht sein kann, gegenwärtig nicht sichergestellt ist.

 

2. Die Bezirksversammlung äußert ihre Besorgnis darüber, dass eine Aufsuchungsgenehmigung für das Gebiet erteilt wurde, statt auf der Grundlage der von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt genannten Argumenten nicht bereits im ersten Schritt §11, Abs. 10 BBergG geltend zu machen, nachdem „die Erlaubnis zu versagen (ist), wenn überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten zuzuteilenden Feld ausschließen“. Es ist derzeit zumindest strittig, ob es auf Grundlage der aktuellen Gesetze nach einer bereits erteilten Aufsuchungserlaubnis überhaupt möglich ist, einen zukünftig gestellten Antrag zur Einleitung eines Betriebsplanverfahrens für Explorationsbohrungen und Fracking abzulehnen.

 

Die Bezirksversammlung Harburg erwartet von den beteiligten Hamburger Behörden, dass alle rechtlichen Möglichkeiten, wie sie auch von den Vertretern der Hamburger Behörden und des LBEG auf der Veranstaltung des Regionalausschusses am 12.04.13 genannt worden sind, ausgenutzt werden, um eine Genehmigung zur Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels der Fracking-Technologie im Bezirk zu verhindern. Dabei sollen vor allem bereits festgestellte und weitere öffentliche Interessen angemessen berücksichtigt, das heißt, als schwerwiegende Versagensgründe einer absehbar beantragten Förderbewilligung nach § 8 BbergG herangezogen werden.

 

Der Bezirksamtsleiter und der Vorsitzende der Bezirksversammlung werden aufgefordert, sich in diesem Sinne nachdrücklich bei den zuständigen Behörden einzusetzen.

 

3. Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird aufgefordert, sich bei dem Senat und bei den Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft dafür einzusetzen, dass

- sich das Bundesland Hamburg den Initiativen anderer Bundesländer im Bundesrat anschließt, um Fracking auch in Hamburg zu verhindern,

- das Bundesland Hamburg eine Bundesratsinitiative zur Reformierung des BBergG einleitet. Dabei sollen insbesondere die im Punkt 1 genannten Argumente bei der Reformierung berücksichtigt werden.

 

4. Der Vorsitzende der Bezirksversammlung wird außerdem aufgefordert, sich bei den zuständigen Fachbehörden dafür einzusetzen, dass bei jeglichen Anträgen auf Förderung von Kohlenwasserstoffen mittels Fracking-Technologie die betroffenen Bezirke umgehend über diese informiert werden.

 

 

 

Jürgen Heimath              Kay Wolkau             

SPD - Fraktionsvorsitzender              Grüne - Fraktionsvorsitzender