Drucksache zur Flüchtlingssituation, Sachstand und Ausblick
Die Zahl derjenigen, die nach Deutschland kommen und hier Schutz suchen, nimmt seit mehreren Jahren kontinuierlich zu. Wurden 2012 noch rund 65.000 Asyl - Erstanträge gestellt, waren es 2013 über 127.000 und 2014 über 173.000 Erstanträge.
Der Begriff Flüchtling wird definiert nach Artikel 1 a des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, auch Genfer Flüchtlingskonvention genannt. Weiterhin werden auch Personen als Flüchtlinge bezeichnet, die Inhaber eines Aufenthaltstitels aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach Kapitel 2, Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes sind. Es gehören hierzu auch Personen, denen im Rahmen eines Asylverfahrens die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt wurde. Weiterhin gilt als Flüchtling, wer als Asylbewerber diese Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention beantragt, er im Besitz einer Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Asylverfahrensgesetz ist oder im Besitz einer Duldung gemäß § 60 Aufenthaltsgesetz ist. Nach dieser Definition leben insgesamt rund 21.000 Personen als Flüchtlinge in Hamburg.
Bundesrepublik
Im Jahr 2014 nahm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 173.072 Erstanträge entgegen. Dies bedeutet im Vergleich zum Jahr 2013 mit 109.580 Anträgen eine Steigerung der Antragszahlen um 57,9 %. Auch die Folgeanträge stiegen im Jahresvergleich 2013 / 2014 um 70,6%. (Asylbewerber, die einen ablehnenden Bescheid erhalten haben, können einen Folgeantrag stellen.) Hiermit sind in der Bundesrepublik im Jahr 2014 beim BAMF insgesamt 202.834 Asylanträge eingegangen. Insgesamt bedeutet das eine Steigerung um 59,7% gegenüber dem Jahr 2013.
Bundesweite Hauptherkunftsländer im Jahr 2014 in nachfolgender Reihung:
Land |
Zahl d. Erstanträge |
Anteil in Prozent |
Syrien |
39.332 |
22,7% |
Serbien |
17.172 |
9,9% |
Eritrea |
13.198 |
7,6% |
Afghanistan |
9.115 |
5,3% |
Albanien |
7.865 |
4,5% |
Kosovo |
6.908 |
4,0% |
Bosnien u. Herzegowina |
5.705 |
3,3% |
Mazedonien |
5.614 |
3,2% |
Somalia |
5.528 |
3,2% |
Irak |
5.345 |
3,1% |
Sonstige(u.a. Türkei, Ukraine, Algerien, Libyen, Ägypten) |
57.290 |
33,2% |
Aus den zu sicheren Herkunftsländern erklärten Staaten Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina wurden im Jahr 2014 insgesamt 28.491 Asylerstanträge gestellt. (Quelle BAMF, aktuelle Zahlen zu Asyl 2014)
Hamburg
Die Flüchtlinge werden nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ verteilt. Hamburg nimmt nach diesem Schlüssel 2,52% aller in Deutschland Schutz suchenden Menschen auf. Um dem stark steigenden Bedarf an Plätzen abdecken zu können, hat die Stadt zur beschleunigten Errichtung von neuen Standorten im September letzten Jahres ein Sofortprogramm aufgelegt. Im abgelaufenen Jahr 2014 hat Hamburg 6.638* Flüchtlinge aufgenommen. (*Quelle: Behörde f. Inneres und Sport, Stand 25.02.2015)
Prognose
Für das Jahr 2015 prognostiziert das BAMF ca. 300.000 Asylanträge in der Bundesrepublik. Das würde für die Stadt Hamburg einen Zuwachs von 7.650 Personen bedeuten. Der Senat geht davon aus, dass der Zugang 2015 höher ausfallen wird, er geht von ca. 10.000 Personen mit einem Unterbringungsbedarf aus.
Derzeit sind weitere 5.600 Unterbringungsplätze in Planung. Darüber hinaus wird mit einem erheblichen zusätzlichen Bedarf von ca. 4.300 Plätzen gerechnet. (Zahlen: BIS, BASFI April 2015)
Die Zahl der Asylbewerber hat sich in Hamburg seit 2011 wie folgt entwickelt:
Jahr |
Asylbewerber |
2011 |
1.546 |
2012 |
2.091 |
2013 |
3.619 |
2014 |
6.638 |
Quelle: BIS 25.02.2015
Die meisten Flüchtlinge in Hamburg stammen (Stand 1. Quartal 2014) aus Syrien, mit 14,7%, aus Serbien, 14%, Afghanistan, 6.8%, Eritrea, Albanien, Mazedonien, 6,0%, Bosnien und Herzegowina 5,1%, und aus Somalia mit 3,9%. Weitere Herkunftsländer sind der Kosovo und der Irak.
(Angaben über Herkunftsländer im 1. Quartal 2014, Quelle BIS)
Bezirke
Die sieben Bezirke der Stadt sind in der Fläche unterschiedlich groß und baulich verdichtet. Sie verfügen zum Teil über sehr unterschiedliche Strukturen. Nachfolgend eine Übersicht über die Einwohner je Bezirk und die dort vorhandenen Plätze in öffentlich rechtlichen Unterkünften und zentralen Erstaufnahmen.
Quellen: Einwohner Stand 12/13 Statistikamt Nord, Plätze: 22.4.15,hamburg.de (BASFI)
Bezirk |
Einwohner |
Plätze |
Altona |
255.000 |
2.850 |
Bergedorf |
120.000 |
2.000 |
Eimsbüttel |
250.000 |
1.440 |
HH-Mitte |
280.000 |
2.840 |
HH-Nord |
285.000 |
2.840 |
Wandsbek |
410.000 |
2.910 |
Harburg |
150.000 |
1.989 |
Im Bezirk Harburg bestehen Unterkünfte (BIS / BASFI)an folgenden Standorten:
Ort |
Anzahl d. Plätze |
Anmerkungen |
Lewenwerder |
110 |
Modulbauten |
Wetternstraße |
190 |
Pavillons, feste Gebäude |
Winsener Straße |
271 |
Wohnanlage m. abgeschl. Wohnungen |
Stader Straße |
30 |
Haus m. abgeschl. Wohnungen |
Sinstorfer Weg |
26 |
Haus m. abgeschl. Wohnungen |
Osterbaum |
12 |
Haus m. abgeschl. Wohnungen |
Schwarzenbergplatz ** |
720 |
Zentrale Erstaufnahme, (befristet bis Sommer 2015) |
Harburger Poststraße |
392 |
Zentrale Erstaufnahme |
Cuxhavener Str. 305 |
9 |
Ambulant betreutes Wohnen, für UMF*(LEB)* |
Stader Straße 116 |
13 |
Ambulant betreutes Wohnen UMF,LEB,( §30 SGB VIII) |
Harburger Binnenhafen |
216 |
Wohnschiff |
*(UMF steht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, LEB steht für Landesbetrieb Erziehung und Beratung)
** Die Einrichtung soll im Sommer 2015 abgebaut werden.
Es befinden sich zehn weitere, neue Einrichtungen in der konkreten Planung / Umsetzung. Bei der Wetternstrasse handelt es sich um einen Umbau der bestehenden Einrichtung. Bei den genannten Fertigstellungs-terminen kann es noch Abweichungen geben. In der Planung befinden sich im Jahr 2015 insgesamt 1.542 neue Plätze. Wird der Platzzuwachs in vollem Umfang realisiert, befinden sich zum Jahreswechsel 2015/16 3.531 Unterkunftsplätze im Bezirk Harburg – abzüglich der 720 Plätze in der Unterkunft auf dem Schwarzenberg. (ZEA, Folgeunterkünfte und UMF.)
Ort |
Plätze |
Fertigstellung |
Anmerkungen |
Wetternstraße |
16 |
28.2.2015 |
ÖRU - Umbau ergibt 16 zus. Plätze |
Lewenwerder II |
198 |
III. Quartal 2015 |
ÖRU - befristet bis 8/2020 |
Am Aschenland |
458 |
I. Quartal 2016 |
ÖRU - befristet bis 2019 |
Am Radeland |
168 |
Bezugsfertig 10/2015 |
ÖRU |
Schlachthofstraße/Neuland |
448 |
Mai 2015 |
Zentrale Erstaufnahme |
Nöldekestraße |
36 |
Mai 2015 |
ehem. Revierwache, Belegung mit UMF d. LEB |
Cuxhavener Str. 186 |
48 |
Juni/Juli 2015 |
Belegung mit UMF durch LEB |
Cuxhavener Str. 417 |
|
|
Gespräche zwischen Investor und BASFI finden statt. ÖRU |
Cuxhavener Str. 556 |
170 |
Realisierung 12/2015 |
östlich der ehemaligen Standort-verwaltung ÖRU |
Ausblick
Wie in der Prognose geschildert, ist weiterhin mit einem Zustrom von Flüchtlingen aus den unterschiedlichen Krisengebieten zu rechnen. Um den auf die Stadt Hamburg entfallenden Anteil dieser Menschen unterbringen zu können, sind weitere Unterkünfte und Anstrengungen erforderlich. Für den Bezirk Harburg bedeutet das, dass zusätzliche Flächen auf die Eignung hin zu überprüfen und zu benennen sind.
In der Überprüfung befinden sich zurzeit die nachfolgenden Flächen/Objekte:
Bürgerschaftliches Engagement
In den letzten zwölf Monaten haben sich im Bezirk Harburg verschiedene Initiativen gegründet, um den Flüchtlingen im Bezirk zu helfen und die jeweiligen Unterkunftsleitungen und Mitarbeiter in ihrer Arbeit zu unterstützen. Siehe nachfolgende Liste.
Übersicht über die Freiwilligeninitiativen zum Thema Flüchtlinge im Bezirk Harburg, Stand 3/15
Unterstützerkreis ZEA (Zentrale Erstaufnahme)
|
Dieser Kreis setzt sich aus Einzelpersonen und Gruppen, Institutionen zusammen. Ziel ist es die ZEA mit Angeboten zu Unterstützen (Bewohner und Mitarbeiter). Ein erstes Treffen in der ZEA hat im Herbst 2014 stattgefunden. Seitdem finden regelhaft Treffen statt mit dem Ziel des Austausches und der Organisation von Unterstützungsangeboten (Objekt Poststr.)
|
Bürgerinitiative zur nachbarschaftlichen Begleitung der Aufnahme von Flüchtlingen in Neuwiedenthal.
|
Ein erstes Treffen hat im Oktober 2014 in der EKZ Galleria stattgefunden, seitdem gibt es regelhafte Treffen zu unterschiedlichen Themen. An der Initiative nehmen viele ältere Mitbürger, Vertreter der Politik und einiger Institutionen vor Ort teil.
|
Deutsches Rotes Kreuz |
Das Rote Kreuz betreibt bereits eine Kleiderkammer, die von der ZEA und anderen Einrichtungen genutzt wird. Das DRK hat eine hauptamtliche Mitarbeiterin, die für die Ehrenamtsarbeit zuständig ist und auch Veranstaltungen zu dieser Thematik anbietet. Im „DRK – Laden“ am Harburger Rathausplatz finden u.a. Veranstaltungen zum Thema statt. Das DRK hat zudem auch die Verwaltung und Betreuung einzelner Unterkünfte übernommen.
|
Willkommensbündnis in Harburg |
Das Bündnis ist in der „Sauerkrautfabrik“ in Harburg beheimatet. Es hat u.a. ein Willkommensfest vor der ZEA veranstaltet. Es organisiert da drüber hinaus Infotische und führt Stadtteilrundgänge durch.
|
Unterstützertreffen an der TU |
Im Oktober 2014 hat es eine Infoveranstaltung zur Unterkunft der ZEA am Schwarzenberg in der TU gegeben. Aus dieser Infoveranstaltung heraus hat sich ein Unterstützertreffen an der TU gebildet, welches in Abstimmung mit der Unterkunftsleitung Angebote unterbreitet.
|
Binnenhafen-Treffen |
ist recht breit aufgestellt und besteht aus Anwohnern, Geschäftsleuten aus dem Binnenhafen. Es hat sich in thematische Arbeitsgruppen aufgeteilt. Ziel ist die Unterstützung von Flüchtlingen, die im Binnenhafen auf dem Wohnschiff untergebracht werden.
|
Runder Tisch Wetternstrasse, Lewenwerder und ZEA |
Es werden Themen zu den Einrichtungen besprochen, sowie Informationen gegeben.
|
Runder Tisch Bostelbek |
Er befasst sich mit der kommenden Unterkunft Am Radeland. Zurzeit gibt es keine Treffen. Es soll wieder eingeladen werden, wenn der Zeitpunkt der Eröffnung der Einrichtung absehbar ist.
|
Café der Gastfreundschaft „refugio“ |
Das Café ist in den Räumen des ehemaligen Jugendkellers der Trinitatis Gemeinde Bremer Straße 9 beherbergt. Es wendet sich mit seinen Angeboten an alle Einrichtungen im Harburger Kerngebiet. |
Unterstützerkreis Cornelius-Gemeinde |
In der Cornelius Gemeinde in Fischbek hat sich gleichfalls ein Unterstützerkreis gefunden. Dieser organisiert sich gerade.
|
Umsonst Laden Harburg |
Träger ist der Verein Contrazt e.V. Er betreibt schon seit längerer Zeit die Initiative. Im Laden gibt es Kleidung und mehr. Den Laden darf jeder - ohne Vorlage und Nachweis der Bedürftigkeit - nutzen.
|
Open Arms |
Open Arms ist eine gemeinnützige GmbH, gegründet vom HIT Technopark und besteht seit dem 1. März 2015. Es sollen die voraussichtlich ab Oktober 2015 in Bostelbek untergebrachten Menschen und auch die Anwohner unterstützt werden. Das Engagement ist nicht nur auf Bostelbek beschränkt. |
Human @ Human |
Der Verein wurde am 10.März 2015 gegründet. Das (berufliche) Potenzial der Flüchtlinge soll gefördert werden. Flüchtlinge sollen an Unternehmen, die diese Qualifikationen suchen, vermittelt werden. Der Verein will auch Bindeglied zwischen Initiativen und Institutionen sein. |
Helferstammtisch Gaststätte Schwarzenberg |
Die Gruppe versteht sich als Einrichtungsübergreifender Kreis |
Über diese Initiativen hinaus, gibt es eine wachsende Zahl von Einzelpersonen die sich an den Bezirk wenden und fragen, wo Spenden abgegeben werden können bzw. ob und wie ansonsten Hilfe und Unterstützung geleistet werden kann.
Gleiches gilt für diverse Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise in Süderelbe und im Kerngebiet Harburg.
T. Völsch
Keine Orte erkannt.
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.