20-0718

Antrag Grüne betr. TTIP-Auswirkungen auf den Bezirk Harburg kritisch begleiten

Antrag

Sachverhalt

Die Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA (TTIP)  werden von vielen Seiten erheblich kritisiert. Dies betrifft insbesondere die vor allem anfänglich geringe Transparenz der Verhandlungen sowie die Sorge auf beiden Seiten vor einer Schwächung bestehender Standards und vor den negativen Auswirkungen möglicher Bestandteile des Abkommens wie z. B. einer Investoren-Schutzklausel mit Klagerecht vor demokratisch nicht kontrollierten Schiedsgerichten.

Auch der Bezirk Harburg wird nach jetzigem Verhandlungsstand von den Inhalten von TTIP direkt betroffen sein. Im TTIP-Entwurf sind Regelungen enthalten, die die bezirkliche Planungs-, Finanz- und Organisationshoheit einschränken. So würde der Investitionsschutz die bezirkliche Daseinsvorsorge betreffen, sollten auch Dienstleistungskonzessionen – anders als in der kürzlich verabschiedeten EU-Richtlinie – als Investition definiert werden. Es wäre dann möglich, dass die Bezirke gezwungen werden, Dienstleistungen wie beispielsweise soziale Trägerschaften, Dienstleistungen des Bezirks
(z. B. den bezirklichen Bauhof) oder Schwimmbäder (z. B. Freibad Neugraben) nach Wettbewerbskriterien auszuschreiben und damit berechtigte Interessen vor Ort unberücksichtigt bleiben. Ferner könnte durch TTIP eine Privatisierung dieser Dienstleistungen eingeklagt und  anschließend nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Daseinsvorsorge in Form von Dienstleistungen ist von allgemeinem Interesse und stellt ein hohes Gut innerhalb Deutschlands und der EU dar. Diese hohen Maßstäbe in kommunaler Verantwortung dürfen durch TTIP nicht in Gefahr geraten.

Bei der öffentlichen Vergabe besteht ebenfalls die Gefahr, dass die bezirkliche Organisationsautonomie in Frage gestellt würde. Damit könnten im Beschaffungswesen regionale, soziale und ökologische Kriterien in Zukunft untersagt und den Bezirken damit ein wichtiges Instrument aus der Hand genommen werden. Nach derzeitigem Verhandlungsstand würden durch TTIP die Grenzwerte, ab denen eine Ausschreibung öffentlicher (Liefer- oder Bau-)Aufträge verpflichtend vorgeschrieben wäre, gesenkt werden. Auch dadurch würden gemeinnützige oder ortsansässige Unternehmen gegenüber transnational agierenden Konzernen benachteiligt.

Um diese zu befürchtenden negativen Auswirkungen auf bezirklicher Ebene abzuwenden, müssen die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und den USA auch auf Bezirksebene kritisch begleitet werden.

 

Petitum/Beschluss

Die Bezirksversammlung Harburg möge beschließen:

 

1. Die Bezirksversammlung Harburg begrüßt die Forderung der Hamburgischen Bürgerschaft, aufgrund der umfassenden Auswirkungen eines solchen Abkommens ein besonderes Augenmerk auf die Errungenschaften in der Europäischen Union im Bereich der Sozial-, Umwelt-, Lebensmittel-, Gesundheits-, und Datenschutzstandards sowie beim Verbraucherrecht zu legen.

 

2. Die Bezirksversammlung Harburg unterstützt das Vorgehen der Hamburgischen Bürgerschaft, die Verhandlungen über TTIP weiterhin konstruktiv und kritisch zu begleiten und mögliche Auswirkungen auf die Freie und Hansestadt Hamburg im Blick zu behalten. Die umfassende Organisationsfreiheit der Bezirke bei Entscheidungen zur Daseinsvorsorge muss dabei uneingeschränkt erhalten bleiben.

 

3. Die Bezirksversammlung Harburg äußert Bedenken hinsichtlich möglicher durch TTIP eingeführter Einschränkungen − vor allem durch den Einbezug einer Investorenschutzklausel − insbesondere bei den nicht-liberalisierten Bereichen der kommunalen und bezirklichen Daseinsvorsorge, bei öffentlichen Vergabeverfahren und beim bezirklichen Beschaffungswesen. Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, gegenüber dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf diese Bedenken der Bezirksversammlung hinzuweisen und ihn zu bitten, sich im Rahmen der Befassung mit dem Abkommen über das Hanseoffice in Brüssel sowie auf Bundesebene für die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge einzusetzen und darauf zu achten, dass bisherige EU-Vereinbarungen zum Schutz dieser öffentlichen Dienstleistungen durch TTIP nicht beeinträchtigt werden. Weiter müssen im Bereich der öffentlichen Vergabe und Beschaffung regionale, soziale und ökologische Kriterien gesichert und unberührbar bleiben.

 

 

Antrag des Abgeordneten Robert Klein und GRÜNE-Fraktion

 

 

 

 

Harburg, 07.05.2015

 

Britta Herrmann

GRÜNE-Fraktionsvorsitzende

 

 

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