Antrag Die Linke Harburg für Alle! Wissenschaftliche Ausstellung statt ideologischer Geschichtsshow - Zusatzantrag zur Drucksache 20-0774
der Abgeordneten Jörn Lohmann, André Lenthe, Kadriye Baksi, Sven Peters und Sabahttin Aras/ Fraktion DIE LINKE
Sachverhalt:
Die Tage um den 17. Juni 1953 markierten eine einschneidende Zäsur in der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte. Die damals noch junge DDR wurde in diesen Tagen von Rostock bis Plauen durch eine starke Streik- und Demonstrationswelle erfasst, es waren vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter, die ihren angestauten Unmut spontan zum Ausdruck brachten. Während das Politbüro der SED bereits am 9. Juni auf Anweisung aus Moskau für Landwirte, Handwerker und Gewerbetreibende überspitzte Maßnahmen zurücknahm, blieben ausgerechnet die Normerhöhungen in der Industrie und im Bauwesen in Kraft. Deren Rücknahme am 16. Juni kam zu spät und konnte das Misstrauen nicht mehr ausräumen, waren doch die Forderungen in der Zwischenzeit doch deutlich über die Rücknahme der Normerhöhungen hinaus gewachsen: die Menschen gingen für eine Reform des Sozialismus, unter anderem mit freien Wahlen, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“, auf die Straße.
Es folgte knapp vier Jahre nach Gründung der DDR, der militärische Einsatz der sowjetischen Besatzungsmacht. Rund 50 Demonstranten und 10 Mitglieder der sowjetischen Armee, sowie der Volkspolizei verloren ihr Leben.
Unter den Bedingungen der Systemkonfrontation und des kalten Krieges unterlag die Interpretation der Ereignisse auf beiden Seiten rasch der politischen Instrumentalisierung. Während die 14. Tagung des Zentralkomitees der SED sie wenige Tage später als "faschistischen Putsch" bewertete, begrüßten Politiker der Bundesrepublik und Westberlins den "Volksaufstand", erklärten den 17. Juni zum "Tag der deutschen Einheit" und erhoben ihn im August 1953 zum gesetzlichen Feiertag.
Die Kennzeichnung als "Tag der deutschen Einheit" ordnete sich lückenlos in die Politik der "Alleinvertretung" ein, die der DDR kein Existenzrecht zubilligte und für zwei Jahrzehnte Annäherung und Verständigung ausschloss. Die Einstufung des 17. Juni 1953 als "faschistischer Putsch" bzw. Konterrevolution in der DDR blockierte die kritische Auseinandersetzung mit eigenen politischen Fehlern und systembedingten Ursachen.
DIE LINKE Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung begrüßt die inhaltliche Auseinandersetzung zum Arbeiteraufstand von 1953.
Leider ist der Antrag der CDU Fraktion im Petitum sehr unkonkret. Es sollte selbstverständlich sein, dass eine Ausstellung die im Harburger Rathaus und damit in einem öffentlichen Gebäude, gezeigt wird wissenschaftlichen Standards und Erkenntnissen standhält. Die Ausstellung muss in einem geschichtlich, wissenschaftlichen Kontext gestellt werden, damit sie nicht zur plumpen Ideologieschau wird, die den Menschen des 17. Juni nicht gerecht wird.
Die Bezirksversammlung beschließt die dauerhaft einzurichtende und jährlich durchzuführende Ausstellung zum 17. Juni 1953 im Harburger Rathaus. Die Ausstellung sollte im zeitlichen Umfeld des 17. Juni stattfinden und wissenschaftlichen und geschichtlichen Standards und Methoden genügen, damit wird den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit geben sich einen abgerundeten und weitgehend vollständigen Blick auf die historischen Vorgänge und deren nachträgliche Instrumentalisierung in Ost und West zu machen. Denn nur so gelangt man zu einer eigenen Chance der Bewertung. Um dem Vergessen vorzubeugen, sind alle Schulen über die stattfindende Ausstellung zu informieren und einzuladen diese zu besuchen.
Die Bezirksverwaltung wird darüber hinaus gebeten alle zwei Jahre die Besucherfrequenz zu erheben, die Kosten der Ausstellung darzustellen und die wissenschaftlichen Befunde überprüfen zu lassen. Die Ergebnisse dieser Analyse sind dem Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit vorzustellen.
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