Antrag der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus, Jörn Lohmann, Kadriye Baksi, Sven Peters, Sabahattin Aras / Fraktion Die Linke betr. Harburg für Alle! Keine Bundeswehr an Harburgs Schulen und Ausbildungsmessen
Die Bezirksversammlung möge beschließen:
Die Bezirksversammlung Harburg appelliert an die Harburger Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, keine Jugendoffizier*innen und Karriereberater*innen der Bundeswehr zu Informations- und Werbezwecken in ihre Schulen einzuladen. Dies gilt sowohl für die Einbindung von Jugendoffizier*innen in den Unterricht als auch für die mögliche Beteiligung der Bundeswehr an Projekttagen oder Ausbildungsmessen auf dem Schulgelände. Schulen sollen weder Rekrutierungsstätten der Bundeswehr noch Orte der militärischen Propaganda sein, sondern Orte der Bildung.
Sollten dennoch solche Einladungen erfolgen, werden die Schulleitungen gebeten, die Lehrerkonferenz, die Schülervertretung sowie die Eltern der konkret betroffenen Klassen im Vorfeld über die Veranstaltung mit der Bundeswehr zu informieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass auch Vertreterinnen und Vertreter von pazifistischen oder militärkritischen Organisationen eingeladen werden.
Die Verwaltung wird gebeten, die Schulleitungen über diesen Beschluss in Kenntnis zu setzen und die Motive der Bezirksversammlung zu erörtern.
Begründung:
Die Bundeswehr bietet Lehrerinnen und Lehrern an, in einem meist 90 minütigen Unterricht
Vorträge zum Thema Sicherheitspolitik vor Schulklassen zu halten. Dazu hat sie bundesweit 98 hauptamtliche Jugendoffizier*innen und 551 sogenannte Karriereberater*innen beschäftigt.
Eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE ( Drucksachen-Nr.: XIX-1990) hat ergeben, dass die Jugendoffiziere der Bundeswehr in den Jahren 2010 bis 2013 19 Veranstaltungen ( 18 Vorträge und eine Podiumsdiskussion) mit insgesamt 410 Schülerinnen und Schülern sowie 22 Lehrkräften an Harburger Schulen durchgeführt haben.
Des Weiteren fanden im selben Zeitraum Seminare und Wehrdienstberatungen sowie ein Besuch einer Schulklasse bei der Bundeswehr vor Ort statt.
Zudem trat die Bundeswehr im Bezirk Harburg im abgefragten Zeitraum auf Ausbildungsmessen und an Berufsinformationstagen auf.
Die Einflussnahme der Bundeswehr auf Jugendliche vollzieht sich vor dem Hintergrund wachsender Rekrutierungsschwächen der Bundeswehr und nach wie vor fehlender Unterstützung für Kriegseinsätze in der Bevölkerung. Schulen dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, dem Eigeninteresse der Bundeswehr nachzukommen, Akzeptanz für militärische Einsätze durch das gezielte Einwirken auf Minderjährige zu schaffen.
Dies gilt auch für den Einsatz von Karriereberater*innen, die im Unterschied zu Jugendoffizier*innen nicht die sicherheitspolitischen Positionen der Bundesregierung darlegen, sondern den Jugendlichen einen „Job“ bei der Bundeswehr schmackhaft machen sollen. Diesem Auftrag gehen sie zum Teil in Form von Vorträgen vor Klassen, zum Teil durch Beteiligung an Projekttagen oder Ausbildungsmessen auf dem Schulgelände nach. Vereinzelt werden auch Klassen in Kasernen eingeladen.
Doch die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder andere. Berichte aus der Friedensbewegung zeigen, dass bei der Vorstellung des „Arbeitgebers“ Bundeswehr über die Risiken und Nebenwirkungen des Soldat*innenseins nicht realistisch informiert wird. Weder wird über die Gefahr, im Einsatz getötet oder verletzt zu werden, noch über das Risiko, andere Menschen zu töten oder zu verletzen, angemessen aufgeklärt. Welche physischen und psychischen Folgen sich für die Betroffenen aus diesen möglichen Ereignissen ergeben, wird vernachlässigt. Auch hier wirkt das Interesse der Jugendoffizier*innen und Karrieberater*innen, die Bundeswehr auftragsgemäß in einem positiven Licht darzustellen und den Jugendlichen als attraktiven Arbeitgeber anzupreisen einer realistischen Darstellung des Soldat*innenseins entgegen.
Jugendlichen, die ein Interesse an der Bundeswehr haben, stehen vielfältige Möglichkeiten offen, sich näher zu informieren. Eine Militarisierung des Unterrichts soll es aber in Harburg nicht geben.
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