22-0964

Zukunft des Gewerbegebiets Alsterdorfer Straße - Kritische Prüfung der Bebauungspläne und des Entwicklungskonzepts Große Anfrage gem. § 27 BezVG der Volt-Fraktion

Anfrage nach § 27 BezVG

Sachverhalt

Der Bebauungsplan Alsterdorf 7, ursprünglich am 7. Oktober 1968 festgesetzt, und das Plangebiet des Bebauungsplans Alsterdorf 8, das nördlich und südlich der Alsterdorfer Straße liegt und eine Fläche von etwa 3,6 Hektar umfasst, sind als Gewerbegebiete ausgewiesen. Um eine solide Bewertung des aktuellen Entwicklungskonzepts für die Alsterdorfer Straße vornehmen zu können ist es hilfreich, die städtebaulichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen sowie die planerischen Zielsetzungen einzuordnen.

Das Gebiet weist neben gewerblichen Nutzungen auch Büro-, Dienstleistungs- und einige Wohnnutzungen auf, wodurch es sich nicht als klassisches Gewerbegebiet darstellt. Um den Standort als Gewerbegebiet zu stärken und einer Umwandlung in Wohnnutzungen entgegenzuwirken, gab es seit der Festsetzung des Bebauungsplans Alsterdorf 7 im Jahr 1968 zwei Änderungen:

Erste Änderung: Diese Änderung betraf die Zussigkeit von Einzelhandelsbetrieben im Gewerbegebiet. Es wurde festgelegt, dass Einzelhandelsbetriebe unzulässig sind, mit Ausnahme von Verkaufsstätten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Gewerbe- oder Handwerksbetrieb stehen (Werksverkauf), sofern die Verkaufs- und Ausstellungsfläche nicht mehr als zehn Prozent der Geschossfläche des Betriebs beträgt. Zudem wurden Bordelle, bordellartige Betriebe und Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet ausgeschlossen.

Zweite Änderung: Diese Änderung wurde am 5. September 2024 eingeleitet und betrifft das Gewerbegebiet zwischen Alsterdorfer Straße und Bilser Straße. Ziel ist es, die gewerbliche Nutzung zu stärken und weitere Wohnnutzungen zu verhindern. Das Verfahren befindet sich derzeit in der Planungsphase.

Ungeachtet dieser Anpassungen ist das Gebiet von Brachflächen und Gebäuden mit Leerstand geprägt. Dies wirft die Frage auf, inwiefern die gewünschte Entwicklung zu einem vitalen Gewerbegebiet investorenseitig anerkannt wird und im nennenswerten Umfang Gewerbeflächen bebaut werden. Diese Fragen werden im aktuellen Entwicklungskonzept, erstellt durch die Büros GOS Gesellschaft für Ortsentwicklung und Stadterneuerung und BPW Stadtplanung, adressiert.

Ziel dieser Anfrage ist eine kritische Überprüfung der bestehenden Bebauungspläne und die Bewertung der langfristigen Sinnhaftigkeit einer ausschließlichen Gewerbenutzung in Anbetracht des Bedarfs an Wohnraum in Hamburg sowie des anhaltenden Leerstandes an der Alsterdorfer Straße.

Daher bitten wir das Bezirksamt um Beantwortung der folgenden Fragen:

Das Entwicklungskonzept sieht einen massiven Aufwuchs an zusätzlichen Gewerbeflächen im Gebiet vor. Hierzu stellen sich einige Fragen nach der aktuellen Nachfrage nach Gewerbeflächen und möglichen Alternativen im Bereich Alsterdorfer Straße:

1) Ist dem Bezirksamt bekannt, wie viele Anfragen oder Bewerbungen von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes es in den vergangenen zwei Jahrzehnten für eine Ansiedlung im Gewerbegebiet Alsterdorfer Straße gab? Gibt es derzeit laufende Verhandlungen zu Unternehmensansiedlungen und entsprechen deren Nutzungsabsicht den Vorgaben des Babauungsplans (“emissionsarmes produzierendes Gewerbe”)?

2) Gibt es eine Übersicht über die Art der Betriebe (verarbeitendes Gewerbe, Handwerk, Einzelhandel, Gastronomie, Beherbergung, etc.) , die Interesse bekundet haben, und die Gründe, warum sich diese letztendlich nicht angesiedelt haben? Falls ja, erbitten wir eine Auflistung.

3) Im Entwicklungsplan ist vorgesehen, einzelne Gebäude in ihrer Geschossigkeit aufzustocken. Entspricht dies den Bedarfen des produzierenden Gewerbes?

4) Ist das Gewerbegebiet Alsterdorfer Straße im Vergleich z.B. zu der “Meistermeile”r Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes ein konkurrenzfähiger Standort (Mietpreise, infrastrukturelle Anbindung, Größen der Flächen, Zuwegung, etc.)?

5) Investoren argumentieren, dass sich reine Gewerbenutzung in neu zu errichtenden Gebäuden wirtschaftlich nicht lohne und eine Mischnutzung erforderlich sei (Quersubventionierung). Wurden diesbezüglich alternative Modelle zum aktuellen Bebauungsplan geprüft bzw. gibt es Überlegungen, private Investoren durch Anreize wie Vermietungszuschüsse oder Mietgarantien für Baumaßnahmen zu gewinnen und ausbleibende Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen zu kompensieren?

6) Sind Anfragen seitens potentieller Investoren bekannt, im fraglichen Gebiet das Konzept “Urbane Produktion und Mischnutzung” (auch bekannt unter dem Begriff “Urbanes Gebiet”), also ein gemischtes Gewerbe-Wohnquartier mit emissionsarmen Betrieben, umzusetzen? Wie viele solcher Anfragen gab es in den zurückliegenden 20 Jahren?

7) Die Gebäude an der Kreuzung Alsterdorfer Straße und Carl-Cohn-Straße in Richtung Norden sowie Alsterdorfer Straße 273-281 und der gesamte nordwestliche Teil des Heubergredder dienen mehrheitlich der Wohnnutzung. Inwiefern steht diese Wohnnutzung im Gewerbegebiet in Konflikt mit den Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und stellt womöglich einHemmnis für die Ansiedlung produzierenden Gewerbes dar, wie sie im Entwicklungsplan skizziert wird?

Drei Varianten des Bebauungsplans seit 1968 Hintergrund der Änderungen

8) Warum wurden seit 1968 drei verschiedene Varianten des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet entwickelt? Welche Herausforderungen oder Hemmnisse haben dazu geführt, dass eine langfristig stabile Planung bislang nicht umgesetzt werden konnte?

9) Trotz des klaren politischen Bekenntnisses zur Sicherung des Gewerbestandortes bleiben abseits vereinzelter Bauprojekte wie dem Neubau des Firmensitzes der HOLGER CLASEN GmbH & Co. KG, viele Flächen ungenutzt. Welche Maßnahmen (neben dem genannten Entwicklungskonzept “Moderne Gewerbeentwicklung in Alsterdorf fördern“ aus der Drucksache 22-0545) werden ergriffen, um die Umsetzung bestehender Planungen und die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe zu beschleunigen? Wird in Betracht gezogen, über eine aktivere Flächenpolitik Anreize für eine schnellere gewerbliche Nutzung zu schaffen?

Eignung der Fchen für eine ausschließliche Gewerbenutzung

10) Welche infrastrukturellen Herausforderungen bestehen für das Gewerbegebiet, z.B. im Hinblick auf Schwerlastanlieferverkehre?

11) Ergeben sich aus den Anlieferverkehren, insbesondere den Schwerlastverkehren, Herausforderungen für das aktuelle Gehwegekonzept für Alsterdorf?

12) Welche Nutzungskonflikte bestehen bereits heute mit der umliegenden Wohnbebauung hinsichtlich Lärm, Emissionen oder Verkehrsbelastung?

13) Gibt es Verhandlungen seitens der öffentlichen Hand mit dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Alte Wäscherei befindet, über den Verkauf dieses Grundstücks? Der Entwicklungsplan sieht auf diesem Grundstück eine großflächige Bebauung vor und der Eigentümer ist derzeit bemüht, das Grundsck zu veräern.

14) Wie viele Eigentümerwechsel von Gewerbeflächen fanden seit 2015 statt? Wurden diese Flächen, auf denen ein Eigentümerwechsel stattfand, für Neubauten oder Gewerbeansiedlungen genutzt?

Wohnraum vs. Gewerbe Prüfung einer Mischnutzung

15) Wie wird das Gebiet im Rahmen des Hamburger Flächennutzungsplanes (FNP) bewertet? Gibt es übergeordnete Strategien des Bezirks oder der Stadt (z.B. Gewerbeflächenentwicklung, Nutzungsmischung, Erhalt von Arbeitsplätzen)?

16) Angesichts der Lage des Gebiets zwischen Alster und Stadtpark, der vorhandenen Naherholungsmöglichkeiten sowie der Nähe zu Schulen und Kitas: Welche Faktoren sprechen aus Sicht des Bezirksamts gegen eine städtebaulich integrierte Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe unter Einhaltung der entsprechenden Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die es mit Blick auf die schon existierende Wohnbebauung ohnehin einzuhalten gilt?

17) Sofern mögliche Emissionen einer Mischnutzung entgegenstehen, weshalb ist diese seit der Erstauflage des Bebauungsplans tolerabel und wie gehen moderne Quartiere mit Mischnutzung mit diesem Thema um?

18) Ist beabsichtigt, die Grünflächen des Gebiets aufzuwerten und der starken Flächenversiegelung aktiv zu begegnen? Im Rahmen des Entwicklungskonzepts wird auf eine “Grünfläche” zwischen der Alsterdorfer Straße und der Bilser Straße verwiesen. Dieser ist tatsächlich ein hauptsächlich aus Kies und Beton bestehender Spielplatz und in seinem derzeitigen Zustand untauglich, als Naherholungsfläche zu dienen. Des weiteren spricht das Entwicklungskonzept von Grünflächen entlang der Straße. Dies sind derzeit im Wesentlichen hochverdichtete Kies- und Sandflächen zwischen den Bäumen. Ist beabsichtigt, diese zu entsiegeln und dauerhaft von parkenden Autos freizuhalten?

19) Weshalb wurden für die Planungen für die weitere Entwicklung des Gewerbegebiets die Eigentümer und Gewerbetreibenden, nicht jedoch die über Tausend Anwohnenden des Gebiets eingebunden und befragt?

20) Werden Erkenntnisse aus anderen Stadtentwicklungsprojekten (z.B. Oberbillwerder), in denen gemischtes Gewerbe-Wohnquartier mit emissionsarmen Betrieben geplant werden, berücksichtigt, um zu evaluieren, ob eine rein gewerbliche Nutzung im innerstädtischen Bereich langfristig stabil und wirtschaftlich tragfähig bleibt?

21) Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, um eine schrittweise Umwandlung in eine Mischnutzung oder eine alternative Nutzung des Gebiets in Betracht zu ziehen?

22) Welche Auswirkungen tte eine konsequente Rückführung auf reine Gewerbenutzung (z.B. Lärm, Verkehr, soziale Durchmischung)?

Wir bitten um eine detaillierte Stellungnahme zu diesen Fragen und danken Ihnen für die Bearbeitung.

Anhänge

Keine

Lokalisation Beta
Alsterdorfer Str. Alsterdorf Bilser Str. Carl-Cohn-Straße

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