20-6898

Umbenennung der Straßen Woermannsweg und Woermannstieg
Antrag der Fraktion DIE LINKE
Beschlussempfehlung des Regionalausschusses Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel

Beschlussempfehlung Ausschuss

Letzte Beratung: 07.05.2019 Hauptausschuss Ö 7.11

Sachverhalt

 

Der Regionalausschuss Fuhlsbüttel-Langenhorn-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel hat sich in seiner Sitzung am 15.04.2019 mit der o.g. Thematik auf der Grundlage des Antrages der

Fraktion DIE LINKE befasst und einstimmig folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:

 

  1. Der Regionalausschuss spricht sich für eine Umbenennung der Straßen Woermannsweg und Woermannsstieg aus.

 

  1. Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord wird gebeten,

 

a)      eine Sondersitzung des Regionalausschusses vor Ort mit Vertreter*innen der genannten Organisationen abzuhalten und dazu einen Vertreter des Beirates zur Aufarbeitung der Hamburger Kolonialgschichte sowie auch die Bürgerinnen und Bürger in geeigneter Weise einzuladen.

 

b)      Straßennamenvorschläge für die Umbenennung zu sammeln, die die Prinzipien des Beirates zur Aufarbeitung der Hamburger Kolonialgschichte zum Perspektivwechsel berücksichtigen.

 

c)       den Regionalausschuss über die Namensvorschläge zu informieren

 

 

 

  1. Der Regianlausschuss entscheidet in einer seiner Sitzungen über Namen zur Umbenennung des Woermannweges und des Woermannstieges.

 

  1. Der Beirat zur Aufarbeitung der Hamburger Kolonialgeschichte möge einen Vertreter in den Regionalausschuss entsenden, der eine Einordnung der Preson Justus-Strandes gibt.

 

 

Begründung:

 

Hamburg war als Hafen- und Handelsstandort ein bedeutender Teil der Kolonialpolitik des Deutschen Reiches. Daher gibt es viele Orte in Hamburg bzw. Hamburg-Nord, die unkritisch an diese koloniale Vergangenheit Deutschlands erinnern.

 

 

Mit der Drucksache 20/12383 - Aufarbeitung des kolonialen Erbes - bekundet der Senat auf das einstimmige Ersuchen der Bürgerschaft (Drucksache 20/3752), sich der kolonialen Verantwortung stellen zu wollen. Sowohl Bürgerschaft als auch Senat betonen in ihren Drucksachen, dass die Einbeziehung der Communities der Schwarzen Menschen und People of Color sowie von mit ihnen solidarisierenden zivilgesellschaftlichen Initiativen, wie unter anderem des "Arbeitskreises Hamburg Postkolonial", von großer Bedeutung sei.

 

Wie im Wochenblatt Nr. 25 vom 22.06.2016 auf der ersten Seite zu lesen ist, fand am 23.06.2016 eine Veranstaltung des AKs Hamburg Postkolonial in Zusammenarbeit mit der Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt e. V. statt, auf der ihre Forderung nach der Umbenennung der Straßen Woermannsweg und Woermannstieg begründet wurde.

 

Beide Straßen sind nach dem Hamburger Reeder, Plantagenbesitzer und Kaufmann sowie Präses der Handelskammer, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, Hamburgs Reichstagsabgeordneter für die Nationalliberale Partei Adolph Woermann (1847 - 1911) benannt.

 

Auf Woermanns Treiben hin beschloss das Deutsche Reich aus Kamerun eine deutsche Kolonie zu machen. So konnte einerseits die europäische Konkurrenz abgewehrt und andererseits das von Kamerun betriebene Zwischenhandelsmonopol gebrochen werden und somit Woermann mehr Gewinn erwirtschaften. Er profitierte nicht nur von den Plantagen, sondern auch mit dem Menschenhandel, (Versklavte aus Dahomey) sehr viel Geld. Die ‚Strafexpeditionen', die er ins Landesinnere schickte, waren brutal. So setzte er eine Privatarmee gegen die Malimba ein, die eine Niederlassung seines Handelsunternehmens nicht auf ihrem Gebiet duldeten und ließ einen Krieg gegen die Widerstandskämpfer der Bakweri führen. Auf seiner Plantage starben allein 1913 innerhalb von 7 Monaten 65 von 213 ‚Arbeitskräften' (vgl. R. Bake, Ein Gedächtnis der Stadt, Band 3 (online Ausgabe), S. 321f u. 836ff).

 

Der Reeder Adolph Woermann war Kriegsgewinnler. Er profitierte enorm von den Truppen- und Waffenexporten, die für den Kolonialkrieg in "Deutsch-Südwestafrika" (heute Namibia) bestimmt waren. Für diese Transporte verlangte er überhöhte Frachtraten. Nach dem Genozid an den Herero und Nama errichtete er für die aus der Wüste erschöpft Zurückkehrenden private Konzentrationslager, aus denen er Kinder, Frauen und Männer zur Zwangsarbeit am Eisenbahnbau für die Otavi-Minengesellschaft holte, deren Vorsitzender er war.

 

Dass Protagonisten von Genoziden Versklavung, Landraub etc. nicht durch die Namensgebung von Straßen geehrt werden dürfen, ist in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord Konsens. Die von Senat und Bürgerschaft geforderte Aufarbeitung der kolonialen Geschichte Hamburgs ist bereits vorangeschritten. Der einberufene Runde Tisch "Koloniales Erbe" hat bereits Ergebnisse erarbeitet. Demnach ist für das Gelingen der Dekolonisation ein Perspektivwechsel zwingend notwendig. Dieser soll insbesondere durch das Einbinden der Nachfahren der Kolonisierten und der Zivilgesellschaft sichergestellt werden (siehe Protokoll Runder Tisch Koloniales Erbe vom 15.10.2018).

 

Für die Straßen Woermannsweg und Woermannstieg ist genau diese Bedingung erfüllt. Seit 2016 wird darauf aufmerksam gemacht, dass Verbände die Umbenennung der Straßen fordern. Mit dem Brief vom 18.03.2019 an die Mitglieder der Bezirksversammlung Hamburg-Nord unterzeichnet von:

 

"Nama Genocide Technical Committee, Namibia

"Assosiation of the Ovaherero Genocide in the United States of America (AOG), USA

"OvaHerero, Mbanderu and Nama Genocides Institute ONGI, USA

"Bündnis Völkermord verjährt nicht! / No Amnesty on Genocide!

"Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e. V. ISD-Bund

"Initiative Schwarze Menschen in Deutschland ISD-Hamburg

"Arca - Afrikanisches Bildungszentrum e. V.

"Quo Vadis, Hamburg?

"Arbeitskreis Hamburg Postkolonial

"Willi-Bredel-Gesellschaft-Geschichtswerkstatt e. V.

 

wird an die aufrecht erhaltene Forderung erinnert und gebeten, einen Umbenennungsprozess einzuleiten und an diesen beteiligt zu werden.

 

 

 

Petitum/Beschluss

 

Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.

 

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