20-5259

Straßennamen nach NS-belasteten Personen umbenennen! Gemeinsamer Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Gruppen Piraten und FDP

gemeinsamer Antrag

Sachverhalt

 

In der Sitzung am 08.01.2018 befasste sich der Regionalausschuss Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel unter Top 5.3 mit einer Eingabe eines Bürgers zum Thema NS-belastete Straßennamen (siehe Anlage 1). Über die in der Eingabe nach Theodor Heynemann und Theodor Fahr benannten Straßen hinaus wurde auch über die nach Franz Oehlecker benannte Straße gesprochen. Über die beiden zuerst genannten Ärzte lassen sich zahlreiche Informationen der Eingabe entnehmen.

 

Franz Oehlecker (1874 1957) war ebenfalls Mediziner (Chirurg) und von 1907 1914 Oberarzt im AK Eppendorf und von 1914 1946 Chefarzt der chirurgischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus Barmbeck (vgl. http://dgti.de/fileadmin/docs/Franz_Oehleker.pdf). Er unterzeichnete 1933 das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat (siehe S. 130 https://archive.org/details/bekenntnisderpro00natiuoft).

In Barmbek verantwortete er u. a. zahlreiche Sterilisationen von Männern. Er forschte zu dem Thema und veröffentlichte 1934 den Aufsatz ‚Zur Unfruchtbarmachung des Mannes im Zentralblatt für Chirurgie. Sein Bestreben diente nicht dem Wohle der Patienten, sondern ausschließlich der Umsetzung des ‚Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und dessen Reputation in der Bevölkerung, er befürchtete öffentlichen Druck, wenn Komplikationen der Sterilisation publik würden, sowie den ökonomischen Aspekten der Umsetzung, der hohe Aufwand sollte die Umsetzung weder gefährden noch unnötig in die Länge ziehen (vgl. S. 100 und 41f https://oparu.uni-ulm.de/xmlui/bitstream/handle/123456789/3615/vts_9471_14301.pdf?sequence=1). Daher  muss davon ausgegangen werden, dass er nicht nur Mitläufer, sondern von der ‚Rassenhygiene überzeugter Täter war. 1940 wurde er zum Oberstabsarzt und 1943 zum Oberfeldarzt ernannt.

 

Alle drei Namensgeber verletzen in eklatanter Weise die heutigen Wertvorstellungen, was eine Umbenennung laut Stellungnahme der Kulturbehörde aufgrund eines einstimmig beschlossenen Antrages der Fraktionen SPD und Grüne in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord, rechtfertigt (siehe Anlage 2).

 

In der o. g. Sitzung des Regionalausschusses wurden die Petenten mit dem Verweis, dass es das Ergebnisses des 2014 eingeforderten stadtweiten Konzeptes zum Umgang mit Straßenbenennungen nach NS-belasteten Personen bedürfe, auf dessen Fertigstellung vertröstet. Das ist insofern unbefriedigend und nicht zielführend, als dass in Stellungnahme der Kulturbehörde von 2014 steht, „Es ist erforderlich, eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Abwägungsentscheidung zu treffen. Dabei spielen nähere Umstände wie die Art der Belastung und mögliche Alternativen eine Rolle. Ein über diese Vorgehensweise hinausgehendesKonzeptsst keine besseren Ergebnisse erwarten. Wenn über die Bezirke bzw. aus der Öffentlichkeit ein begründeter Umbenennungswunsch an die zuständige Stelle herangetragen wird oder diese über eigene Erkenntnisse verfügt, wird in jedem Falle eine Entscheidung herbeigeführt (siehe Anlage 2). Damit sollte klar sein, dass es kein Konzept geben wird und die bisher gängige Praxis, aus den Bezirken heraus Straßen zur Umbenennung vorzuschlagen, weiterhin empfohlen wird.

 

In der Vergangenheit hat das gut funktioniert. 2015 einigten sich sowohl Vertreter der Bezirksversammlung als auch des Regionalausschusses auf ein Verfahren, unter Einbindung der Öffentlichkeit einen Umbenennungsprozess anzustoßen. Die von den Fraktionen zur Umbenennung erarbeiteten Kriterien sollen dabei wieder gelten, um ein Gegengewicht zu den bisherigen Namensgebern zu schaffen.

Es soll daher eine Benennung nach einer Person erfolgen, die sich durch ihre antifaschistische

Grundhaltung, ihren Einsatz für die Menschenrechte und ihr Bekenntnis zur Menschenwürde

auszeichnete. Auch soll die so zu würdigende Person einen regionalen Bezug aufweisen (siehe Anlage 3). Damals wie heute gilt die Empfehlung der Kulturbehörde, möglichst Frauen als Namensgeberinnen vorzuschlagen.

 

Petitum/Beschluss

 

Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord möge beschließen:

 

  1. Die Verwaltung wird gebeten, öffentlich dazu aufzurufen, Namensvorschläge zu unterbreiten für die Straßen Theodor-Fahr-Straße, Heynemannstraße und den Oehleckerring unter Nennung der Gründe für die Umbenennung und folgender Kriterien für Vorschläge:
  • Die Straße soll nach einer Person benannt werden
  • Vorrangig sollen Frauen durch die Benennungen gewürdigt werden
  • Mit den neuen Straßennamen soll die antifaschistische Grundhaltung, das Bekenntnis zu den Menschenrechten sowie der Einsatz für die Menschenwürde der jeweiligen namensgebenden Person honoriert werden
  • Die jeweiligen Personen, nach der die Straße benannt werden sollen, sollen einen regionalen Bezug aufweisen.
  1. Bis spätestens Ende Mai soll eine öffentliche Sondersitzung des Regionalausschusses Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel vor Ort stattfinden, in der die Gründe für die Umbenennung der Straßen sowie die bis dahin eingegangenen Namensvorschläge vorgestellt werden. Die Bewohner_innen der betroffenen Straßen sollen möglichst schriftlich eingeladen werden.
  2. Zu der Sondersitzung soll ein/e geeignete/r Expert_in/e eingeladen werden, die/der sowohl die Begründung für die Umbenennung als auch die Bewertung der bis dahin eingegangenen Vorschläge vornimmt, was als Diskussionsgrundlage mit den Gästen dienen soll.
  3. Eine Beschlussfassung über die Namensgebung folgt in einer der auf die Sondersitzung folgenden Sitzung des Regionalausschusses Langenhorn-Fuhlsbüttel-Ohlsdorf-Alsterdorf-Groß Borstel.

 

 

r die Fraktion DIE LINKE: Karin Haas, Rachid Messaoudi

r die Gruppe Piraten: Dorle Olszewski, Markus Pöstinger

r die Gruppe FDP: Ralf Lindenberg, Claus-Joachim Dickow

 

 

Anhänge

 

  1. Eingabe belastete Straßennamen
  2. Drucksachen-Nr. 20-0714
  3. Drucksachen-Nr. 20-1216