Straßenbenennung in Hamburg-Nord: Walter-Bärsch-Weg
Mit Straßenbenennungen gedenkt die Stadtgesellschaft der Verdienste bestimmter Persönlichkeiten um das Gemeinwohl. Immer wieder gab es dabei in der Vergangenheit intensive Debatten, ob solche Ehrungen bei NS-belasteten Personen noch zu rechtfertigen sind. So wurden u.a. auf Initiative der GRÜNEN Bezirksfraktion die Konjetznystraße und die Max-Nonne-Straße in Langenhorn umbenannt. Vorangegangen war dieser Debatte eine ebenfalls von der GRÜNEN Bezirksfraktion Hamburg-Nord initiierte Diskussion um die Straßenbenennung und Ehrenbürgerschaft Paul von Hindenburgs. Hindenburg war nicht nur Feldmarschall und Reichspräsident – er war auch einer der wesentlichen Wegbereiter Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten. Diese Debatte führte dazu, dass leider nur ein kleines, nur durch den Stadtpark gehendes Teilstück der Hindenburgstraße nach Otto Wels benannt wurde. Auch die Bürgerschaft konnte sich nicht dazu entschließen, Hindenburg die Ehrenbürgerschaft zu entziehen. So ist Hindenburg auch weiterhin Ehrenbürger Hamburgs, sein Wirken wird nun lediglich in der Liste der Ehrenbürger kommentiert.
Neue Erkenntnisse über Personen und ihr historisches Wirken sowie eine veränderte Wertehaltung in einer Gesellschaft sollten es ermöglichen, von vermeintlichen Vorbildern Abschied zu nehmen, wenn deutlich wird, dass ihre Biografie einer freiheitlichen, demokratisch-pluralistischen Gesellschaft nicht gerecht wird. So hat dies auch der Senat in der Antwort auf eine Anfrage der GRÜNEN Bezirksfraktion Hamburg-Nord in der Drs. Nr. XX-3198 [1] ausgeführt: „Der Senat hat regelmäßig Verkehrsflächen umbenannt, wenn ihm nachweislich die NS-Belastung einer namensgebenden Person bekannt geworden ist und die Benennung in eklatanter Weise die heutigen Wertvorstellungen verletzt.“
Im Bezirk Hamburg-Nord gibt es seit dem Jahr 2000 im Stadtteil Groß Borstel den Walter-Bärsch-Weg. Er geht von der Obenhauptstraße ab. Walter Bärsch war Sonderpädagogikprofessor, Hamburger Oberschulrat und engagierter Gewerkschafter. Er gehörte u.a. auch dem Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an. Er war auch Präsident, später sogar Ehrenpräsident, des Deutschen Kinderschutzbundes.
Veröffentlichungen von Bodo Schümann sowie von Hans-Peter de Lorent haben in der Vergangenheit aber auch ein anderes Bild der Person Walter Bärsch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So soll Bärsch 1933 Mitglied der SS geworden sein, in der er 1939 bis zum Untersturmführer aufstieg. 1934 soll er der NSDAP beigetreten sein und ab 1937 soll er sich als Studenten- bzw. Altherrenführer im Nationalsozialistischen Studentenbund engagiert haben. Diesen Teil seiner Biografie hat Bärsch nach 1945 weder offen eingestanden noch aufgearbeitet. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass er dies geschickt verheimlichte, vertuschte oder sogar falsche Fährten legte.
Vor diesem Hintergrund fragen wir das Bezirksamt:
Zu.1.:
Die Benennung der Straße war auf der Tagesordnung des Kerngebietsausschusses (KGA) am 22.02.1999 das Ausschussmitglied Herr Schlüter (CDU) hat den Namen Walter-Bärsch-Weg vorgeschlagen. Nach Rücksprache mit dem Staatsarchiv wurde der Benennungsvorschlag durch den KGA am 07.06.1999 zur Kenntnis genommen (siehe Anhang).
Zu 2.:
Als Begründung wurde angeführt, dass dieser sich beim Kinderschutzbund sehr engagiert habe und eine insgesamt eindrucksvolle Lebensleistung vollbracht habe.
Zu 3.:
Siehe Antwort zu 4.
Falls ja, bitte mit der Art der Aktivität, Hinweis auf Mitgliedschaft und eventuelle Funktionen benennen.
Zu 4.:
Nach Kenntnissen des Bezirksamtes war Walter Bärsch vom 01.02. bis 31.12.1934 Hitlerjunge und wurde anschließend ohne eigenen Antrag als Anwärter in die NSDAP überwiesen.
Wenn ja, mit welchem Ausgang? Wenn nein, warum nicht?
Zu 5.:
Laut Akte 221-11 Staatskommissar für die Entnazifizierung und Kategorisierung wurde Walter Bärsch in der Kategorie 5 (unbelastet) eingestuft, so dass er in den Schuldienst übernommen werden konnte.
Zu 6.:
Siehe Lebenslauf im Anhang
Zu 7.:
Keine dem Bezirksamt zugängliche
Zu 8.:
Es waren dem Bezirksamt die unter 4. genannten Aktivitäten bekannt, die einer Benennung nicht entgegenstanden
Zu 9.:
Hierzu kann seitens des Bezirksamtes Hamburg-Nord aus Ermangelung an Erkenntnissen
keine Aussage getroffen werden.
Zu 10.:
Hierzu kann seitens des Bezirksamtes Hamburg-Nord aus Ermangelung an Erkenntnissen
keine Aussage getroffen werden.
15.08.2018
Tom Oelrichs
[1] sitzungsdienst-hamburg-nord.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1000300
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