Stellungnahme zur Drucksache 22-1428 Errichtung und Inbetriebnahme einer Einrichtung für Mädchen im Falkenried 3 im Bezirk Hamburg-Nord Antrag der Volt-Fraktion
Letzte Beratung: 04.11.2025 Hauptausschuss Ö 4.4
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bezirksversammlung Hamburg-Nord nimmt die Vorlage der Drucksache 22-1428 und die damit verbundene Einleitung des Anhörungsverfahrens gemäß § 28 des Bezirksverwaltungsgesetzes (BezVG) zur Kenntnis.
Grundsätzlich unterstützt die Bezirksversammlung Hamburg-Nord die Schaffung einer Inobhutnahme-Einrichtung für minderjährige Mädchen, außerhalb der Unterkunft des Kinder- und Jugendnotdienstes (KJND) an der Feuerbergstraße. Zur weiteren Umsetzung ergeben sich konzeptionelle Fragen, die durch Forderungen der Bezirksversammlung einen Erfolg dieser wünschenswerten Einrichtung ermöglichen und unterstreichen.
Die Bezirksversammlung unterstützt grundsätzlich und nachdrücklich das Vorhaben, die soziale Infrastruktur in Hamburg-Nord zu stärken und spezialisierte Schutzeinrichtungen für vulnerable Personengruppen zu schaffen. Die Errichtung einer Einrichtung, die Mädchen und jungen Frauen in Krisensituationen einen sicheren Hafen, Schutz und Entwicklungsperspektiven bietet, ist ein zentrales Anliegen einer gerechten und fürsorglichen Gesellschaft. Ein solches Vorhaben kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um Gewaltkreisläufe zu durchbrechen und jungen Menschen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen.
Gleichzeitig ist der Bezirksversammlung Hamburg-Nord die herausfordernde Situation der bisherigen Unterkünfte des KJND, vor allem auch an der Feuerbergstraße, bekannt und es wird sehr positiv darauf geblickt, dass schutzbedürftige Mädchen im Bezirk nun eine geeignete Unterkunft für ihre individuellen Bedarfe bekommen.
Die Schaffung und Einrichtung der Unterkunft ist jedoch der erste Schritt. Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord betont die Wichtigkeit einer gelungenen Umsetzung des Konzeptes sowie einer langfristigen und angemessenen Betreuung der Mädchen an dem Standort. Da der Drucksache 22-1428 zum jetzigen Zeitpunkt keine detaillierten Ausführungen zu diesen entscheidenden Aspekten beiliegen, sollen hiermit die noch offenen und in Zukunft wichtigen Aspekte betont werden.
Eine reine Verwahrung von schutzbedürftigen Mädchen greift zu kurz und birgt die Gefahr der Re-Traumatisierung. Ein modernes pädagogisches Konzept muss daher im Mittelpunkt der Einrichtung stehen. Sobald vorhanden, fordert die Bezirksversammlung die Vorlage eines detaillierten pädagogischen Konzepts, das über die reine Unterbringung hinausgeht und auf Empowerment und psychologische Stabilisierung abzielt. Dieses Konzept muss den aktuellen fachlichen Standards der Mädchenarbeit entsprechen und folgende Aspekte berücksichtigen:
● Traumasensible Pädagogik: Sicherstellung, dass das Personal über die notwendigen Qualifikationen in traumasensibler Arbeit verfügt und die Alltagsgestaltung darauf ausgerichtet ist, Sicherheit und Stabilität zu vermitteln.
● Intersektionaler und queer-feministischer Ansatz: Konzeptionell müssen die vielfältigen Lebensrealitäten und Diskriminierungserfahrungen der Mädchen, beispielsweise aufgrund von Herkunft, Religion, Behinderung oder sexueller bzw. geschlechtlicher Identität berücksichtigt werden. Räume müssen auch explizit an die Bedürfnisse von LSBTIQ*-Jugendlichen adressiert und geschützte Räume für sie geschaffen werden.
● Digitale Befähigung: Maßnahmen müssen geplant werden, um den Mädchen digitale Kompetenzen zu vermitteln. Der sichere Umgang mit digitalen Medien ist heute eine Schlüsselqualifikation für gesellschaftliche Teilhabe, Bildung und berufliche Zukunft und muss ein integraler Bestandteil eines modernen Empowerment-Ansatzes sein.
Der gewählte Standort „Falkenried 3“ im Stadtteil Eppendorf bietet durch seine Nähe zu hochqualifizierten medizinischen, therapeutischen und psychosozialen Angeboten erhebliche Chancen. Gleichzeitig birgt die Verortung in einem sozioökonomisch privilegierten und homogenen Umfeld das Risiko einer sozialen Isolation der Bewohnerinnen. Es muss verhindert werden, dass eine Situation entsteht, die die Mädchen von der Lebensrealität vieler anderer Stadtteile entkoppelt und eine nachhaltige Integration in die Gesellschaft erschwert.
Die Bezirksversammlung fordert daher die Vorlage eines konkreten Konzepts zur sozialräumlichen Integration. Dieses muss darlegen, wie eine aktive Anbindung an das Quartier und den gesamten Bezirk sichergestellt wird. Dazu gehören:
● Kooperationen mit lokalen Schulen, Sportvereinen und Kultureinrichtungen.
● Maßnahmen zur Förderung der Mobilität und der selbstständigen Erkundung des städtischen Raums.
● Ein Plan, wie die im Umfeld vorhandenen Facheinrichtungen aktiv in die Betreuungsarbeit eingebunden werden können.
Die sozialräumliche Planung ist ein zentrales Instrument der Hamburger Stadtentwicklung, um soziale Polarisierung zu vermeiden, und muss auch bei diesem Projekt Anwendung finden.
Die Bezirksversammlung Hamburg-Nord begrüßt die Schaffung der Unterkunft ausdrücklich und sieht darin eine wichtige Chance, wenn sie durch ein modernes, traumasensibles und inklusives pädagogisches Konzept sowie eine aktive sozialräumliche Integration zu einem Ort des Empowerments und der Teilhabe für die Mädchen wird.
Dazu fordert die Bezirksversammlung den Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB) zu folgenden Handlungen auf:
Beschluss:
Um Zustimmung wird gebeten.
Für die Volt-Fraktion: Antje Nettelbeck, Jan D. Talleur, Dr. Jörg Bormann
(Bezirksabgeordnete Volt-Fraktion)
Keine
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