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"Reichsbürger" (II) - Nur Karussell im Kopf - Oder doch ernste Gefahr? Kleine Anfrage Nr. 156/2017 von Herrn S. Baumann, CDU-Fraktion

Kleine Anfrage nach § 24 BezVG

Sachverhalt

 

Am Montag der letzten Woche wurde in Bayern ein 50-jähriger Mann, der sich selbst als "Reichsbürger" bezeichnet, wegen Mordes an einem Polizisten und zweifachem Mordversuch sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hatte im Oktober 2016 die Kontrolle seiner 31 Lang- und Kurzwaffen durch das zuständige Landratsamt abgelehnt und bei dem danach angeordneten Polizeieinsatz den Schusswechsel eröffnet und elf Schüsse abgegeben, wovon sieben den 32-jährigen Polizisten tödlich trafen.

 

Der Täter gehört zu einer Gruppe, die die Bundesrepublik Deutschland nur als "GmbH mit Personal", und nicht als legitimen Staat mit Behörden, Gesetzen, Amtsträgern und Parlamenten ansehen. Und ist damit lt. Zahlen des Bundeskriminalamtes einer von mittlerweile 15.000 sogenannten "Reichsbürgern", von denen ca. 800 (teilweise gewaltbereite) Rechtsextremisten sind.

 

Leider hat der traurige Vorfall vor genau einem Jahr erkennbar nicht zu einem Bewusstseinswechsel in der "Reichsbürgerszene" geführt; gegen die von den Landesinnenministerien und Innenbehörden beschlossenen Erlasse, Personen aus der Reichsbürgerszene die waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen, gestaltet sich erheblicher Widerstand aus der Szene. Auch die bekannten regelmäßigen Auftritte von "Reichsbürgern" in Behörden, sind deutlich aggressiver geworden. Versuche, fiktive Forderungen etwa gegen Verwaltungsmitarbeiter über ein maltesisches Inkassounternehmen in Deutschland anzudrohen oder gestellte Ultimaten gegen Verwaltungsangestellte und Bürgermeister, ihren Dienstsitz unverzüglich zu verlassen, zeigen die deutlich gestiegene, auch psychologische Gewalt ihrer Versuche, Menschen zu verunsichern und einzuschüchtern.

 

 

Vor diesem Hintergrund frage ich den Herrn Bezirksamtsleiter:

 

  1. Gab es seit der letzten Kleinen Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema

"Reichsbürger" am 04.11.2016/Drs. 20-3590 weitere Vorfälle im Bezirksamt Hamburg-Nord und den Außenstellen mit "Reichsbürgern"? Wenn ja, bitte mit Datum, Art des Vorfalls und Konsequenz auflisten.

 

Es gab nur einen konkreten Fall vom 06.04.2017, der das Bezirksamt schriftlich über die Behörde für Inneres und Sport erreicht hat, bei dem ein Bürger die Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose beantragte, obwohl er im Besitz eines gültigen Bundespersonalausweises gewesen ist. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Zwei weitere Vorfälle waren eher unkonkreter Natur und erfolgten ohne Preisgabe der Personalien der jeweiligen Bürger. Hier wurde versucht, Mitarbeiter des Kundenzentrums in Grundsatzdiskussionen über die Legitimität staatlicher Stellen zu verwickeln. Die Mitarbeiter sind gehalten, solche Gespräche abzubrechen und die Rückgabe gültiger Ausweisdokumente abzulehnen.

Derartige Vorfälle werden statistisch nicht erfasst.

 

  1. Gemäß Antwort des Herrn Bezirksamtsleiters auf die Frage Nr. 3 der o.g. KA ist

eine "Handlungsanweisung zum Umgang mit Reichsbürgern in Vorbereitung. Ist sie mittlerweile erstellt, was beinhaltet sie im Wesentlichen, und wird im Bezirk Hamburg-Nord danach verfahren (Anmerkung des Fragestellers: In SH besteht bereits eine Broschüre/Handlungsempfehlungen zu diesem Personenkreis.)?

 

Ja, im Februar 2017 hat die Behörde für Inneres und Sport einen Handlungsleitfaden herausgegeben. Folgende Themen sind dort enthalten:

 

  1. Was ist unter Reichsbürgern zu verstehen?
  2. Empfehlungen, wie mit ihnen im Verwaltungskontext umzugehen ist.
  3. In welchen Fällen sind sie dem Verfassungsschutz zu melden?

 

  1. Ist dem Herrn Bezirksamtsleiter bekannt, wie viele Personen aus der

Reichsbürgerszene, die eine waffenrechtliche Erlaubnis besitzen oder besaßen, in Hamburg-Nord wohnen? Wenn ja, wie viele? Wenn nein, warum nicht?

 

Nein, die Zusammenführung der Erkenntnisse zu Reichsbürgern (Zugehörigkeit und waffenrechtliche Erlaubnis) obliegt dem Verfassungsschutz. Das Bezirksamt  hat hierzu keine Information.

 

06.11.2017

 

Anhänge

 

Keine