Martinistraße endlich ausreichend
für Fuß- und Radverkehr gestalten - mit Tempo 30!
Stellungnahme der Polizei Hamburg
Letzte Beratung: 17.02.2020 Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude Ö 7.1
Der Regionalausschuss Eppendorf-Winterhude hat sich in seiner Sitzung am 25.11.2019 mit o.g. Thematik auf der Grundlage eines gemeinsamen Antrages der GRÜNEN-Fraktion und der SPD-Fraktion befasst und mehrheitlich folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:
Planungsziele sollen sein:
a. Barrierefreie Gehwege
b. Steigerung der Attraktivität für den Radverkehr, die 5.000 Radler*innen täglich
gerecht wird
c. Erhalt von Straßenbäumen
d. Verbesserung der Sicherheit für den Fußverkehr
e. Überprüfung des Angebots an Fußgängerquerungsmöglichkeiten, mindestens
Erhalt
30 km/h. Die Bezirksamtsleitung wird gebeten, diese mit Nachdruck bei den zuständigen
Fachbehörden einzufordern.
den Radverkehr.
Begründung:
Das Verkehrsgeschehen in der Martinistraße ist schon seit mehreren Jahren in der politischen
Diskussion. Fußgänger*innen, Autos, Busse wie auch Radler*innen nutzen die Straße intensiv.
Bislang sind die Fußwege jedoch nicht barrierefrei – obwohl die Martinistraße im Bereich des
„Barrierefreien Musterquartiers“ rund um die Frickestraße liegt.
Mit mehr als 5.000 täglichen Radler*innen ist die Martinistraße eine der am meisten von
Fahrradfahrer*innen genutzten Straßen in unserem Bezirk. Bislang gibt es hier jedoch keinerlei
Radverkehrsanlagen, der Radverkehr findet also im Mischverkehr auf der Fahrbahn statt.
Da auf der Martinistraße Tempo 50 zulässig ist, sind Kfz- und Radverkehr mit deutlich
unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs. Dies führt dazu, dass Kfz oftmals langsamere
Radler*innen überholen. Viele Radfahrende fühlen sich dabei unsicher, da der empfohlene
Sicherheitsabstand von 1,50m von vielen Autofahrer*innen unterschritten wird. Etwa 20% der
Radler*innen fahren daher heute ordnungswidrig auf den Gehwegen, wodurch Senior*innen,
Kinder und besonders Menschen mit Behinderungen gefährdet werden.
Im Verlauf der Martinistraße gibt es heute zwei Fußgängerüberwege mit Zebrastreifen, jeweils
im Bereich der Bushaltestellen „Löwenstraße (Facharztklinik)“ und „Eppendorfer Park (UKE)“.
Viele Fußgänger fühlen sich beim Queren trotz dieses Angebotes nicht hinreichend sicher, weil
motorisierte Verkehrsteilnehmer auf der langen gerade Strecke der Martinistraße bisweilen
zügig unterwegs sind und sich so auch schnell den Zebrastreifen näher. Weniger Tempo würde
hier bessere Chancen auf sichere Überquerung bedeuten.
Der Ruf nach Tempo 30 ist inzwischen nicht nur in der Politik, sondern auch auf der Straße zu
vernehmen: Am 2. Oktober 2019 demonstrierten Schüler*innen der Grund- und Stadtteilschule
Eppendorf sowie Kinder der Kita Martinistraße für eine entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzung. Diese wird bislang von der Innenbehörde trotz der neuen bundesweiten Regelung zur erleichterten Einrichtung von Tempo 30 vor Schulen, Kitas und Krankenhäusern mit Verweis auf den Zeitverlust für den Busverkehrs abgelehnt.
Für den Regionalausschuss ist jedoch klar: In der Realität erreicht kaum einer der Busse überhaupt das mögliche Tempo, da er entweder Radfahrer*innen begegnet, oder sich in der An- oder Abfahrt auf eine bzw. von einer Haltestelle befindet. Die Sicherheit von Sehbehinderten
auf den Gehwegen wie auch von radelnden Kindern und Erwachsenen auf der Fahrbahn sind
ebenso wichtige Ziele wie die Schnelligkeit des ÖPNVs. Daher fordert die Bezirksversammlung
Hamburg-Nord: Tempo 30 für die Martinistraße!
Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.
Im Einvernehmen mit dem örtlich zuständigen Polizeikommissariat (PK) 23 nimmt die Verkehrsdirektion wie folgt Stellung:
Die Martinistraße ist eine Vorfahrtsstraße, die einstreifig je Fahrtrichtung den Lokstedter Steindamm mit der Tarpenbekstraße verbindet. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 50km/h. Die Martinistraße ist auf das zügige Vorankommen im Straßennetz ausgelegt und dient der Abwicklung sowie Bündelung des Verkehrs. Sie nimmt zu Hauptverkehrszeiten große
Verkehrsmengen der An- und Abfahrten für die Universitätsklinik Eppendorf auf. Eine VSG-Messung von November 2018 in der Martinistraße gegenüber Nr. 72 ergab einen DtVw Wert von ca. 9500 Fahrzeugen pro Tag. In der Spitzenstunde (08:00 Uhr bis 09:00 Uhr) wurden 960 Fahrzeuge gemessen. Die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit liegt tagsüber bei 30 bis 40 km/h. Ferner ist die Martinistraße Anfahrtstrecke für eine Vielzahl von Hamburger Rettungsfahrzeugen zum Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf und für Rettungskräfte des Hamburger Umlandes.
Gemäß § 45 Absatz 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Diese
besonderen Umstände liegen in der Martinistraße nicht vor. Sowohl die Unfalllage als auch das Geschwindigkeitsniveau sind unauffällig. Hinweise auf mögliche Sicherheitsdefizite, die
verkehrsbeschränkende Maßnahmen notwendig machen würden, liegen nicht vor.
Weiter erfolgt die Einführung von Tempo 30 Strecken im unmittelbaren Bereich von sozialen Einrichtungen gemäß der Hamburger Richtlinie zur Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrs-einrichtungen (HRVV) vom 30.04.2018. Dort ist festgelegt worden, wann streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden dürfen bzw. sie ausgeschlossen sind. Punkt 4 der Richtlinie führt dazu aus:
Der Anordnung von Tempo 30-Strecken auf Straßen mit Buslinien des ÖPNV steht grundsätzlich nichts entgegen. Belange des ÖPNV sind im Rahmen der Gesamtabwägung aber zu berücksichtigen, wenn eine Busdichte von mindestens sechs Fahrten innerhalb einer Stunde in einer Fahrtrichtung in der Hauptverkehrszeit (7 – 8 Uhr) vorliegt. Dies kann sowohl durch eine einzelne Bus-linie bedingt sein, aber auch durch die Summe mehrerer Buslinien. In diesem Fall wird wegen der negativen Auswirkungen zum
- Erhalt der Attraktivität und Fördeerung des ÖPNV,
- -betriebliche Nachteile durch erhöhte Kosten bei Einsatz zusätzlicher notwendiger Fahrzeuge,
- Gewährleistung zum Erreichen der Anschlüsse,
auf die Anordnung einer Tempo 30-Strecke grundsätzlich verzichtet. Damit wird auch der VwV-StVO zu den §§ 39 bis 43 „Allgemeines über Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen“ Ab-schnitt I Ziffer 2 entsprochen, wonach der Förderung der öffentlichen Verkehrsmittel besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist (Randnummer 5). Sofern im Einzelfall aufgrund örtlicher Gege-benheiten trotz o. a. vorliegender Indikatoren keine Beeinträchtigung einer Buslinie zu erwarten ist, kann in Ausnahmefällen eine Tempo 30-Strecke angeordnet werden. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Buslinie auf Höhe der Einrichtung abbiegt und die Länge der Tempo 30-Strecke dies berücksichtigt.
In der Martinistraße verlaufen die Metrobuslinien 20 und 25 jeweils im 10 Minuten Takt. Eine dritte Buslinie, ausgehend vom „alten“ Eingang des UKE, dortiger Wendehammer in Höhe Haus-nummer 52, wird zusätzlich Richtung Innenstadt eingerichtet. Die Martinistraße ist Teil des Busbeschleunigungsprogramms (Programm A). Die Busbeschleunigung dient der Fahrplanstabilität sowie der Reisezeitgewinnung. Die Signalisierungen der Lichtsignalanlagen (LSA) sind dem Busbeschleunigungsprogramm angepasst und führen zu weniger Wartezeiten. In den Spitzen-stunden werden nach hiesigen Erkenntnissen 13 Fahrten je Richtung abgewickelt. Die Martinistraße gehört zum Zielnetz-Netz des Hamburg-Takts 2030 des ÖPNV und wird daher von Geschwindigkeitsbeschränkungen freigehalten.
Somit scheiden sowohl die Einrichtung einer Tempo 30-Strecke als auch die Ausgestaltung als eine Tempo 30-Zone für die Martinistraße aus.
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Sina Imhof
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