20-4255

"Leitlinien Bürgerbeteiligung" Fazit und Handlungsempfehlung

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Sachverhalt

 

Hintergrund

Mit den Drucksachen 20-0943 und 20-0985 hat sich die Bezirksversammlung Hamburg-Nord am 12.02.2015 befasst und mit der Drucksache 20-0985 im Hauptausschuss am 24.02.2015 mehrheitlich beschlossen Leitlinien für die Bürgerbeteiligung in Hamburg Nord zu entwickeln.

 

Mit der Drucksache 20-2024 wurde seitens der Verwaltung am 08.10.2015 ein Verfahrensvorschlag gemacht. Beigelegt war eine tabellarische Übersicht über erfolgte und laufende bezirkliche Bürgerbeteiligungsverfahren. Daraus werden das vielfältige jeweils zugeschnittene Spektrum bereits bestehender Beteiligungsverfahren und deren Instrumente und Inhalte deutlich. Im Bezirk Hamburg-Nord sind bereits eine Vielzahl an Projekten und Vorhaben durch teils intensive Bürgerbeteiligungsverfahren begleitet worden. Eine Projektauswahl der Fachämter Management des öffentlichen Raums, Sozialraummanagement sowie Stadt- und Landschaftsplanung wurde dargestellt. Hieraus ist ersichtlich, dass die Bürgerbeteiligung im Bezirk Hamburg-Nord bereits unabhängig von gesetzlichen Erfordernissen und weit darüber hinaus durchgeführt wird.

 

Je nach Ausgangslage, Planungsvorhaben und Adressatenkreis wurde die geeignete Form der Beteiligung ausgewählt. Insbesondere Art und Umfang der Gestaltungsspielräume entscheiden dann darüber, ob Verfahren tatsächlich partizipativ ablaufen, sich alle Beteiligten einbringen können und die Planung vor Ort befürwortet wird. Wenn gewollt, sollte die Beteiligung zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem die wesentlichen Entscheidungen noch nicht getroffen sind. Eine offene Kommunikation und gut aufbereitete Informationen über das Vorhaben und die Entscheidungsspielräume - verständlich formuliert für alle Beteiligten - sind als gemeinsame Wissensbasis von essentieller Bedeutung. Auch das Beteiligungsverfahren selbst muss offen für Veränderungen im Ablauf und im Ergebnis sein.

Mit der Drucksache 20-2077 hat der Hauptausschuss am 03.11.2015 beschlossen, dass die Verwaltung mit der Federführung des Verfahrens beauftragt wird. Nach außen hin sollten der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses und sein Stellvertreter die Arbeitsgruppe vertreten. Eine Arbeitsgruppe des Stadtentwicklungsausschusses hat daraufhin am 17.11.2015 mit Vertretern des Bezirksamtes Hamburg-Nord sowie einer Vertreterin der Stadtwerkstatt den status quo von Bürgerbeteiligung im Bezirk Hamburg-Nord sowie die möglichen Ziele und Aufgaben von Leitlinien zur Bürgerbeteiligung in Hamburg-Nord intensiv erörtert. Ein Folgetermin hat nicht stattgefunden.

 

 

Inhalte

Als Ergebnis der intensiven Diskussion konnte festgestellt werden, dass informelle Beteiligung (bereits jetzt) eine große Bedeutung für den Planungsalltag in Hamburg-Nord hat. Wie die Projektübersicht (Zusammenstellung der Fachämter) zeigt, beginnt Beteiligung in der Regel frühzeitig und weit vor den formellen Beteiligungsschritten. Es wird deutlich, dass es schwierig ist, die Vielzahl an verschiedenen Themen und Planungsebenen unter ein Beteiligungsschema zu bringen bzw. einem Leitfaden zu folgen. Zu unterschiedlich sind die Ausgangssituationen und Ziele.

 

Beteiligung ist sehr themenabhängig. Mitbestimmungsbedürfnisse und die Kritik an den praktizierten Verfahren der Bürgerbeteiligung kristallisieren sich meist an einigen wenigen Projekten, zuletzt insbesondere bei der Busoptimierung, Straßenplanungen allgemein oder aber bei Projekten der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Auch die nichtöffentliche Information über Bauvorhaben im UA Bau wird vereinzelt kritisch gesehen. Hierbei zeigt sich, dass das Bezirksamt selten der maßgebliche Akteur ist, sondern Planungen von anderen Behörden oder privaten Bauherren in unserem Bezirk initiiert werden und auf Basis rechtsgültiger Bebauungspläne oder bundesgesetzlicher Rechtsgrundlagen beschieden werden.

 

Komplexe Planungs- und Projektentscheidungen bedürfen einer sorgfältigen fachlichen Abwägung. Wenn erste Klärungsgespräche zu großmaßstäblicheren Projekten stattgefunden haben, ist die Politik und Öffentlichkeit im darauffolgenden Schritt zur Klärung der Art der Beteiligung und Ausgestaltung des Projektes einzubinden. Neue Projekte müssen zwischen Politik, Zivilgesellschaft, Investoren und Verwaltung immer wieder neu verhandelt werden. Dabei muss der Grundsatz der Fachlichkeit weiterhin Bestand haben und bedacht werden, dass nicht alle Themen und planerischen Inhalte einer öffentlichen Diskussion zugänglich sind, insbesondere die privater Bauvorhaben. Überlegt wurde daher eine Art Beteiligungsbaukasten, aus dem je nach Projektsituation einzelne Bausteine entnommen und angewendet werden können. Jedes Projekt hat eigene Rahmenbedingungen, Ziele, Akteure und erzeugt eigene Betroffenheiten. Fachlich ist es fragwürdig, ob und wie bezirkliche Leitlinien hierbei helfen würden.

 

Es existiert zu diesem Thema eine umfangreiche Darstellung der damaligen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. In dieser Broschüre wurden die Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Instrumente von Bürgerbeteiligung zusammengefasst und veröffentlicht (http://www.hamburg.de/contentblob/4126596/data/broschuere-buergerbeteiligung.pdf)

Diese Dokumentation bietet einen guten Überblick über die formellen und informellen Beteiligungsspielräume sowie über Strategien, Methoden und Instrumente. Sie fasst den aktuellen Stand des fachlichen Diskurses und des Machbaren in Hamburg gut zusammen. Schlussendlich bleibt aber auch hierbei die Erkenntnis, dass der Politik durch Bürgerbeteiligung nicht die Entscheidung oder Verantwortung abgenommen wird. Vielmehr wird die Entscheidung auf eine breitere Wissens- und Ideenbasis gestellt. Insofern kann der Bezirk Hamburg-Nord auch auf bestehende und gesamtstädtisch bewährte Konzepte zurückgreifen und muss „das Rad nicht neu erfinden“. Eine Insellösung nur für Hamburg-Nord wäre im Rahmen dieser gesamtstädtisch relevanten Thematik weder erforderlich noch förderlich.

 

In den bisherigen Ausschussvorlagen wurde auf vergleichbare Beispiele anderer Kommunen verwiesen. Nach näherer Betrachtung der verfassten Leitlinien und Grundsätze zur Beteiligungskultur lässt sich feststellen, dass auch in anderen Städten und Gemeinden das Thema Bürgerbeteiligung sehr bedeutsam ist und intensiv diskutiert und publiziert wird. Allerdings sind die Ergebnisse recht allgemein gehalten und spiegeln vieles wider, was in Hamburg-Nord bereits seit Jahren praktiziert wird, z.B. frühzeitige und verständliche Information, Verfahrenstransparenz, faire und offene Diskussionen, Definition von Gestaltungsspielräumen und Verbindlichkeit der Ergebnisse.

 

 

Handlungsmöglichkeiten

In der StekA-AG konnte nicht definiert werden, was konkrete und umsetzbare Ziele von öffentlich entwickelten Leitlinien sein sollen bzw. wie sie Bürgerbeteiligung verbessern können. Die Diskussion hat auch gezeigt, dass nicht klar ist, ob die Umsetzung der gemeinsamen Verabredungen mit den bestehenden Ressourcen in Politik und Verwaltung überhaupt leistbar wäre. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, auf ein öffentliches Verfahren zur Erstellung von „Leitlinien für eine bessere Bürgerbeteiligung“ zu verzichten.

 

Das Thema sollte grundsätzlich weiterverfolgt werden.

 

Aus Sicht der Verwaltung kommen folgende Möglichkeiten in Betracht:

 

  1. Regelmäßiger Austausch zwischen Verwaltung und Politik:

Die bis dato eingesetzte StekA-AG könnte eine Plattform zur regelmäßigen Diskussion über Öffentlichkeitsbeteiligung werden. Denkbar wäre, dass sich dieses Gremium als „Beteiligungs-AG“ etabliert und sich beispielsweise ein Mal im Jahr trifft, um sich mit aktuellen Beteiligungsthemen zu beschäftigen. Es könnte zudem ein Austausch zu abgeschlossenen, aktuellen sowie zukünftig angedachten Beteiligungsprojekten stattfinden. Der Teilnehmerkreis könnte die bisherigen Mitglieder der StekA-AG umfassen sowie Vertreter der beteiligungsaffinen Fachämter.

 

  1. Einbindung der „Stadtwerkstatt“:

Das Referat Stadtwerkstatt und Partizipationsverfahren der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen koordiniert gesamtstädtisch relevante und übergeordnete Beteiligungsverfahren. Zudem werden grundsätzliche Themen der Öffentlichkeitsbeteiligung bearbeitet.  Es wäre sinnvoll, die Stadtwerkstatt in die Beteiligungs-AG einzubinden. Darüber hinaus sollte sich die Stadtwerkstatt in der Bezirkspolitik vorstellen und die gesamtstädtischen Betrachtungen von Bürgerbeteiligung in Hamburg vorstellen. Hierbei wären nicht nur Beispiele des Senats oder aus anderen Bezirken interessant, sondern auch das neue Online-Beteiligungswerkzeug, welches zusammen mit dem Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung erstellt wurde.

 

  1. Zielgruppendefinition:

Damit Beteiligung gut funktioniert und Planverfahren inhaltlich befördert werden, muss  vorab klar sein, wer an der Planung interessiert sein könnte bzw. bei wem positive oder negative Betroffenheiten ausgelöst werden.

Die Beteiligung bei Spielplatzplanungen ist quasi ein Idealbeispiel, da die Konzepte mit den zukünftigen Nutzern besprochen bzw. konkretisiert werden können, und die Anlage oder Erneuerung eines Spielplatzes grundsätzlich positiv besetzt ist. Hingegen ist bei Wohnungsbauprojekten die Einbindung potenzieller Bewohner meist nicht möglich. Hier erfolgt vielmehr die Erörterung mit den ansässigen Nachbarn.

Gleichwohl erscheint es wichtig, für zukünftige Beteiligungsprojekte eine präzisere Zielgruppendefinition vorzunehmen, einerseits um die Repräsentativität zu erhöhen und andererseits um neben Betroffenen auch Gruppen zu aktivieren, die Projekte konstruktiv begleiten können.

 

  1. Information der jeweiligen Fachausschüsse:

Über anstehende (Beteiligungs-)Projekte wird – wie bisher auch – in den jeweiligen Fachausschüssen informiert. Erforderliche oder gewünschte Öffentlichkeitsbeteiligung wird durch die Politik beschlossen. Die jeweiligen Beschlüsse werden dokumentiert.

 

 

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

 

 

Harald Rösler

 

Anhänge

Beteiligungsprojekte von SL, MR und SR (Stand: 14.Februar 2017)

Bürgerbeteiligung im Bereich Stadtgrün (Stand: 21.Februar 2017)