Klimarelevante Aspekte im Bestandplanungsrecht ermöglichen - Altona wird "Klimaschutzgebiet" Mitteilungsdrucksache zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 30.01.2020
Letzte Beratung: 27.08.2020 Bezirksversammlung Ö 14.12
Die Bezirksversammlung Altona hat in ihrer Sitzung vom 30.01.2020 anliegende Drucksache 21-0590 beschlossen.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) hat mit Schreiben vom 24.03.2020 Folgendes mitgeteilt:
Das Bezirksamt Altona ist für die Beantwortung der Drucksache 21-0590 zuständig.
Das Bezirksamt Altona hat mit Schreiben vom 09.06.2020 wie folgt Stellung genommen:
Zu 1:
Der Bezirk Altona strebt eine bestmögliche Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in allen Bereichen des Planens und Bauens an. Die Bezirksversammlung Altona hat am 28.02.2019 das Integrierte Klimaschutzkonzept Altona (IKK) beschlossen. Damit verfolgt das Bezirksamt das Ziel, bei jeder Baumaßnahme im Bezirk solange und soweit die Handhabe besteht (z.B. bei Befreiungen vom Planrecht) Maßnahmen des Altonaer Stadtklima-Standards zu berücksichtigen. Hierzu wurde im integrierten Klimaschutzkonzept Altona (IKK) der Altonaer Stadtklima-Standard mit den klimarelevanten Anforderungen definiert, die im Rahmen der laufenden Planungsvorhaben anzuwenden sind. Soweit möglich werden Klimaschutzaspekte bereits in Bebauungsplänen erörtert, verankert und falls vorhanden in städtebaulichen Verträgen gesichert.
Generell ist anzumerken, dass das Instrument des Bebauungsplanes (Maßnahme 8b im IKK) zwar einige Möglichkeiten der rechtlichen Verankerung von Klimaaspekten bietet, aber viele Maßnahmen erst durch das Zusammenwirken mit anderen Regelungen (wie städtebaulichen Verträgen) verbindlich gemacht werden können. Insofern ist die Steuerungswirkung des Planungsrechtes für Klimaschutzaspekte nur zum Teil gegeben (Beispielsweise können energetische Gebäudeeigenschaften oder die Verwendung von Baustoffen nicht über Festsetzungen im Bebauungsplan geregelt werden). Weiterhin ist zu beachten, dass Anforderungen an klimarelevante Aspekte insbesondere im technischen Bereich einer dynamischen Entwicklung unterliegen, die in Bebauungsplänen aufgrund der langen Verfahrenszeiten nur bedingt nachvollzogen werden können. Aufgrund des zeitlichen und finanziellen Aufwandes stellt sich bei Änderungen des Planrechts, so auch bei Textplanänderungen bei bestehenden Bebauungsplänen, schnell die Frage der Verhältnismäßigkeit.
Vor diesem Hintergrund haben gesetzliche Regelungen, wie das am 20. Februar 2020 erlassene Hamburgische Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) sowie die Anforderungen aus der ersten Fortschreibung des Hamburger Klimaplans 2019 (insbesondere 3.1 „klimagerechte Stadtentwicklung“ sowie 3.2 „Stadt als Vorbild“) einen großen Vorteil gegenüber dem langlebigen, ortsbezogenen und dem Abwägungsgebot unterliegenden Planungsrecht. Vor diesem Hintergrund sind die nachfolgenden Antworten zum Planungsinstrument Textplanänderungen einzuordnen.
1.a:
Grundsätzlich sind Festsetzungen über Textplanänderungen im Einzelplanverfahren möglich. Hierfür ist eine eindeutige Definition der Planungsziele (hier „klimarelevante Aspekte“) notwendig. Hierzu ist folgendes zu erläutern:
Ein Bebauungsplanverfahren unterliegt dem Grundsatz der Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB), ein Bebauungsplan kann nur aufgestellt werden, sobald und soweit es für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist. Entsprechend ist ein Planungsanlass zu formulieren und darzulegen, dass die Ziele der Planung mit dem Bebauungsplan erreicht werden können. Es besteht die Notwendigkeit „klimarelevante Aspekte“ zu definieren und die Wirksamkeit innerhalb der jeweiligen Gebietskulisse zu überprüfen. Das Planungsziel sowie geeignete Festsetzungen müssten entsprechend vor dem Planverfahren konzeptionell erörtert werden. Die planerische Willensbildung nach § 1 Abs. 7 BauGB hat durch eine gerechte Abwägung der von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange zu erfolgen. Die Abwägung zwischen klimaschutzpolitischem Willen und den betroffenen Eigentumsrechten in den jeweiligen Plangebieten ist im Rahmen eines Konzeptes zur baurechtlichen Verankerung von Klimaschutzaspekten gutachterlich vorzubereiten. Dies ist insbesondere zur Sicherstellung der Rechtssicherheit der Planungen bedeutend. Eine rechtliche Angreifbarkeit der Planungen kann ggf. zu einer Unwirksamkeit der Festsetzungen führen und in der Folge mit weitreichenden Negativwirkungen für die Akzeptanz der Planung „klimarelevanter Aspekte“ in der Öffentlichkeit verbunden sein.
Derzeit betreibt das Bezirksamt mehrere Textplanänderungen bestehender Bebauungspläne zum Ausschluss von Spielhallen und/oder Wettbüros, die auf der Grundlage des Altonaer Vergnügungsstättenkonzeptes erfolgt. Zu Bedenken ist, dass die Erstellung eines Gutachtens / Konzeptes zur baurechtlichen Verankerung von Klimaschutzaspekten sowie die Durchführung von Bebauungsplanverfahren erhebliche Planungsmittel und Personalressourcen binden.
Zu 1.b:
Grundsätzlich ist es möglich, planübergreifend für bestehende Bebauungspläne mittels Textplanänderung, Planrechtänderungen für größere Areale (bis ganze Quartiere) zu erlassen. Das Bezirksamt hat beispielsweise über den Bebauungsplan Sternschanze 6, die Nutzung „Schank- und Speisewirtschaften“ planübergreifend eingeschränkt.
Aufgrund des zeitlichen und personellen Aufwandes stellt sich bei derartigen Verfahren jedoch die Frage der Verhältnismäßigkeit, denn im Rahmen einer Textplanänderung können Festsetzungen nicht losgelöst von der bestehenden planerischen Ausweisung erfolgen, d.h. dass bestehende Konflikte (z.B. Nutzungskonflikte, neue umweltrelevante Informationen über u.a. Altlasten, Lärm) in die Abwägung einbezogen werden müssen. Das heißt auch weitere Aspekte müssten ggf. in die Planung mit aufgenommen werden. Die planerische Bewältigung eines offensichtlichen Konfliktes ist geboten, um einen rechtssicheren Plan zu schaffen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Erörterung und Abwägung über Plangrenzen hinweg die Abwägung weiterer, noch unbestimmter Themenfelder impliziert und damit die Planverfahren „aufgeblasen“ werden.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Bezirksamt Altona derzeit mehrere Textplanänderungen insbesondere im Bereich Ottensen und Altona-Altstadt zum Ausschluss von Spielhallen und Wettbüros bearbeitet. Diese Änderungsverfahren können aufgrund des fortgeschrittenen Verfahrensstandes nicht mit klimarelevanten Aspekten angereichert werden. Erst nach Abschluss der Bebauungsplan-Änderungsverfahren könnte ein erneutes Änderungsverfahren eingeleitet werden.
Vor dem Hintergrund der unter a) genannten Rahmenbedingungen und der unter b) dargelegten Unsicherheiten über den Umfang und der Dauer der Planverfahren sind Textplanänderungen zur Festsetzung von klimarelevanten Aspekte in älteren B-Plänen nachträglich möglich. SL sieht vor dem genannten Hintergrund derzeit weder die Verhältnismäßigkeit noch die Zweckmäßigkeit von Planrechtsänderungen als gegeben an.
Zu 1.c:
Die Fachbehörde könnte Textplanänderungen in Sammelverfahren anstoßen. Auch für die BSW gelten die unter a und b genannten Rahmenbedingungen.
Zu 2:
Eine weitergehende verpflichtende Einbindung von klimarelevanten Aspekten bei vorhandenem Planrecht erfolgt über das Hamburgische Gesetz zum Schutz des Klimas (HmbKliSchG). Eine Rechtverordnung zur Umsetzung der Ziele des HmbKliSchG ist durch die Behörde für Umwelt und Energie für Ende 2020 angekündigt.
Darüber hinausgehende rechtliche Einflussmöglichkeiten werden zum Beispiel in Anpassungen der Hamburgischen Bauordnung (HBauO) oder über zukünftige Novellierungen des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes gesehen. Durch die Änderung dieser gesetzlichen Vorgaben können Ansprüche an den Klimaschutz flächendeckend wirksam und im Baugenehmigungsverfahren verbindlich berücksichtigt werden.
Die Erkennung von Orten anhand des Textes der Drucksache kann ungenau sein. Es ist daher möglich, das Orte gar nicht oder falsch erkannt werden.