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Jarrestadt - Förderantrag für das Bundesprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus"

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Sachverhalt

Mit dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ sollen investive und konzeptionelle Projekte mit besonderer Wahrnehmbarkeit, mit sehr hoher fachlicher Qualität, mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder mit hohem Innovationspotenzial gefördert werden. Bereitgestellt werden bundesweit 140 Mio. Euro, die im Haushaltsjahr 2019 bewilligt und in fünf Jahrestranchen zwischen 2019 und 2023 kassenmäßig zur Verfügung gestellt werden. Der Aufruf erfolgt durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

 

Die Jarrestadt ist städtebaulich und architektonisch die bedeutendste norddeutsche Wohnsiedlung im Stil der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre. Sie wurde als Ergebnis eines Wettbewerbs von zehn namhaften Hamburger Architekten in einer Arbeitsgemeinschaft unter der Leitung des damaligen Oberbaudirektors Fritz Schumacher entwickelt. Es entstanden große Baublöcke und Zeilenbauten sowie großzügige Frei- und Grünräume für die Bewohnerschaft. Dem Credo „Licht, Luft und Sonne“ folgend, sollten in der Jarrestadt gesunde Wohnverhältnisse bei gleichzeitiger baulicher Dichte geschaffen werden. Die Architekten entwickelten neuartige Gebäudetypen und Grundrisse, es kamen innovative Bautechniken und -materialien zum Einsatz und die Ausstattung der Wohnungen war hochmodern und der Zeit voraus. Der rote Backstein bildete dabei eine Brücke zu Tradition und Heimat.

 

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Jarrestadt stark zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte behutsam in Anlehnung an das Original. Seit 1989 besteht eine städtebauliche Erhaltungsverordnung, zahlreiche Gebäude und der zentrale Grünzug stehen unter Denkmalschutz. Seit der Jahrtausendwende wird die Jarrestadt durch Sanierungsmaßnahmen zunehmend überformt. Um die Jarrestadt in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild zu bewahren, bedarf es neben der Herausarbeitung ihrer Besonderheiten einer konkreten Handlungsstrategie für den künftigen Umgang mit der historischen Bausubstanz und zur Wiederherstellung der Freiraumqualitäten.

 

Das Bezirksamt möchte gemeinsam mit dem Denkmalschutzamt einen Antrag auf Förderung durch das Bundesprogramm stellen – folgende Maßnahmen sind dabei vorgesehen:

 

1)Erarbeitung einer städtebaulichen Entwicklungsstrategie mit Denkmalpflegeplan: Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Gebäudebestände hinsichtlich ihres Zustandes, dem Anteil an Originalsubstanz, dem Grad der Überformung und ihrer Denkmalwürdigkeit gerichtet. Der Denkmalpflegeplan ermöglicht eine intensive, gebäudescharfe Erfassung und Aufbereitung der Denkmalwerte von Strukturen und Gebäuden. Darauf aufbauend werden bautechnische Lösungen erarbeitet, die den Erhalt des Stadtbildes langfristig ermöglichen und gleichzeitig den Wohnkomfort und die Energiebilanz der Gebäude nachhaltig verbessern. Die bereits energetisch ertüchtigten Gebäude sind anhand eines Monitorings auf die Verträglichkeit und Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen zu untersuchen.

2)Öffentlichkeitsbeteiligung: Um die Gebäudeeigentümer, Bewohner, Nutzer und weitere Interessierte einzubeziehen, ist eine intensive Öffentlichkeitsarbeit geplant. Vorgesehen sind niedrigschwellige Formate sowie Arbeits- und Diskussionsrunden für Fachleute. Herzstück ist ein Infoladen vor Ort in einem gut sichtbaren Ladenlokal, der auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Hier wird es die Gelegenheit zum Austausch geben, außerdem erläutern regelmäßige Führungen das Quartier. Eine Webseite und Informationsmaterial informieren von Beginn an über das Projekt. Endprodukt ist eine Publikation inklusive Handlungsempfehlungen, die bundesweit Hilfestellung im Umgang mit Backsteinarchitektur leistet.

3)Wiederherstellung des Grünzuges: Bei der Weiterentwicklung des Grünzuges sind Qualitäten der Frei- und Grünraumplanung von Otto Linne aufzugreifen und unter Berücksichtigung aktueller Bedürfnisse und Nutzungen neu zu interpretieren. Eine Neugestaltung dieser prägenden, rund 500 Meter langen Grünverbindung wertet das gesamte Quartier auf und erhöht in hohem Maße die Aufenthalts- und Wohnqualität.

 

Weiteres Vorgehen

Nach Kenntnisnahme des Stadtentwicklungsausschusses und der Beschlussfassung durch die Bezirksversammlung wird der Förderantrag bis zum 30. November 2018 beim zuständigen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung eingereicht. Nach Stellungnahme durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen im Januar 2019 entscheidet eine unabhängige Jury im ersten Halbjahr 2019 über die Mittelvergabe.

 

Petitum/Beschluss

Der Stadtentwicklungsausschuss wird gebeten,

 

1.die Bewerbung der Jarrestadt für das Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ zur Kenntnis zu nehmen und der Bezirksversammlung den Beschluss zu empfehlen

 

2.Zustimmungsempfehlung an die Bezirksversammlung zu einer finanziellen Beteiligung an der Erarbeitung einer städtebaulichen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsstrategie und deren Umsetzung über den Förderzeitraum von 2019 bis 2023 von jährlich bis zu 10.000 €.

 

 

Yvonne Nische

 

Anhänge

Plan Jarrestadt

Plakat