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Jarrestadt - Förderantrag für das Bundesprogramm "Nationale Projekte des Städtebaus"

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Letzte Beratung: 28.11.2019 Stadtentwicklungsausschuss Ö 6.1

Sachverhalt

 

Hintergrund

Mit dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ sollen investive und konzeptionelle Projekte mit besonderer Wahrnehmbarkeit, mit sehr hoher fachlicher Qualität, mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder mit hohem Innovationspotenzial gefördert werden. Bereitgestellt werden bundesweit Haushaltsmittel, die im Haushaltsjahr 2020 bewilligt und in fünf Jahrestranchen zwischen 2020 und 2024 kassenmäßig zur Verfügung gestellt werden. Der Aufruf erfolgt durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Die Jarrestadt ist städtebaulich und architektonisch die bedeutendste norddeutsche Wohnsiedlung im Stil der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre. Sie wurde als Ergebnis eines Wettbewerbs von zehn namhaften Hamburger Architekten in einer Arbeitsgemeinschaft unter der Leitung des damaligen Oberbaudirektors Fritz Schumacher entwickelt. Es entstanden große Baublöcke und Zeilenbauten sowie großzügige Frei- und Grünräume für die Bewohnerschaft. Dem Credo „Licht, Luft und Sonne“ folgend, sollten in der Jarrestadt gesunde Wohnverhältnisse bei gleichzeitiger baulicher Dichte geschaffen werden. Die Architekten entwickelten neuartige Gebäudetypen und Grundrisse, es kamen innovative Bautechniken und -materialien zum Einsatz und die Ausstattung der Wohnungen war hochmodern und der Zeit voraus. Der rote Backstein bildete dabei eine Brücke zu Tradition und Heimat, gleichzeitig wurden Städtebau und Architektur weiterentwickelt.

 

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Jarrestadt stark zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte behutsam in  Anlehnung an das Original. Seit 1989 besteht eine städtebauliche Erhaltungsverordnung, zahlreiche Gebäude und der zentrale Grünzug stehen unter Denkmalschutz. Seit der Jahrtausendwende wird die Jarrestadt durch Sanierungsmaßnahmen zunehmend überformt. Um die Jarrestadt in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild zu bewahren, bedarf es neben der Herausarbeitung ihrer Besonderheiten einer konkreten Handlungsstrategie für den künftigen Umgang mit der historischen Bausubstanz und zur Wiederherstellung der Freiraumqualitäten.

Das Bezirksamt möchte gemeinsam mit dem Denkmalschutzamt, der Behörde für Umwelt und Energie sowie dem Fachamt MR/ Stadtgrün im dritten Anlauf einen Antrag auf Förderung durch das Bundesprogramm stellen – folgende Maßnahmen sind vorgesehen:

 

1)      Erarbeitung einer städtebaulichen Erhaltungs- und Entwicklungsstrategie: Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Gebäudebestände hinsichtlich ihres Zustandes, dem Anteil an Originalsubstanz, dem Grad der Überformung und ihrer Denkmalwürdigkeit gerichtet. Dies ermöglicht eine intensive, gebäudescharfe Erfassung und Aufbereitung der Denkmalwerte von Strukturen und Gebäuden sowie eine Schadenskartierung. Darauf aufbauend werden bautechnische und gestalterische, praxistaugliche Lösungen und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die den Erhalt des Stadtbildes langfristig ermöglichen und den Wohnkomfort der Gebäude nachhaltig verbessern. Die bereits ertüchtigten Gebäude sind anhand eines Monitorings auf die Verträglichkeit und Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen zu untersuchen.

 

2)      Beteiligungsprozess und Wertevermittlung: Um die Gebäudeeigentümer, Bewohner, Nutzer und weitere Interessierte einzubeziehen, sind innovative Kommunikations- und Partizipationsformate geplant. Vorgesehen sind sich ergänzende, niedrigschwellige Formate sowie Bauforen für Fachleute. Herzstück ist ein Infoladen vor Ort in einem gut sichtbaren Ladenlokal, der auch für Veranstaltungen genutzt werden kann. Hier gibt es Gelegenheit zum Austausch und zur Einsicht in historische Fundstücke. Regelmäßige Führungen erläutern das Quartier. Werbeträger zur Jarrestadt stärken das Identitäts- und Zusammengehörigkeitsgefühl. Eine Webseite und Informationsmaterial informieren von Beginn an über das Projekt. Endprodukt ist eine Veröffentlichung inklusive Handlungsempfehlungen, die die Besonderheiten der Jarrestadt vermittelt und mittels anschaulich aufbereiteter Ergebnisse bundesweit und international Hilfestellung im Umgang mit Backsteinarchitektur leistet.

 

3)      Wiederherstellung des Grünzuges: Bei der denkmalgerechten Wiederherstellung des Grünzuges sind Qualitäten der Frei- und Grünraumplanung von Otto Linne aufzugreifen und unter Berücksichtigung aktueller Nutzungen herauszuarbeiten und neu zu interpretieren. Eine Überarbeitung dieser prägenden, rund 500 Meter langen Grünverbindung gemäß dem historischen Vorbild wertet das gesamte Quartier auf und erhöht in hohem Maße die Aufenthalts- und Wohnqualität. Die Maßnahme entfaltet somit eine Signalwirkung. Da die Flächen in städtischem Eigentum sind, eignet sich der Grünzug besonders gut als initiale Maßnahme. Die Wiederherstellung kann kurzfristig in Abstimmung mit den zuständigen Fachbehörden sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen.

 

 

Weiteres Vorgehen

Nach Kenntnisnahme des Stadtentwicklungsausschusses und der Beschlussfassung durch die Bezirksversammlung wird der Förderantrag bis zum 21. Januar 2020 beim zuständigen Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung eingereicht. Nach Stellungnahme durch die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen im Februar 2020 entscheidet eine unabhängige Jury im April 2020 über die Mittelvergabe.

 

Petitum/Beschluss

 

Der Stadtentwicklungsausschuss wird gebeten,

  1. die Bewerbung der Jarrestadt für das Förderprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ zur Kenntnis zu nehmen und der Bezirksversammlung den Beschluss zu empfehlen
  2. der Bezirksversammlung die Zustimmung zu einer finanziellen Beteiligung an der Erarbeitung einer städtebaulichen Erhaltungs- und Entwicklungsstrategie sowie deren Umsetzung über den Förderzeitraum von 2020 bis 2024 von jährlich bis zu 10.000 € zu empfehlen.

 

 

Hinweis:

Weitere 10.000 Euro jährlich (für den Förderzeitraum 2020 bis 2024), sollen über den Quartiersfonds eingeplant werden. Sollten diese nicht zum Einsatz kommen, müsste die Bezirksversammlung ihren Anteil auf 20.000 Euro jährlich aufstocken, um den notwendigen Eigenanteil zu sichern.

 

 

 

 

Ralf Staack

 

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