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„Grünpatenschaft für alle – Gemeinsam Hamburg-Nord begrünen“ Gemeinsamer Antrag von GRÜNE-, DIE LINKE- und Volt-Fraktion

gemeinsamer Antrag

Sachverhalt

Vor dem Hintergrund ökologischer Herausforderungen und dem gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Teilhabe an der Gestaltung des unmittelbaren Lebensumfeldes sind neue, niedrigschwellige und gemeinschaftsorientierte Ansätze gefragt. Das Modell des Microflowering, wie es unter anderem in Montpellier mit großem Erfolg eingeführt wurde, bietet genau dies: Die aktive Mitwirkung der Bürger:innen an der Begrünung kleiner städtischer Flächen seies im öffentlichen Raum oder an Fassaden, Baumscheiben oder Balkonen. Für privat gepflegte Flächen im öffentlichen Raum gibt es in Hamburg seit Langem das Modell der „Grünpatenschaften”. Microflowering greift dieses Prinzip auf, erweitert es jedoch in Reichweite und Zielgruppe: Während sich Grünpatenschaften auf öffentliche Flächen konzentrieren, meint Microflowering darüber hinaus auch die Gestaltung angrenzender privater oder halböffentlicher Randflächen, beispielsweise an Fassaden, und legt dabei einen besonderen Fokus auf Teilhabe, niedrigschwellige Förderung und kreative Gestaltung durch Bürger:innen.

Dabei entstehen nicht nur ökologische Trittsteinbiotope für Insekten und andere Arten, sondern auch Orte der Begegnung, die den sozialen Zusammenhalt im Quartier stärken. Diese Form der Mikrobegrünung trägt somit gleichermaßen zur ökologischen wie zur sozialen Nachhaltigkeit bei. Sie erlaubt es Bürger:innen, ihrUmfeld eigeninitiativ mitzugestalten und gleichzeitig einen Beitrag zur städtischen Biodiversität und zum Mikroklima zu leisten ganz im Sinne einer lebendigen, generationsgerechten, klimaresilienten und inklusiven Stadtentwicklung.

Das Bezirksamt Hamburg-Nord kann mit einem Microflowering-Programm nicht nur innovative Beteiligungsformen fördern, sondern auch bestehende Begrünungsinitiativen unterstützen und verstetigen ressourcenschonend, wirksam und im Einklang mit den Zukunftsvorstellungen des Bezirks.

Best-Practice-Beispiel Montpellier

Die Stadt Montpellier (vergleichbar mit Hamburg-Nord in Größe und Einwohner:innenzahl) hat mit einem klar strukturierten Genehmigungs- und Unterstützungsverfahren für Microflowering eine nachweislich positive Wirkung erzielt sowohl ökologisch als auch gesellschaftlich. Die Stadt spricht von einem „Dominoeffekt“, der die Stadt lebenswerter gemacht, Vandalismus reduziert und das Miteinander gestärkt hat. Konkret beantragen Bürger:innen dort über eine zentrale, barrierearme Onlineplattform die Umsetzung ihres individuellen Projekts. Diese transparente und bürger:innenfreundliche Form der Beteiligung erleichtert die Umsetzung auch auf verwaltungsseitiger Ebene erheblich ein Modell, das sich auch für Hamburg-Nord anbietet.

Vorteile und Potenziale

Soziale Teilhabe (SDG 10): Durch niedrigschwellige Mitmachangebote werden verschiedene gesellschaftliche Gruppen angesprochen. Quartiere werden aktiv durch Bürger:innen mitgestaltet unabhängig von Alter, Herkunft oder Vorwissen. Dies fördert den Zusammenhalt und stärkt die nachbarschaftliche Vernetzung.

Klimaanpassung und Mikroklima (SDG 13): Pflanzen sorgen für Kühlung durch Verdunstung, reduzieren Hitzebildung und verbessern die Luftqualität. Auch bei sehr kleinen Flächen entstehen messbare Effekte.

rderung der Biodiversität (SDG 15): Insektenfreundliche Blühpflanzen schaffen Nahrungsangebote und Lebensräume ein Beitrag zum Erhalt bedrohter Arten und urbaner Ökosysteme.

Bausteine zur Umsetzung von Microflowering-Projekten

  1. Regelmäßige Informationsveranstaltungen und Workshops
    Idealerweise mehrmals jährlich sollen praxisnahe Workshops und Infoveranstaltungen in bereits bestehenden Infrastrukturen des Bezirks (z. B. Bürgerhäusern, Kultureinrichtungen oder dem Bezirksamt) stattfinden. Themen sind u. a. biodiversitätsfördernde Bepflanzung, Pflegehinweise, rechtliche Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten. In Kooperation mit erfahrenen Partner:innen wie Moin Stadtnatur (Loki-Schmidt-Stiftung), BUND oder lokalen Urban-Gardening-Initiativen werden Synergien genutzt und Fachwissen eingebunden.
  1. Saatgutbereitstellung in Kooperation mit bestehenden Strukturen
    Bestehende Programme wie „Hamburg blüht auf“ (Loki-Schmidt-Stiftung) sollen explizit eingebunden werden. Die Verteilung regionaler, bestenfalls ökologisch erzeugter Saatgutmischungen erfolgt über Bürgerzentren, Bücherhallen o. ä. in Hamburg-Nord und ermöglicht den Bürger:innen für ihre Microflowering-Projekte eine gute Saatgutgrundlage.
  2. Auslagerung über lokale Strukturen
    r die operative Abwicklung und Betreuung des Förderverfahrens wird empfohlen, über eine geeignete zivilgesellschaftliche Struktur eine Zuwendung zu ermöglichen. Initiativen, die bereits Erfahrungen in der Vergabe kleiner Fördermittel haben, bestätigen die Umsetzbarkeit. Vorteil ist hier, dass das Bezirksamt besonders von der zeitaufwändigen Information interessierter Bürger:innen entlastet würde. Idealerweise erhält das Bezirksamt nach guter Beratung durch die externen Partner:innen direkt einen prüf- bzw. genehmigungsfähigen Antrag. Derzeit arbeiten sowohl das Bezirksamt in Harburg [1] als auch das in Altona [2] auf diese Weise. Dort betreut die Loki-Schmidt-Stiftung angelehnt an das Projekt „Moin Stadtnatur“ Anfragen für Grünpatenschaften.
  3. rderverfahren für Bürger:innenprojekte
    Ein niederschwelliges, digitales Förderverfahren soll es Bürger:innen ermöglichen, Unterstützung für Microflowering-Projekte im öffentlichen und halböffentlichen Raum zu beantragen. Nach Prüfung durch die Vergabestelle können bis zu 100 €r Materialien rückerstattet werden. Neben der finanziellen Unterstützung fördert Microflowering vor allem die Selbstwirksamkeit und das aktive Umweltbewusstsein der Beteiligten: Bürger:innen erleben unmittelbar, wie sie ihr Lebensumfeld gestalten und positiv beeinflussen können unabhängig von Vorwissen oder formalen Voraussetzungen. Dies kann insbesondere für Menschen mit wenig Zugang zu etablierten Beteiligungsformaten eine motivierende Erfahrung sein.
  4. Digitales Genehmigungs- und Förderverfahren
    Analog zum Modell Montpellier soll ein digitales System etabliert werden, über das interessierte Bürger:innen eigene Projektideen für Microflowering online einreichen können inklusive Beschreibung, Lage, gewünschten Maßnahmen und etwaiger Pflegezusagen. Diese digitale Schnittstelle ermöglicht transparente Abläufe und eine zeitgemäße Beteiligungskultur.
  5. Perspektivisch: Integration kleinflächiger Entsiegelung und Flächenprüfung durch das Bezirksamt
    Bereits heute bestätigen Anfragen von Bürger:innen und Initiativen das Potenzial vieler kleiner versiegelter Flächen im öffentlichen Raum sei es an Gehwegrändern, Baumscheiben oder in vernachlässigten Ecken. Wo das Bezirksamt Hamburg-Nord im Rahmen seiner Zuständigkeit eine Entsiegelung als technisch machbar einschätzt, sollte eine kombinierte Nutzung für Microflowering angestrebt werden. Die Kombination aus Entsiegelung und Begrünung erhöht damit die Wirkung beider Maßnahmen.
Petitum/Beschluss

Beschluss:

Das Bezirksamt Hamburg-Nord wird gebeten, unter anderem im Rahmen von Grünpatenschaften Microflowering-Projekte aktiv zu fördern, indem folgende Maßnahmen geprüft und wenn machbar umgesetzt werden:

1. Eine fachlich geeignete, zivilgesellschaftliche Organisation (z. B. die Loki-Schmidt-Stiftung) wird damit beauftragt, die Vergabe von Grünpatenschaften und eine finanzielle Förderung für diese im Bezirk Hamburg-Nord zu unterstützen.

Bestandteile dieser externen Beauftragung sind

  1. rderung des Interesses von Bürger:innen an Microflowering, insbesondere durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit
  1. Ermöglichung von Microflowering auch für Menschen mit wenig Einkommen dank Fördermitteln
  2. Entlastung des Bezirksamts von Beratungsaufgaben im Bereich Grünpatenschaften
  3. ndelung von Kompetenzen im Bereich lokaler Stadtbegrünung an einem Ort
  4. Schaffung eines bürger:innenfreundlichen Verfahrens für Microflowering, das eine digitale Antragstellung, Prüfung und Rückmeldung ermöglicht.
  5. Durchhrung regelmäßiger Informationsveranstaltungen und Workshops in Kooperation mit bestehenden Einrichtungen im Bezirk
  6. rderung kleinflächiger Entsiegelung zur Nutzung für Microflowering
  7. Entwicklung und Durchführung eines Förderverfahrens: Ähnlich wie beim Bürger:innenbudget oder den Geldern für ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten soll der externe Dienstleister bezirkliche Mittel erhalten und auf Antrag für einzelne Microflowering-Projekte im öffentlichen Raum und angrenzenden privaten Randbereichen weitergeben. Die Förderung ist für die Erstanschaffung von Materialien, Pflanzen und Saatgut bestimmt.
  8. Ausgabe ökologischer, standortgerechter Saatmischungen in Zusammenarbeit mit „Hamburg blüht auf“

2. Zur Umsetzung des oben beschriebenen Vorhabens stellt die Bezirksversammlung für einen Projektzeitraum von insgesamt zwei Jahren bereit:

  1. 15.000 €r die Förderung einzelner Microflowering-Projekte (Fördersumme bis zu 100 Euro/Projekt)
  1. 15.000 €r umfangreiche Beratung, Abwicklungs- und Administrationskosten (z. B. Betreuung, Antragssichtung und -abrechnung, Bewerbung etc.)

3. Die Nutzung durch Bürger:innen sowie die Umsetzung des Vorhabens soll nach dem ersten Jahr und rechtzeitig vor Ablauf des zweiten Jahres evaluiert und der Bezirksversammlung jeweils im Umweltausschuss berichtet werden.

4. Auf Grundlage der Evaluierung berät die Bezirksversammlung über mögliche Anpassungen und eine Fortführung des Vorhabens.


r die GRÜNE Fraktion: Christoph Reiffert
r die Fraktion Die Linke: Bjørn Knutzen
r die Volt Fraktion: Jan David Talleur, Yannick Noah Layer

Anhänge

Referenzen undAnlagen

https://una.city/nbs/montpellier/micro-flowering-projects-around-city
Scheromm, P., Mousselin, G. (2017). The Proliferation of Collective Gardens in Lisbon (Portugal) and Montpellier (France): Urban Residents Demand and Municipal Support. In: Soulard, CT., Perrin, C., Valette, E. (Hrsg.) Toward Sustainable Relations Between Agriculture and the City. Urban Agriculture. Springer, Cham.
https://doi.org/10.1007/978-3-319-71037-2_12

[1] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/bezirke/harburg/bezirksversammlung/foerderprogramm-gruenbeetpatenschaften-63180

[2] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/bezirke/altona/themen/umwelt-natur-klimaschutz/gruenpatenschaften-52906

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