21-1538

Eingabe: Tarpenbek

Mitteilungsvorlage Bezirksamt

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
TOP
28.09.2020
Sachverhalt

 

Das Bezirksamt Hamburg-Nord informiert über folgende Bürgereingabe:

 

 

Sehr geehrte Damen,
sehr geehrte Herren,

Seit Dezember 2019 sind an der Tarpenbek ab Stadtgrenze Hamburg (Tarpen) in Richtung Krohnstieg Wege gesperrt. Diese Wege sind Bestandteile eines ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes.

Dieser wichtige Umstand findet jedoch in keiner Stellungnahme, weder der des Bezirksamtes-Nord, noch der der LIG Erwähnung, auch waren die Mitglieder des Regionalausschusses bislang nicht über diesen Umstand informiert worden.
Er wurde den mit der Sperrung befassten politischen Gremien nicht zur Kenntnis gebracht.
Eine entsprechende Ausschilderung des Gebietes wurde niemals vorgenommen, so dass der Landschaftsschutz nicht erkennbar ist. 

Für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes spielt er jedoch eine herausragende Rolle, denn er hat erheblichen Einfluss auf die Rechtslage und damit auch auf die Antragstellungen der Fraktionen.

Ich habe im Mai das Bezirksamt um Benennung der Rechtsgrundlage für die Sperrung gebeten. Dieses hat immer neue „Erläuterungen“, die sich in Teilen widersprachen, gegeben, bevor es die Kommunikation einseitig abbrach
Daraufhin forderte ich Bezirksamtsleiter Werner-Boelz, unter Angabe von Rechtsgrundlagen auf,

den meiner Rechtsauffassung nach widerrechtlich herbeigeführten Zustand, unverzüglich zu beenden und der Allgemeinheit das Recht auf Betreten der Freien Landschaft nicht länger zu verwehren. Dies ist bis heute nicht geschehen.
 

Man weicht auch jetzt, wie wiederholt im Verlaufe des Verfahrens, der Beantwortung einer rechtlich zur Beurteilung des Sachverhaltes notwendigen Frage aus, nämlich der, ob es für das Betreten der „Freien Landschaft“, wie behauptet, erforderlich ist, dass die sich in ihr befindlichen Wege zur Betretung „gewidmet“ sein müssen.
Ich habe diese behauptete Bedingung weder im Gesetz, noch in der Rechtsliteratur, finden können.  Andere mir vorliegende Dokumente (auch der Stadt Hamburg) und Gerichtsurteile  bestätigen meine Rechtsauffassung, welche ich fundiert sowohl dem Bezirksamt, als auch in einer Eingabe an die Regionalversammlung, dargelegt habe.
Die Eingabe mit der Drucksachennummer 21-1406 ist im Sitzungsdienst nachlesbar.

 

Ich musste allerdings die Erfahrung machen, dass nach dem Bezirksamt, auch die Mitglieder der Regionalversammlung, sich mit den von mir eingegebenen, ernsten, rechtlichen Bedenken gar nicht erst auseinandergesetzt haben.
Man bedeutete mir, von verschiedenen Seiten, Bürgereingaben würden allgemein nur „überflogen“,  sie haben „am Besten“ kurz zu sein, meine Eingabe sei „zu lang und zu komplex“ gewesen, um sich damit „auch noch“ befassen zu können.


Das „Landschaftsschutzgebiet“ wurde also erneut, wie im ganzen bisherigen Verfahren, auf der Sitzung des Regionalausschusses, nicht thematisiert. Stattdessen gab man eine „Beschlussempfehlung“, die geeignet ist, weitere und ggf. unumkehrbare Fakten zu schaffen.

 

Die Würdigung des zu Grunde liegenden Sachverhaltes ist aber unerlässlich.
Aus ihr ergibt sich die Kernfrage des gesamten Verfahrens und ihre Beantwortung hat ganz erheblichen Einfluss auf die Antragstellungen der Fraktionen.

 

Diese Kernfrage lautet: 

Ist die durch das Bezirksamt und die LIG vorgenommene Sperrung rechtswidrig?

 

Es gibt auf diese Frage nur 2 mögliche Antworten :  Ja oder Nein.

 

Ja, sie ist rechtswidrig, - dann sind die gestellten Anträge und „Beschlussempfehlungen“ obsolet.

 

Die Sperrung muss dann unverzüglich aufgehoben werden, eine etwaige Gefahrenstelle ist mit dem mildesten Mittel zu sichern. 

Nein, sie ist nicht rechtswidrig - dann können weitergehende Anträge gestellt werden, die zur Problemlösung geeignet sind.
 

Meine Rechtsauffassung hat das Bezirksamt bis heute nicht entkräften können.
Man brach stattdessen die Korrespondenz ab, ohne einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen, dem zu entnehmen gewesen wäre, auf welche Rechtsgrundlage das Bezirksamt sein Verwaltungshandeln denn nun „endgültig“ zu stützen beabsichtigt..
Bisher gibt es dazu keine einwandfreie Begründung, sondern lediglich wechselnde Standpunkte, Erläuterungen, Behauptungen, Meinungen.


Ich habe mich am 10.8. 2020 an die zuständige Fach- und Rechtsaufsicht mit Bitte um Prüfung gewendet. Nach einer ersten Durchsicht des vorgelegten Schriftwechsels hat diese mir am 14.8.2020 mitgeteilt, dass sie sich des Falles angenommen habe.

Diese Prüfung, deren Ergebnis noch aussteht, wurde von den antragstellenden Fraktionen nicht thematisiert. Sie gab niemandem Anlass, weitergehende „Empfehlungen“ und Anträge zunächst einmal zurückzustellen, um die Rechtslage zu klären.

 

Heute bitte ich deshalb Sie, und zwar jedes einzelne Mitglied der Bezirksversammlung, sich mit den gesamten Vorgängen um die Sperrung der Wege an der Tarpenbek ernsthaft auseinanderzusetzen.

Die Vorgänge, von denen einer fragwürdiger als der andere ist, sind ein Lehrstück in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

In Zeiten, in denen das Wiedererstarken rechtsextremer Kräfte, uns allen Anlass zu großer Sorge geben muss, halte ich es für unabdingbar, dass keine weiteren Probleme geschaffen werden,
derer sich anzunehmen, diese Kräfte dann vorgeben können. Nehmen Sie sich bitte des Problemes „Tarpenbek“ an ! 
Es ist eines von vielen, mit denen die Bürger, die Sie vertrauensvoll wählten, zu kämpfen haben.
Und es ist Ihre vornehmste Aufgabe, sich mit diesen Problemen ernsthaft auseinanderzusetzen, um sie dann zu lösen. Dazu haben Sie sich bereit erklärt, als Sie sich um Ihr Mandat bewarben.

 

Es sind die Bürger, durch deren Wahl sie abgeordnet wurden. Es ist nicht Ihre Partei.
Noch bis in die kleinste Gliederungen hinein sind deshalb Sie, ganz persönlich, diesen Bürgern verpflichtet. Im Grundgesetz steht nichts von „Fraktionszwang“, aber viel zu den Abgeordneten:
Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

 

Wie kann es dann sein, dass es „Mandatsträger“ gibt, die unbesehen, ungeprüft, alles glauben und allem zustimmen, was von Ihren Fraktionsspitzen gesagt und getan wird, ohne sich damit selbst ausreichend auseinandergesetzt zu haben?
Wie kann es sein, dass sie das selbst dann noch tun, wenn Bürger sich mit äußerst ernsthaften und   fundierten Bedenken hilfesuchend an sie wenden?
Wie kann es sein, dass Aufträge erteilt, Empfehlungen gegeben werden -  ohne sich um die Rechtsgrundlagen zu kümmern? 

Wie kann es sein, daß in all den Jahren, in denen man mit dem Bezirksamt um Wegsperrungen an der Tarpenbek streitet, nie die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeln gestellt wurde?

 

Und, das ist dann aber auch die letzte Frage,

wie kann es sein, dass nun, wo die entscheidende Frage gestellt ist und sie auf der Tagesordnung stand und noch immer steht, so getan wird, als habe man sie nicht gehört?

 

Das Bezirksamt, ebenso wie Fraktionsspitzen dieses Hauses, verschweigen den Abgeordneten in jeder Drucksache, in jedem Antrag, in jeder Empfehlung, dass es ein Landschaftsschutzgebiet ist, welches da in weiten Teilen abgesperrt ist.  Kein einziges Wort darüber. Von keinem der „Entscheidungsträger“.

 

Erst war es „die Verwaltungsspitze“, die darüber schwieg.
Und nun schweigen die Fraktionsspitzen mit.

Ich hoffe, dass die Mitglieder dieser Bezirksversammlung in dieses unerträgliche Schweigen nicht mit einstimmen und sich stattdessen mit den gesamten Vorgängen nunmehr ernsthaft auseinandersetzen.

 

 

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

 

 

Mit freundlichem Gruß

 

 

Petitum/Beschluss

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

 

 

Michael Werner-Boelz