Eingabe betreffs der Tätigkeit des Beirates im RISE-Gebiet Dulsberg (RISE II/Denkmalschutz, nach 172 BauGB)
Letzte Beratung: 30.09.2021 Stadtentwicklungsausschuss Ö 3.1
Das Bezirksamt Hamburg-Nord informiert über die folgende Eingabe:
„Gegenwärtig befindet sich die Durchführungsphase für diese Maßnahme etwa bei der Halbzeit. Dies schien mir in mehrerer Hinsicht ein guter Zeitpunkt für ein Zwischenfazit und eine Besprechung, wie zumindest aus Bewohnersicht die Umsetzung der bisher durchgeführten und der geplanten Maßnahmen gelaufen ist.
Allerdings wurde mein Redebeitrag zu diesem Thema seitens der Modertion des STR – sowie seitens des mit den RISE-Maßnahmen eigentlich gar nicht befaßten Stadtteilbüros – unterbrochen und letztlich nicht zugelassen, das Thema selbst fand sich entgegen dem Wunsch aus einer vorhergehenden der Sitzung des STR nicht auf der Tagesordnung und hat auch diesmal nicht Eingang ins Protokoll gefunden.
Insgesamt sind die Umstände eigentlich seit Beginn der Durchführungsphase als ungut zu bewerten und dauern ohne perspektivische Verbesserung an, so daß ich nunmehr Sie als Vorsitzende des federführenden Ausschusses um Kenntnisnahme und die Herstellung regelkonformer Zustände bitte.
Im Einzelnen:
1. Hamburg hat sich bei der Umsetzung des Beteiligungsverfahrens nach
137 BauGB für die Einrichtung von Beiräten entschieden, wobei es bei den zugrunde liegenden Normen (Sanierungs- vs. RISE-Beiräten) und auch zwischen den Bezirken offensichtlich zu erheblichen Unterschieden kommt.
Für den Fall Dulsberg-RISE II hat sich der Bezirk dafür entschieden, den Stadtteilrat (STR) mit dieser Aufgabe zu betrauen, ohne im weiteren darzulegen, wie das Gremium zustande kommen soll und in welcher Form es den Pflichten zur Herstellung von Beteiligung nachkommen kann. Dementsprechend hat sich das Gremium nie konstituiert, gab es Tagesordnungspunkte mit Bezug zu RISE zwar im Verlauf von STR-Sitzungen, sie sind allerdings nie gesondert und mit spezieller Einladung an die Betroffenen bekannt gemacht worden, und hat es mangels Gremium und zuordbarem Kreis der Beteiligten nie Empfehlungen im Sinne des BauGB gegeben. Daran ändert auch nichts, dass zwar große Veranstaltungen zur Bürgerbefragung stattgefunden haben, etwa zum Elsässer Platz, diese jedoch aus anderen Rechtsgründen und auch nicht als zum Beirat gehörig anberaumt wurden. Oder, um es ganz praktisch zu sagen, ich hab noch nie einen Gewerbetreibenden (zB wg.Projekt Werbeschilder) oder Eigentümervertreter (zB wg.Projekt Vorgärten) zu Gesicht bekommen. Das vom Bezirk vorgeschlagene Verfahren der Verfahrensvereinfachung durch die Kombination zweier so unterschiedlicher Gremien hat sich mithin als untauglich herausgestellt.
2. Diese Feststellung ändert allerdings nichts daran, dass bestimmte Verfahrensregeln im Geschäftsgang dieses Gremiums hätten eingehalten werden müssen, als da zumindest wären:
Feststellung des Kreises der Maßnahmenbetroffenen und Mitteilung an diese zwecks Entgegennahme von Einwendungen, Aufstellung von Tagesordnungen, Ladungen an das Gremium und die Öffentlichkeit, Dokumentation von Besprechungen und den dazugehörigen Maßnahmenzustimmungen und -Ablehnungen, Herbeiführen von Entschliessungen und Empfehlungen, das Führen bzw. Einfordern einer Liste der Vorhaben, ggf. einer Mittelkontrolle.
Dass nur so Beiräte bei der Einholung von Expertise wie bei der Kontrolle funktionieren können, entnehme ich schon dem Energiekonzept für Dulsberg aus 2014 (dort S.7). Ebenso setzt die Verwendung von Bundes-, Landes- und ggf. auch EU-Mittel regelmäßig voraus, dass nachvollziehbare Verfahren zur Bürgerbeteiligungspflicht etabliert werden. Aber bei allem goodwill - auch im Hinblick auf die gewünschte Vereinfachung des Verfahrens, von dem „stattgefunden haben sollenden“ Prozess ist weder in der Dokumentation der BIG-Bau noch in der des STR etwas zu finden, schon gar nicht nachvollziehbar für einen unbeteiligten Dritten.
3. Mit dem Vorsitz des STR ist nunmehr – automatisch und wenn ich es richtig sehe von dort auch gewollt – der Vorsitz für den Beirat verbunden. Wie vorstehend aufgeführt, wäre damit auch die Verpflichtung zur Einhaltung gewisser Spiel- und Verfahrensregelungen verbunden gewesen, ohne dass es dazu einer konkreten Norm bedurft hätte, wie beispielsweise auch das OVG HH in Sachen „Sanierungsbeirat Mitte“ ohne entsprechende Norm eine sachrichtige Entscheidung hat treffen können.
Die organisatorisch unklare Situation kann aber keine Rechtfertigung dafür sein, dass RISE-bezogene Themen sachfern, intransparent, ohne Legitimierung und überschiessend verfahrensfehlerhaft behandelt werden, diesen Eindruck habe ich jedenfalls inzwischen gewonnen. Und – zugegebenermassen – es geht um Einzelfragen und vorzugsweise solchen, die mein Anliegen sind, allerdings sehe ich mich zunehmend von der nötigen Beantwortung von Grundsatzfragen abgedrängt, ob die Maßnahme insgesamt sozial ist, sie den Ansprüchen aus dem IEK gerecht wird, oder ob der Stadtteil gerade für eine gewünschte Gentrifizierung hübsch gemacht wird.
Zu den mich irritierenden Ereignissen gehören beispielsweise Auftritte in anderen Gremien ohne Vertretungsmacht (hier: in der sog. „AG Vermieter“), Nichteinholen einer Stellungnahme des Beirates in Denkmalschutzfragen (hier: Entfernung einer Hecke aus dem Grünzug) oder eben eine Moderation, die Wortbeiträge und Protokollvemerke nicht zulässt.
Es kann einfach nicht angehen, dass mir als Mitglied des Stadtteilrates und damit automatisch auch des RISE-Beirates Auskünfte verweigert werden und Förder-Themen, die besprochen werden müssten, nicht auf die Tagesordnung gehoben werden, während die Dokumentation über solche Vorkommnisse sich in den Protokollen nicht wiederfinden läßt.
Es steht mir sicherlich nicht an Ihnen zuzuraten, wie es in dieser Angelegenheit weitergehen soll. Aus meiner Sicht würde ich es allerdings begrüssen, wenn Ihr Rechtsamt eine Stellungnahme dazu abgeben könnte, welche Rechte und Pflichten auch in einem so lose an das Bezirksrecht angebundenen Ehrenamtsgremium wir dem STR oder RISE-Beirat mit dem Amt des Vorsitzenden verbunden sind, immerhin geht es um die Wahrnehmung gesetzlich vorgegebener Pflichten gegenüber der Bewohnerschaft.
Im Übrigen möchte ich hiermit anregen, dass Sie bzw. soweit zuständig die Bezirksversammlung den bestehenden Beirat auflösen und die RISE-Maßnahmen mit der Einsetzung eines neuen, separaten Beirates nach
137 BauGB fortsetzen.
Für Rückragen stehe ich gern zur Verfügung“
Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Michael Werner-Boelz
Keine
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