21-1331

"Cornern" in Hamburg-Nord - Hippes Sommernachtsvergnügen oder wachsendes Problem?
Kleine Anfrage 21-1331 von Herrn Dr. Schott, Herrn Baumann und Herrn Wersich(CDU-Fraktion)

Kleine Anfrage nach § 24 BezVG

Sachverhalt

Seit einigen Jahren ist es bei feiernden Menschen in den Sommermonaten immer mehr Trend geworden, nicht mehr eine Bar oder einen Club zu besuchen, sondern sich bei Kiosken mit Bier und Spirituosen einzudecken und sich anschließend mit Gleichgesinnten an einer naheliegenden Straßenecke oder in benachbarten Grünanlagen zu treffen und zu feiern.

 

Auch wenn die genannten Argumente für das Cornern wie "draußen statt drinnen, günstig statt teuer, selbst gewählte Musik statt vorgegebene" (Ulrich Reinhardt, Zukunftsforscher) von jungen Menschen zum Teil nachvollziehbar sind, hat sich das "Cornern" mittlerweile zu einem wachsenden Problem entwickelt. Anwohner und Polizei klagen über die Belästigung durch Lärm und umherliegende Flaschen und Müll; Gastronomen wiederum beklagen, dass ihre Lokale nur zur Nutzung der Toilette aufgesucht werden. Im aktuellen Sommer kommt erschwerend hinzu, dass, besonders bei steigendem Alkoholkonsum, die Abstands- und Hygieneregeln zur Eindämmung des Coronavirus' nicht mehr eingehalten werden. Hierzu waren in letzter Zeit leider wiederholt Polizeieinsätze erforderlich.

 

Ein Schwerpunkt des "Cornerns" ist derzeit das Schanzenviertel/ Grüner Jäger, jedoch auch in Hamburg-Nord, z.B. an der Kreuzung Mühlenkamp/ Gertigstraße, im Eppendorfer Weg und wohl auch im Schrammsweg soll es gelegentlich zu Problemen gekommen sein.

 

 

 

 

 

Aus diesem Grund fragen wir den Herrn Bezirksamtsleiter:

 

1.)    Wird das Thema "Cornern" im Bezirk Hamburg-Nord als Problem angesehen? Wenn ja, an welchen Straßen bzw. Plätzen gibt es Beschwerden? Gibt es Orte/ Straßenecken in Hamburg-Nord, die als problematisch oder als Hotspot für das "Cornern" angesehen werden?

 

Ja, aus Sicht des Bezirksamtes entsprechen die von den Fragestellern genannten Gebiete den räumlichen Bereichen mit einer in dieser Hinsicht höheren Problemdichte. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass das Cornern keiner eindeutigen Definition unterliegt und deshalb keineswegs mit einem gastronomischen o.ä. Angebot einhergehen muss, sondern sich vor allem auf die Inanspruchnahme des öffentlichen Raumes bezieht.

 

2.)    Welche Maßnahmen zum Umgang und zu einer eventuell erforderlichen Begrenzung des "Cornerns" plant das Bezirksamt, oder hat es bereits geplant und ggfls. schon durchgeführt? Bitte die Maßnahmen ausführlich je nach Örtlichkeit aufführen.

 

Das Bezirksamt ist hierbei an die landesrechtlichen Rahmenbedingungen gebunden. 

 

3.)    Gab es zum Problem "Cornern" bereits einen Austausch zwischen der Polizei und dem Bezirksamt Hamburg-Nord bzw. anderen Bezirksämtern und sind dem Bezirksamt bereits durchgeführte polizeiliche Maßnahmen oder verhängte Bußgelder bekannt?

Ja.

 

4.)    Gibt es von Seiten betroffener Anwohner, Mieter und Grundstückseigentümer zur Begrenzung des "Cornerns" bereits eingeleitete juristische Schritte oder Gerichtsverfahren, von denen das Bezirksamt Hamburg-Nord bereits Kenntnis hat, oder eventuell selbst involviert ist? Bitte nach Örtlichkeit ggfs. aufschlüsseln und erläutern.

 

Da die landesrechtlichen Rahmenbedingungen das Cornern zulassen, besteht folglich kein einklagbares Recht, um dagegen vorzugehen. Seitens der Verwaltung könnten deshalb nur im Einzelfall und nach pflichtgemäßem Ermessen durch restriktive Ausnutzung der landesrechtlichen Rahmenbedingungen Maßnahmen ergriffen werden, um das Cornern zu erschweren oder unattraktiv zu machen.

 

5.)    Gab es bereits einen Austausch seitens des Bezirksamts und der lokalen Gastronomie zum Thema Begrenzung des "Cornern"? Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt?

 

Anlassbezogenen Beschwerden wird sehr zeitnah nachgegangen und die Gastronomen werden damit konfrontiert; kennzeichnend für das Cornern ist jedoch, dass dieser Personenkreis sein Handeln darauf ausrichtet ist, häufig nicht die gastronomischen Angebote annehmen zu wollen, sondern öffentliche Räume für sich in Anspruch zu nehmen (siehe Antwort zu 1.).

 

 

6.)    Gibt es bereits Überlegungen von den nunmehr erweiterten Möglichkeiten zur Verhängung von Alkoholverkaufsverboten Gebrauch zu machen? Wenn ja wo und in welchem Umfang?

 

Soweit die Fragesteller sich auf die am 28.07. vom Senat beschlossene  Rückübertragung der Zuständigkeit zum Erlass von Allgemeinverfügungen auf die Bezirksämter beziehen: dieser Senatsbeschluss basiert allein auf Infektionsschutzrecht und ist im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie erfolgt, um den Bezirken ein schnelles Einschreiten gegenüber sich etablierenden Hotspots zu ermöglichen. Die auch in den unter 1. genannten Gebieten bestehenden Verhältnissen unterscheiden sich insoweit sehr deutlich von den landesweit bekannt gewordenen Hotspots (Kiez, Schanzenviertel).

Die Veränderung landesrechtlicher Rahmenbedingungen bspw. durch Änderungen des Ladenöffnungsgesetzes oder des Gaststättenrechts erscheinen vor diesem Hintergrund weiterhin erforderlich.

 

7.)    Gibt es weitere Informationen und Überlegungen zum Sachverhalt "Cornen" in Hamburg-Nord, deren Kenntnis zu einer vollumfänglichen Betrachtung der aktuellen Situation erforderlich sind?

 

Nein.

 

 

 

 

03.08.2020

Michael Werner-Boelz