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Benennung von Plätzen und Straßen auf der Uhlenhorst und in Barmbek-Süd Beschlussempfehlung des Regionalausschusses Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg

Beschlussempfehlung Ausschuss

Bera­tungs­reihen­folge
Gremium
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20.05.2021
Ö 9.5
Sachverhalt

 

Der Regionalausschuss Barmbek-Uhlenhorst-Hohenfelde-Dulsberg hat sich in seiner Sitzung am 17.05.2021 auf der Grundlage eines interfraktionellen Antrages mit o.g. Thematik befasst und einstimmig folgende Beschlussempfehlung verabschiedet:

 

  1. Die Vorsitzende der Bezirksversammlung wird gebeten, die nachfolgenden Vorschläge dem Staatsarchiv zur Prüfung und im Anschluss die Namen dem Senat zur Benennung vorzulegen. Die Fraktionen sind sich darüber einig, dass jedes Straßenschild einen Zusatz mit einer Erläuterung der Benennung erhalten soll. Das Bezirksamt wird jeweils um einen Textvorschlag gebeten. Für den Emily-Ruete-Platz schlagen wir nach dem Beschluss zur Umbenennung den Namen Teressa-Platz vor.
  2. Für den Platz im Mesterkamp-Quartier schlagen wir Gerda-Kohn-Platz vor.
  3. Für die Planstraße 1 im Mesterkamp-Quartier schlagen wir Mesterkamp vor.
  4. Für die Planstraße 2 im Mesterkamp-Quartier schlagen wir Ingeborg-Morgenstern-Weg vor.

 

Begründung:

 

Das Bezirksamt Hamburg-Nord hat im Dezember 2020 dazu aufgerufen, Namensvorschläge  für die neuen Straßen im zukünftigen Mesterkamp-Quartier und die Umbenennung des Emily-Ruete-Platzes zu machen. Die Fraktionen der Bezirksversammlung Hamburg-Nord haben sich auf Namensvorschläge für die Umbenennung des Emily-Ruete-Platzes sowie des Quartiersplatzes und  zweier neuer Straßen im Mesterkamp-Quartier geeinigt.

 

Wir danken allen Bürger*innen  für die zahlreichen Ideen, die sie eingebracht haben. Durch das rege Interesse und die große Anzahl an guten Namensvorschlägen fiel die Auswahl nicht leicht. Wir bitten diejenigen Personen und Organisationen um Verständnis, deren Vorschläge nicht ausgewählt wurden. Neben der Würdigung der Namensgeber*innen und dem Willen, mehr Straßen und Plätze nach Frauen zu benennen, war den Fraktionen vor Allem ein direkter Ortsbezug wichtig.

 

Petitum/Beschluss

 

Der Hauptausschuss folgt der Beschlussempfehlung.

 

Anhänge

 

Begründungen:

 

Teressa-Platz

In der ehemaligen Frauenklinik Finkenau wurden zwischen 1943 und dem Kriegsende 1945 etwa 545 Schwangerschaftsunterbrechungen bei polnischen Zwangsarbeiterinnen und sogenannten "Ostarbeiterinnen" vorgenommen. Mindestens 557 Kinder von Zwangsarbeiterinnen aus Polen, der Ukraine, Russland und Weißrussland und weitere aus den besetzten westlichen Nachbarländern kamen dort zur Welt. Es ist bekannt, dass mindestens 418 Säuglinge und Kleinkinder von Zwangsarbeiterinnen durch Vernachlässigung und an Unterernährung in Hamburger Krankenhäusern, Lagern und Unterkünften verstarben.

 

Teressa Scira kam am 25. Dezember 1943 in Hamburg zur Welt. Ihre Mutter Hanka Scira, geb. am
12. Januar 1913 in Kuridniki, war römisch-katholischen Glaubens und ledig. Aus ihrer Heimat Polen verschleppt, musste sie in Hamburg Zwangsarbeit leisten. Später wurde sie im Untersuchungs- bzw. Polizeigefängnis Fuhlsbüttel inhaftiert und saß dort hochschwanger ein. Die Haftgründe und die Dauer ihrer Haftzeit sind nicht bekannt. Am Tag der Geburt ihres Kindes wurde Hanka Scira in der Frauenklinik Finkenau, Hamburg-Uhlenhorst, aufgenommen. Dort brachte sie am 25. Dezember 1943 ihre Tochter Teressa zur Welt. Zwei Tage nach der Entbindung,  am 27. Dezember 1943 um 4:45 Uhr, verstarb Teressa in der Frauenklinik Finkenau. In der Todesanzeige der Frauenklinik ist als Todesursache „Tentoriumriß“ (Einriss der Hirnhaut durch starke Verformung des Kopfes bei der Geburt) und als unterzeichnender Arzt Dr. Hoffmann angegeben. Des Weiteren ist dort über die Mutter vermerkt „ohne Erwerb“. Der Ort von Teressas Beisetzung ist nicht bekannt. Am 7. Januar 1944 wurde Hanka Scira in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel zurückgebracht. Ihr weiteres Schicksal ist bisher nicht bekannt.

 

Im Jahre 2013 traf eine kleine Abordnung des Bauprojektes „Vier für Finkenau“ mit Kindern von ehemaligen Zwangsarbeiterinnen zusammen. Sie waren auf Einladung der Stadt nach Hamburg gekommen und besuchten u.a. auch ihren Geburtsort, die ehemalige Frauenklinik Finkenau. Die zukünftigen Bewohnerinnen des Nachbargrundstückes versprachen, die Erinnerung an die Kinder von Zwangsarbeiterinnen wachzuhalten.

 

Stellvertretend für alle oben genannten Kinder und im Gedenken an sie soll der Platz den Namen TERESSA-PLATZ erhalten. Mit der Namensgebung kann das Versprechen des Bauprojekts in besonderer Weise eingelöst werden. Dieses Anliegen unterstützen die Fraktionen im Regionalausschuss.

Gerda-Kohn-Platz

Gerda Kohn wurde 1905 in Oldenburg (Oldenburg) geboren. Nachdem sie 1911 mit ihren Eltern in das damals noch selbständige Groß-Flottbek gezogen war, verschlug es sie mit ihrer Mutter nach der Scheidung der Eltern um 1915 nach Barmbek. Nach der Volksschule absolvierte sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und leitete ab 1925 verschiedene Kindertagesstätten der Arbeiterwohlfahrt. 1930 heiratete sie Reinhard Kohn. Die beiden engagierten sich in der Barmbeker SPD und auch in der örtlichen Arbeiterwohlfahrt. Nachdem Reinhard Kohn aufgrund des NS-Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Beschäftigung verlor, lebte die Familie mit ihren beiden Kindern von staatlicher Unterstützung und kurzfristigen Beschäftigungen. Nach 1945 engagierte sich Gerda Kohn beim Wiederaufbau der Arbeiterwohlfahrt, deren Distriktsvorsitzende sie wurde, und der SPD in Barmbek. Von 1957 bis 1966 gehörte sie für die SPD der Bezirksversammlung Hamburg-Nord an und war stellvertretende Vorsitzende des Ortsausschusses Barmbek-Uhlenhorst (Vorsitzender war damals die Ortsamtsleitung). Nach dem Ausscheiden aus der Bezirksversammlung gründete sie den Altenkreis Barmbek-Nord der Arbeiterwohlfahrt und setzte sich für den Bau der Seniorentagesstätte der AWO am Habichtsplatz ein, die bis heute besteht. Den Altenkreis leitete sie bis 1988. Für ihr soziales Engagement wurden Gerda Kohn und ihr Ehemann 1984 mit der „Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes" ausgezeichnet. Sie starb 1994 in Hamburg.

 

 

Mesterkamp

Das Neubaugebiet entsteht auf dem Gelände des ehemaligen Busbetriebshofes Mesterkamp. Vor dessen Einrichtung gab es dort eine Straße namens „Mesterkamp“. Die entsprechende Benennung der Planstraße 1 hält diesen historischen Flurnamen in Erinnerung.

 

 

Ingeborg-Morgenstern-Weg

Ingeborg Morgenstern war eine von drei Straßenbahnfahrerinnen, die 1972 von der Hamburger Hochbahn zu Busfahrerinnen ausgebildet wurden. Sie war auch eine der ersten Busfahrerinnen Deutschlands, nachdem die Hamburger Hochbahn eine Ausnahmeregelung für Frauen erzwungen hatte. Die Benennung der Planstraße zwei setzt einen Bezug zur früheren Funktion des Areals und würdigt gleichzeitig eine Frau, die in einem männerdominierten Beruf Fuß gefasst hatte.