Amphibien auf dem Friedhof Ohlsdorf Gefährdung durch WeLa-Umleitungsverkehr Anfrage gem. § 27 BezVG
Im Frühjahr wandern die heimischen Amphibien – Kröten, Frösche, Molche – zu ihren Laichgewässern. Die Wanderung beginnt, wenn die Temperaturen abends/nachts bei über 5°C liegen und findet bevorzugt bei feuchter Witterung statt. Um die Amphibien bei ihrer Wanderung vor einem frühen Tod auf den Straßen zu bewahren, werden von Ehrenamtlichen des NABU jedes Jahr im Frühjahr Amphibienschutzzäune errichtet und betreut: Auf Grünstreifen entlang der Straßenränder werden am Boden aufliegend bis ca. Kniehöhe Planen bzw. dichte Netze gespannt und in regelmäßigen Abständen Eimer bündig im Boden eingelassen. Somit können die Amphibien nicht auf die Straße gelangen, laufen die Barriere entlang und fallen in einen der Eimer. Die Eimer werden morgens täglich gesichtet und die gefundenen Amphibien gezählt und in – separat mitgebrachten – Eimern über die Straße und zum Laichgewässer gebracht.
Auf Basis der an den Amphibienzäunen erhobenen Zahlen wurde festgestellt, dass in Hamburg der Bestand der Amphibien – vor allem der Erdkröten – seit Jahren zurückgeht. Die Ursachen sind vielfältig: Überbauung, Zerstörung und Fragmentierung der Lebensräume sowie klimatische Veränderungen durch den Klimawandel. [1]
Auch auf dem Ohlsdorfer Friedhof werden im Frühjahr Amphibienzäune – von der NABU-Stadtteilgruppe Bramfeld/Ohlsdorf/Barmbek (kurz: BOB) – errichtet und betreut: einer an der Cordesallee, kurz hinter dem Haupteingang, ein zweiter Zaun am Nordteich. 2025 wurden etwa 600 Tiere gerettet.
Mitglieder der Stadtteilgruppe BOB mussten in diesem Frühjahr leider beobachten, dass es eine erhebliche neue Gefahrenquelle für die Amphibien gibt:
Die Tore des Ohlsdorfer Friedhofs wurden bisher um 21 Uhr für den Fahrzeugverkehr geschlossen. Der Durchgangsverkehr für Pkw und Lkw zwischen Haupteingang und der Ausfahrt Kornweg/Große Horst (Klein Borstel) war bisher nicht erlaubt. Eine Schranke an der Mittelallee erlaubt die Durchfahrt nur für Gäste von Trauerfeiern.
Aufgrund einer Baustelle von Hamburg Wasser an der Wellingsbütteler Landstraße wird der Friedhof nun ausnahmsweise als Umleitungstrecke für die Bewohner*innen von Klein Borstel genutzt. Fahrzeuge können den Friedhof zwischen Haupteingang und der Ausfahrt Kornweg/Große Horst bis 23 Uhr durchqueren. Da die Baustelle noch länger bestehen wird, ist über mehrere Jahre mit stärkerem Fahrzeugverkehr zwischen dem nördlichen Zugang und den anderen Ausgängen zu rechnen.
Anfang/Mitte März gab es von mehreren Personen Hinweise bzgl. zahlreicher überfahrener Amphibien zwischen Haupteingang und Ausgang Kornweg. Diese gingen teils direkt an Mitglieder der Stadtteilgruppe, teils an die Friedhofsverwaltung, welche daraufhin die NABU-Stadtteilgruppe informierte.
Die Stadtteilgruppe hat daraufhin zusätzlich zu den üblichen morgendlichen Eimerkontrollen an den Zäunen zwischen dem 20. März und 18. April 2025 ab Sonnenuntergang bis 23 Uhr vor Ort wandernde Tiere von der Straße und den Grünstreifen der Durchfahrts-Hauptroute gesammelt. Überschlägig waren es etwa 1.000 Tiere (Erdkröten, Grasfrösche, Teichmolche).
Bei der abendlichen Amphibien-Rettungsaktion wurde festgestellt, dass es mehrere Wander-bewegungen gibt, die über die gesamte Durchfahrtsstrecke stattfinden – hauptsächlich an der Cordes-, Süd- und Mittelallee, und weiter an der Linnestraße. Die gesamte Strecke ist ca. 2,5 km lang (vgl. Karte im Anhang).
Ein Großteil der Wanderung fand gemäß den Beobachtungen zwischen 19 und 23 Uhr (Torschlusszeit, nach der Zeitumstellung zwischen 20 und 23 Uhr) statt - also noch in der Zeit der Öffnung für den Durchgangsverkehr. Der Verkehr war für diesen Ort teilweise erheblich (mehrere Fahrzeuge pro Minute) und zahlreiche Fahrzeuge schienen auch die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h nicht einzuhalten.
Zur Verbesserung der Situation plant die NABU-Stadtteilgruppe BOB in Absprache mit der Friedhofsverwaltung eine Ausweitung der Amphibienzäune. Es ist allerdings bereits jetzt offensichtlich, dass damit allenfalls wenige Wander-Schwerpunkte abgedeckt werden können. Das Gelände ist zu großen Teilen – aufgrund der hohen Anzahl an gepflasterten Zufahrten zu den Grabbereichen - nicht für die Aufstellung von Amphibienzäunen geeignet. Darüber hinaus kann eine durchgehende Betreuung der zusätzlich erforderlichen Zaunlänge und Eimeranzahl durch die Mitglieder der NABU-Stadtteilgruppe nicht geleistet werden, da dafür nicht ausreichend Ehrenamtliche zur Verfügung stehen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Behörde für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Agrarwirtschaft:
Bezirksabgeordnete Christoph Reiffert, Marcel Bulawa, Daniela Clément, Katharina Fischer-Zernin, Sidney Gregor-Wielan, Nadja Grichisch, Katrin Hofmann, Dr. Anıl Kaputanoğlu, Timo B. Kranz, Azra Kültür, Isabel Permien, Angelina Platz, Carsten Redlich, Thorsten Schmidt, Nergis Zarifi
Übersichtskarte
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