Verlängerung des Standorts der öffentlich-rechtlichen Unterbringung Wendenstraße 282, im Bezirk Hamburg-Mitte, Stadtteil Hamm hier: Anhörung der Bezirksversammlung gem. § 28 BezVG
Letzte Beratung: 21.04.2022 Bezirksversammlung Hamburg-Mitte Ö 8.3
Es liegt folgendes Anhörungsschreiben der Staatsrätin der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration vom 28.03.2022 vor:
„Sehr geehrte Frau Oestreich,
die Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration möchte Ihnen auf diesem Wege Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 28 Satz 1 Nr. 9 BezVG in Monatsfrist geben, da geplant ist, den Standort der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU) Wendenstraße 282, Flurstück 497 der Gemarkung Hamm Marsch, zu verlängern.
Aufgrund kontinuierlich steigender Zugangszahlen geflüchteter Menschen in Deutschland und Hamburg wurden bereits in den letzten Monaten gesamtstädtisch diverse Anstrengungen unternommen, um weitere und auch kurzfristig verfügbare Kapazitäten in Hamburg zu akquirieren und für die jeweiligen Zwecke nutzbar zu machen.
Während der gesamte Unterbringungsbedarf in den Erstaufnahmen und der öffentlich-rechtlichen Unterbringung in Hamburg seit Beginn der Flüchtlingskrise 2015/2016 leicht rückläufig war, wurden seit Mitte 2021 deutlich steigende Zugangszahlen geflüchteter Menschen in Hamburg verzeichnet. Die Zugangsprognose für das Jahr 2022 wurde daher am 10. Dezember 2021 in der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich-rechtliche Unterbringung (örU) und Erstaufnahme (EA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ angepasst. Der in den Vorjahren prognostizierte Unterbringungsbedarf von 250 Personen pro Monat, wurde für den Zeitraum Januar bis Juni 2022 auf monatlich 400 erhöht. Ab Juli 2022 wird mit 300 Geflüchteten pro Monat gerechnet. Grund für die steigenden Zugangszahlen seit Mai 2021 waren bisher insbesondere die Situation in Afghanistan, die Sekundärmigration aus Griechenland und der Druck auf den Hauptmigrationsrouten.
Durch den unvorhersehbaren Angriff Russlands am 24.02.2022 auf die Ukraine hat sich die ohnehin angespannte Situation nochmal verschärft. Seitdem sind mehr als 3,5 Mio. Menschen aus der Ukraine geflohen. Mit den andauernden Kriegshandlungen und einem nicht zu erwartenden schnellen Ende des Krieges steigt neben den regulären Zugängen die Zahl ukrainischer Schutzbedürftiger auch in Hamburg rasant an. Seit dem 24. Februar 2022 sind mit Stand vom 21. März 2022 bereits 17.268 Personen in Hamburg angekommen, die im Zuge der Kriegshandlungen nach Hamburg geflüchtet sind. Von diesen sind 11.020 Personen in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung registriert worden und 2.443 Personen sind in andere Länder verteilt worden, weil Hamburg ähnlich wie andere Metropolen in den vergangen Wochen eine höhere Zuwanderung verzeichnet hat, als andere Regionen in Deutschland. Zurzeit hat etwa die Hälfte dieser Personen einen Unterbringungsbedarf in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung. Angesichts dieser Entwicklungen und der in den vergangenen Tagen gestiegenen Registrierungen von Schutzsuchenden ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Tagen und Wochen noch mehr Schutzsuchende die Hansestadt erreichen werden. Diese Situation stellt vor dem Hintergrund der ohnehin schon knapp bemessenen Unterbringungskapazitäten eine große Herausforderung dar. Um auf die nach wie vor dynamische Entwicklung der Fluchtbewegung aus dem ukrainischen Kriegsgebiet vorbereitet zu sein, werden daher derzeit in der gesamten Stadt zusätzliche Standorte zur Unterbringung von Geflüchteten geprüft und bestehende Kapazitäten ausgebaut.
Diese Herausforderung wird insofern verstärkt, als dass aufgrund der Abbauverpflichtungen diverser Bürgervertragsstandorte sowie nicht verlängerbarer Mietverträge (z. B. aufgrund anstehender Wohnungsbauvorhaben) Unterbringungsplätze in den nächsten Jahren verloren gehen werden. Es ist daher nicht nur erforderlich neue Wohnunterkünfte zu planen, sondern auch bestehende, aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zu schließende Standorte nach Möglichkeit zu verlängern bzw. zu erweitern. Die Sozialbehörde ist dazu seit mehreren Monaten mit den Bezirksämtern sowie den örtlichen Bürgervertragsinitiativen im Gespräch.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Aktivierung der mehrstufigen Reserveplanung für die öffentlich-rechtliche Unterbringung. Die Reserveplanung wurde gemäß dem Beschluss der Lenkungsgruppe „Integration der öffentlich-rechtlichen Unterbringung (örU) und der Erstaufnahme in die gesamtstädtische Flächenverwertung und -planung“ vom 15.06.2018 mit der Zielsetzung erstellt, bei künftigen ansteigenden Flüchtlingszahlen schneller handlungsfähig zu sein und den Unterbringungsbedarf zu decken. Dieser Bedarfsfall ist mit dem Angriff auf die Ukraine eingetreten.
Eine der Wohnunterkünfte im Bezirk Hamburg-Mitte, deren Schließung in den nächsten Jahren aufgrund vertraglicher Regelungen erfolgen soll, ist die von F&W Fördern & Wohnen AöR (F&W) betriebene Unterkunft Wendenstraße 282, im Stadtteil Hamm. Die Baugenehmigung läuft am 03.11.2022 ab, der Mietvertrag wurde bis 31.12.2024 verlängert. Die Einrichtung Wendenstraße ist seit Januar 2015 in Betrieb und soll bis zum 31.10.2024 (Auszug letzte/r Bewohner:in) bzw. 31.12.2024 (Rückgabe des Gebäudes) weiter betrieben werden. Für die Unterbringung geflüchteter und obdachloser Menschen stehen hier 164 Plätze in einem Massivgebäude zur Verfügung. Gemäß F & W ist das Gebäude ein kostenintensives Objekt. Es gibt regelmäßig bauliche Mängel, die von F & W laufend behoben werden.
Parallel zur Organisation der Unterbringung wird alles dafür unternommen, geflüchtete Kinder im geregelten Betreuungs- und Schulsystem unterzubringen und sie in die bestehende soziale Infrastruktur einzubinden.
Grundsätzlich haben Kinder, die in einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung leben, einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Hierzu beantragen die Sorgeberechtigten einen Kita-Gutschein bzw. eine Kindertagespflege-Bewilligung in der Abteilung Kindertagesbetreuung des zuständigen Bezirksamts und suchen selber eine geeignete Kita oder Kindertagespflegepersonal für ihr Kind.
Für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler, die nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, um dem Unterricht in einer Regelklasse zu folgen, unterhält die für Bildung zuständige Behörde (BSB) im Bereich der allgemeinbildenden Schulen ein spezielles Aufnahmesystem. Dabei besuchen nicht in lateinischer Schrift alphabetisierte Schülerinnen und Schüler zunächst für bis zu 12 Monaten eine Basisklasse. Alphabetisierte Schülerinnen und Schüler besuchen für bis zu 12 Monaten eine Internationale Vorbereitungsklasse (IVK). Der Bedarf wird regelhaft überprüft und bedarfsgerecht angepasst.
Die Sozialbehörde ist darüber hinaus mit den Bezirksämtern im Gespräch, wie die soziale Infrastruktur im Rahmen der sozialräumlichen Integrationsnetzwerke gestärkt werden kann.
Durch die Verlängerung des bestehenden Standortes Wendenstraße 282, mit 164 Plätzen, kann im Bezirk Hamburg-Mitte ein Beitrag geleistet werden, die Notlage zu mildern und die humanitäre Situation für die Geflüchteten und Schutzsuchenden u. a. aus der Ukraine in unserer Stadt zu verbessern. Nur mit der politischen Unterstützung des Bezirks kann es uns gelingen, dieser Herausforderung zu begegnen.
Die Abstimmung über die Verlängerung der Baugenehmigung erfolgt parallel mit dem Bezirksamt.“
Gemäß § 28 BezVG ist die Bezirksversammlung anzuhören und sie erhält binnen einer Anhörungsfrist von mindestens einem Monat die Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben. Diese Frist läuft bis zum 27.04.2022.
Um Kenntnisnahme und ggf. Abgabe einer Stellungnahme wird gebeten.
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