Umweltverbund stärken, Fußverkehr fördern - Fußverkehrskonzepte für Mitte (Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion)
Zur Minderung der Lärm- und Luftbelastung ist es notwendig, den sogenannten Umweltverbund zu stärken: Öffentlicher Personennahverkehr, Radfahren und zu Fuß gehen sind umweltfreundlich, die nervenschonendste und meist schnellste Form der Fortbewegung.
Mit der Busbeschleunigung, dem geplanten Bau der U5, der Verlängerung der U4 zur Horner Geest, der Realisierung der S4 und der S21 sowie dem Bau neuer Haltestellen für die S-Bahn in Ottensen beziehungsweise die U-Bahn in Oldenfelde sowie an den Elbbrücken sind viele Maßnahmen zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hamburg auf den Weg gebracht worden und sollen in den kommenden Jahren realisiert werden.
Zwar wird bei Straßenbaumaßnahmen immer auch der Fußverkehr mitgedacht bzw. eingeplant. Allerdings fristet er hinsichtlich der strategischen Ausrichtung der Verkehrspolitik leider noch zu oft ein Schattendasein. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass auf Initiative der Fraktionen von SPD und GRÜNEN die Bürgerschaft durch einen entsprechenden Beschluss (Drs. 21/7017 [1]) im Rahmen der Haushaltsberatung erstmals den Bezirken ab dem Doppelhaushalt 2017/18 jährlich eine Million Euro zur Förderung des Fußverkehrs zur Verfügung gestellt hat. Wie in Drs. 21/8732 ersichtlich, werden dem Bezirk Mitte für die Förderung der Barrierfreiheit im öffentlichen Raum sowie die Förderung des Fußverkehrs jeweils 150.000 € zugesprochen.
Jeder Weg der zurückgelegt wird, beginnt und endet immer zu Fuß. Die Förderung des Fußverkehrs ist also die Förderung einer Form von Mobilität, die allen zu Gute kommt und dabei besonders günstig und gesund ist. Der gesellschaftliche Nutzen übersteigt durch positive Gesundheitseffekte und die Reduktion von Lärm-, Schadstoff- und Klimabelastung sowie Unfällen die Kosten für die Förderung des Aktivverkehrs, zu dem neben dem zu Fuß gehen auch das Rad fahren zählt, bei weitem.
Infrastrukturmaßnahmen zugunsten des Fußverkehrs und die Instandhaltung von Fußverkehrsanlagen sind im Vergleich zu denen für andere Verkehrsträger sehr kostengünstig. Der Anteil des Fußverkehrs am Modal Split (Verteilung des Transportaufkommens) betrug 2008 in Hamburg gemäß der Untersuchung „Mobilität in Deutschland“ 28 Prozent. Eine Erhöhung liegt aus den genannten Gründen im gesamtgesellschaftlichen Interesse. In der dem Beschluss der Bürgerschaft zugrundeliegenden Drucksache 21/7017 heißt es unter anderem, dass zur Förderung des Fußverkehrs nicht nur eine gute Infrastruktur notwendig sei, sondern auch eine hohe Aufenthaltsqualität sowie eine hohe Verkehrssicherheit. Letztere ist vor allem für schwächere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer von besonderer Bedeutung. Dazu zählen neben Seniorinnen und Senioren sowie in ihrer Mobilität Beeinträchtigten auch die vielen Schülerinnen und Schüler, vor allem der Grundschulen.
Das Bezirksamt Hamburg-Mitte hat bereits gehandelt und in allen Stadtteilen in Hamburg-Mitte Sofortmaßnahmen in den Bereichen Barrierefreiheit und Förderung des Fußverkehrs ergriffen. So wurden im laufenden Haushaltsjahr 140.877,38 EUR für den Ausbau der Barrierefreiheit umgesetzt, für die Förderung des Fußverkehrs 150.460,15 EUR.
Ausdrücklich eröffnet der Beschluss die Möglichkeit, quartiersnahe Fußverkehrsstrategien zu entwickeln, wie dies in der Vergangenheit immer mehr Kommunen getan haben (z.B. Norderstedt oder Wien). Solche Fußverkehrsstrategien können am besten stadtteilnah und unter Einbeziehung der betroffenen Anwohner*innen, Gewerbetreibenden, Umwelt- und Mobilitätsverbände und weiterer Akteure entwickelt werden. So sollen Standards definiert, Mängel analysiert und ein Handlungskonzept entwickelt werden. Dabei sind besonders auch Aspekte der Barrierefreiheit, der Verkehrssicherheit sowie der Aufenthaltsqualität zu berücksichtigen.
Hamburg-Mitte ist durch sehr verschiedene Stadtteilstrukturen geprägt. Neben der viel frequentierten Innenstadt gibt es Wohn- und Mischviertel mit unterschiedlichsten Bebauungsstrukturen. Die Vielfalt im Bezirk Mitte reicht von Hochhaussiedlungen über fünf- bis sechsgeschossige Blockrandbebauungen bis hin zu Einfamilienhausgebieten. Es gibt quirlige Straßenzüge mit vielen Geschäften und Gastronomie und reine Wohngebiete. Die Ansprüche an die Fußwegeverbindungen sind dabei naturgemäß unterschiedlich. Daher liegt es nahe, quartiersbezogene Konzepte zu erstellen. Langfristiges Ziel soll eine gut funktionierende Fußverkehrsinfrastruktur im gesamten Bezirk sein. Quartiere, die besonders viel frequentiert sind und mehrere räumliche Gefahren- und Konfliktsituationen aufweisen, sollen priorisiert betrachtet werden. Ebenso sollen erste lokale Fußverkehrskonzepte vor allem für diejenigen Quartiere entwickelt werden, in denen ohnehin Baumaßnahmen anstehen, wie bspw. im Bereich des Billstedter Zentrums.
Aus den Stadtteilen Neustadt und St. Georg werden vermehrt Beschwerden über die bestehende Fußverkehrsinfrastruktur hervorgetragen. Beide Stadtteile haben sowohl gewachsene Wohnviertel und lange bestehende Gewerbebetriebe vorzuweisen, als auch eine Zunahme von Hotels, Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten mit damit einhergehendem Zuwachs von motorisiertem Verkehr sowie Fuß- und Radverkehr – und das bei gleich bleibenden Flächenverteilungen im öffentlichen Raum. Neben einer Definition von generellen Standards, soll eine Konzepterstellung zu konkreten räumlichen Vorschlägen für Verbesserungen des Fußverkehrs und der Barrierefreiheit führen.
Daher sollen für die Neustadt, St. Georg und das Billstedter Zentrum erste Fußverkehrskonzepte erstellt werden, deren Maßnahmenvorschläge später auch der Verbesserung des Fußverkehrs in weiteren Quartieren des Bezirks Mitte beitragen sollen.
Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:
Der Bezirksamtsleiter wird gebeten,
1.Fußverkehrskonzepte für die Stadtteile Neustadt, St. Georg sowie das Billstedter Zentrum durch ein externes Planungsbüro erstellen zu lassen. Dabei ist neben der Darstellung von wichtigen Wegen im Quartier, Vorschlägen zur Herstellung bzw. Verbesserung von Wegeverbindungen und deren Beschilderung – auch stadtteilübergreifend - insbesondere die Barrierefreiheit sicherzustellen. Aspekte der Verkehrssicherheit und der Aufenthaltsqualität sind besonders zu berücksichtigen. Dabei sind Standards für den Fußverkehr nach aktuellem Stand der Forschung und Planungspraxis heranzuziehen.
2.Für die Konzeptentwicklung sollen auch bisherige Planungen und Dokumentationen der zuständigen Verwaltungseinheiten herangezogen werden. Ggf. ist ein Beteiligungsprozess mit bspw. betroffenen Anwohner*innen, Gewerbetreibenden, Schulen, Kitas, Umwelt- und Mobilitätsverbänden sowie weiteren Akteuren zu organisieren, um lokale Bedürfnisse zu ermitteln. Vor allem aber soll auf die vorhandenen Beiratsstrukturen zurückgegriffen werden.
3.Zur frühzeitigen Diskussion und auch Umsetzung der Konzepte sollen die Ergebnisse gern etappenweise, Stadtteil für Stadtteil, erarbeitet werden. Dabei findet die Neustadt aufgrund dringenden Handlungsbedarfs rund um den Großneumarkt Priorisierung; darauffolgend dann die Konzepte für St. Georg und das Billstedter Zentrum.
4.Die Konzepte sind so anzulegen, dass sie einerseits generelle Ziele und Umsetzungsmaßnahmen formulieren, die auch Anwendung in anderen Stadtteilen finden können, und andererseits konkrete, lokale Maßnahmen definieren, auf die in der Neustadt, in St. Georg und in Billstedt ein Fokus gelegt werden sollte.
5.die notwendigen Mittel dafür von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) abzurufen (die Bürgerschaft beschloss Mittel zur Förderung des Fußverkehrs und der Barrierefreiheit in den Bezirken, s. Drs. 21/8732) oder, falls schon verplant, als ergänzende Zuweisung einzuwerben.
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