Radfahren an der Esplanade: Problem lösen, Provisorien wagen
Der Ausschuss für Verkehr und Umwelt hat in seiner Sitzung am 04.04.2018 dem Antrag der GRÜNE-Fraktion Drs. Nr. 21-4067 in der nachfolgend aufgeführten Fassung einstimmig zugestimmt.
In der Esplanade zwischen Neuem Jungfernstieg und Dammtorstraße ist mit dem Abschluss der Bauarbeiten am neuen Hochhaus neben dem Finnlandhaus in Richtung Stephansplatz eine für den Radverkehr problematische Situation entstanden. Der vorhandene Radverkehr (Fahrtrichtung Stephansplatz) wird über einen neu angelegten Radfahrstreifen geführt, der aus verschiedenen Gründen nicht regelgerecht ist und Radfahrer*innnen wie Fußgänger*innen in Gefahr bringt. Darüber hinaus bietet sich dem Radverkehr in der Esplanade auch insgesamt eine Situation, die dringend verbesserungsbedürftig erscheint.
a) Im mittleren Abschnitt wird der neu angelegte Radfahrstreifen von schräg zur Fahrbahn parkenden Autos überragt. Hier sind sowohl die Schrägparkplätze zu kurz bemessen als auch der Sicherheitsabstand zwischen Parkplätzen und Radfahrstreifen
b) Der Radfahrstreifen endet abrupt und leitet die Radfahrenden auf einen schmalen Gehweg, der mittlerweile für den Radverkehr freigegeben ist. Das Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ ordnet somit Schrittgeschwindigkeit für Radfahrende an, während der Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn Tempo 50 fahren darf. Wer an dieser Stelle als Radfahrer*in regelkonform fahren möchte, ist somit entweder zu einer niedrigen Geschwindigkeit gezwungen oder braucht viel Mut, sich in einer viel befahrenen mehrspurigen Straße in den fließenden Kfz-Verkehr einzuordnen. Hinzu kommt, dass durch diese Art der Radverkehrsführung Radfahrer*innen nahegelegt wird, dass es auch andernorts legitim sei, auf Gehwegen zu fahren. Falsche Infrastruktur würde damit falsches Verhalten befördern.
c) In der Gegenrichtung (Fahrtrichtung Lombardsbrücke) gibt es zwar vier Fahrspuren für den Autoverkehr, aber keinerlei Fahrradinfrastruktur, was dazu führt, dass viele Radfahrer*innen regelwidrig den sehr schmalen Gehweg nutzen.
Insgesamt wird den Radfahrer*innen auf der Esplanade aktuell eine Infrastruktur geboten – zusätzlich belastet durch fortlaufende Bauarbeiten, die kaum ihrem Verkehrsanteil gerecht wird und auch nicht dem übergeordneten Ziel der Freien und Hansestadt Hamburg dient, den Radverkehrsanteil mittelfristig auf 25% zu erhöhen. Eine Situation wie die hier geschaffene wirkt dem Ziel des Koalitionsvertrags entgegen.
Die Fahrspuren in der Esplanade werden nicht alle gleich stark genutzt. In Richtung Westen/Stephansplatz wird der gesonderte Rechtsabbiegestreifen wesentlich weniger befahren als die beiden Geradeaus-Spuren. In Richtung Osten ist ebenfalls erkennbar, dass die beiden linken Spuren, die zur Kennedybrücke führen, erheblich mehr Verkehr tragen als die beiden rechten Spuren Richtung Lombardsbrücke. Der Gehweg daneben ist u. a. wegen seiner Schmalheit von weniger als zwei Metern nicht für das Gehwegradeln geeignet, wird aber trotzdem von unsicheren Radfahrer*innen wegen der derzeitigen Aufteilung der Straße dafür genutzt. Somit besteht auch in Richtung Alster Spielraum, den Verkehrsfluss für Radfahrer*innen zu verbessern.
Da eine ganzheitliche, dauerhafte Planung erst mittelfristig vorgesehen ist, sollte versucht werden, provisorische Lösungen zur kurzfristigen Verbesserung der Situation des Radverkehrs in der Esplanade bereitzustellen, da diese Straße, als Teil des Rings 1, eine bedeutsame Verbindung für den innerstädtischen Radverkehr darstellt.
Ein gelungenes Beispiel für kurzfristig umgesetzte Verbesserungen der Fahrradinfrastruktur ist der Straßenzug Jungiusstraße/ Caffamacherreihe, wo - in Folge einer Sperrung der wichtigen Radverbindung Tiergartenstraße wegen der Baustelle des CCH - ein provisorischer Radfahrstreifen entgegen der Fahrtrichtung der Einbahnstraße eingerichtet wurde.
Hier wird erkennbar, dass eine solche kostengünstige, im Wesentlichen aus gelben Fahrbahnmarkierungen, einigen Baken und Fahrspur-Trennelementen bestehende, Maßnahme, gut geeignet ist, in bestimmten Situationen Radverkehrslösungen ohne hohe Kosten einmal auszuprobieren, bevor man sie dann evaluiert und ggf. in eine dauerhafte, bauliche Lösung überführt.
Bei der Umgestaltung des Klostersterns wurden Vorschläge aus dem Beteiligungsverfahren aufgegriffen und erst einmal ausprobiert, ob sich die Umbauplanung, gerade in Bezug auf den Radverkehr, als praxistauglich erweist. Ab November 2015 wurde im Übergang vom Eppendorfer Baum zum Klosterstern eine Fahrbahnverengung von zwei Fahrspuren auf eine eingerichtet, deren Testphase auf vier Monate angesetzt war. Die Lösung wurde inzwischen endgültig ausgebaut.
In der kanadischen Millionenstadt Calgary wurde sogar ein Pilotprojekt umgesetzt, das auf einen Schlag entlang mehrerer Hauptrouten Verbesserungen für den Radverkehr in der Innenstadt herbeiführen sollte. Es wurde zunächst unter Vorbehalt eingerichtet, jedoch nach einer umfangreichen Evaluation anhand von über 80 Kriterien als dauerhafte Lösung beschlossen. Auch für die Esplanade bieten sich Maßnahmen an, die sich kurzfristig und sehr kostengünstig aus gelben Fahrbahnmarkierungen, Baken und Fahrspur-Trennelementen sowie ggf. mithilfe entsprechender Hinweisschilder realisieren lassen.
Der Ausschuss für Verkehr und Umwelt möge daher beschließen:
Der Bezirksamtsleiter setzt sich bei der zuständigen Behörde für die Prüfung folgender und Ausführung der als geeignet erkannten Maßnahmen ein:
Fahrtrichtung Stephansplatz:
1. Einrichtung eines provisorischen Radfahrstreifens in der Breite der rechten Fahrspur (Abbiege-Spur)
2. Wegnahme des neu angelegten rudimentären Radfahrstreifens und Führung des Radverkehrs im Mischverkehr der rechten Fahrspur (Abbiege-Spur). Hinweis: Insbesondere bei dieser Lösung muss sowohl Radfahrer*innen, als auch Kraftfahrzeugführer*innen deutlich gemacht werden, dass Radfahrer*innen auf der Fahrbahn zu fahren haben. Dies sollte sowohl mit Schildern, als auch mit großzügig dimensionierten Fahrradpiktogrammen erfolgen.
Fahrtrichtung Lombardsbrücke:
3. Einrichtung eines provisorischen Radfahrstreifens in der Breite der rechten Fahrspur (Geradeaus-Spur)
4. Die provisorisch eingerichteten Radfahrstreifen sollen bis zur Umsetzung der Überplanung der Esplanade aufrechterhalten werden.
5. Eine Evaluierung des Provisoriums soll nach 6 oder 12 Monaten erfolgen. Die Ergebnisse sind im Ausschuss vorzustellen.
Die Bezirksversammlung wird um Bestätigung des Beschlusses gebeten.